"Wann wart Ihr eigentlich das letzte Mal glücklich?", will Charlotte von ihren Freunden wissen. Diese Frage stellt sich wohl jedem Menschen das ein oder andere Mal im Leben - in "Nackt", dem neuen Film von Doris Dörrie, befinden sich sechs junge Menschen auf der Suche nach sich selbst, nach der Basis ihrer Partnerschaft und eben nach dem Glück schlechthin.
Dylan (Mehmet Kurtulus) und Charlotte (Alexandra Maria Lara, "Was nicht passt, wird passend gemacht") sind ein noch junges Paar, das aufgrund von Dylans Geschäftssinn - er hatte die innovative Idee, Katzenklos und Hundefutter frei Haus zu liefern - reich geworden ist. Wie in alten Zeiten wollen sie mit ihren Freunden endlich mal wieder einen netten Abend verbringen; so haben sie das befreundete Pärchen Annette (Nina Hoss) und Boris (Jürgen Vogel), sowie die seit kurzem getrennten Emilia (Heike Makatsch) und Felix (Benno Fürmann, "Der Krieger und die Kaiserin") in ihr Loft zum Essen eingeladen. Doch während man bei Pekingente und Melone beisammen sitzt, wird den End-Zwanzigern zunehmend klar, dass sie sich nicht nur als Freunde voneinander entfernt haben, sondern auch die Partnerschaften in keinem guten Licht stehen. Emilia fällt ein Experiment ein: Angeblich sollen selbst Paare, die schon seit Jahren zusammen sind, große Schwierigkeiten haben, sich gegenseitig mit verbundenen Augen zu erkennen. Nach anfänglichen Befürchtungen beginnen die Freunde mit dem "Spiel".
Die Beschreibung des Inhalts ist kurz, denn viel passiert in "Nackt" nicht. Der Film zeigt drei Paare, von denen Emilia und Felix getrennt leben. Die wohlhabenden Charlotte und Dylan führen eine Partnerschaft, in der aneinander vorbei geredet wird. Zusammen mit Annette und Boris findet ein Treffen statt - das ist die Handlung.
Zweifellos lebt "Nackt" von seinen Schauspielern und Dialogen. Doris Dörrie inszenierte den Film auf der Basis ihres Dramas "Happy", das im letzten Jahr erschien. Doch was im Buch vielleicht interessant war, tut dem Film überhaupt nicht gut: das Philosophieren über das Leben, das Glück und die Liebe. In "Nackt" wird der Zuschauer von ausgesprochenen Gedanken geradezu erschlagen: "Wir haben alle Speck auf der Seele, jeder denkt an sich." Vereinzelt eingebrachte Schätzchen von Gefühlsäußerungen wären mit Sicherheit dienlich gewesen, aber hier wird zuviel laut gedacht. Am schlimmsten sind Phrasen wie "Männer und Frauen passen nicht zusammen" - kombiniert mit dem Rest an Lebensweisheiten und hedonistischem Kauderwelsch fühlt man sich als Zuschauer schlichtweg überrannt.
Die Charaktere wirken deswegen auch nicht mehr glaubhaft. Jeder Mensch kennt diese Gedanken, jeder Kinogänger wird einige Kleinigkeiten der Handlung in seinem Leben wieder finden. Aber sechs Menschen, die pausenlos über ihre Gefühlswelt sprechen und jeden spontanen Emotionsschwall direkt laut verkünden müssen, sind einfach nicht realistisch. Hier wäre weniger mehr gewesen.
Die sechs Schauspieler können in "Nackt" ihr ganzes Können entfalten, schließlich ist alle Aufmerksamkeit auf sie gelenkt. Besonders positiv fällt Heike Makatsch auf, der man die Rolle der orientierungslosen End-Zwanzigerin in jeder Szene abnimmt. Ihr Leben ist beruflich sowie privat eine Baustelle; dennoch spricht sie davon, sich in ihrem "gemütlich depressiven" Umfeld wohl zu fühlen.
Benno Fürmann mimt den nach außen hin zynischen, eigentlich aber sehr verletzlichen Felix. Leider dominiert in Fürmanns Spielen aber der erste Teil, den man aus vielen seiner vorigen Rollen kennt: Egal was Felix sagt, wie er sich bewegt - ein wenig wird man zu oft an das prollige Image aus "Und tschüss"-Zeiten erinnert. Dabei hat Fürmann gerade in "Der Krieger und die Kaiserin" mehr als eindrucksvoll bewiesen, dass er auch sensible Charaktere darstellen kann.
Über mehr als 90 Minuten ist "Nackt" aber nicht langweilig, weil zwischen den zu dicht gesäten philosophischen Sprechblasen immer wieder richtig gute Situationskomik zu finden ist. Das wiederum liegt auch an den insgesamt guten Schauspielern. Ein Film zum Nachdenken, an manchen Stellen leider zu viel.
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