The Fall Guy

Land
Jahr
2024
Laufzeit
126 min
Regie
Release Date
Bewertung
6
6/10
von Matthias Kastl / 3. Mai 2024

Man möchte ja eigentlich meinen, dass kein amerikanischer Serienklassiker der 1980er Jahre den Remake-Fängen Hollywoods in den letzten Jahrzehnten entkommen konnte. Eine rühmliche Ausnahme bildete bisher aber Hollywood-Stuntman Colt Seavers, der damals als nebenberuflicher Kopfgeldjäger jede Woche verlässlich böse Buben hinter Gitter brachte. Die vom legendären Serienkönig Glen A. Larson (“Battlestar Galactica“, “Quincy“, “Magnum, PI.“, “Knight Rider“) entwickelte Story klingt auch 40 Jahre später noch nach einer ziemlich unterhaltsamen Idee für einen Kinofilm, und so wundert es schon ein bisschen, dass ein Remake tatsächlich so lange hat auf sich warten lassen.

Angeführt von zwei der aktuell angesagtesten Schauspieler Hollywoods, Ryan Gosling (“Barbie“, “Blade Runner 2049“) und Emily Blunt (“A Quiet Place“, “Oppenheimer“), sowie einem ehemaligen Stuntman (David Leitch, “John Wick“, “Bullet Train“) auf dem Regiestuhl standen die Vorzeichen für einen spaßigen Kinoabend dann auch ziemlich gut. Aber manchmal entpuppt sich auch das am schönsten geschnürte Paket im Inneren als kleine Mogelpackung und “The Fall Guy“ als Streifen, der etwas zu viel Augenmerk darauf legt, möglichst cool zu wirken anstatt seinem charismatischen Leinwandduo wirklich Raum zur Entfaltung zu geben.
 


Mit der Handlung von “Ein Colt für alle Fälle“ hat “The Fall Guy“ ehrlich gesagt nicht mehr viel zu tun. Im Gegensatz zur Serie ist Stuntman Colt Seavers (Ryan Gosling) hier weder als Kopfgeldjäger noch im Team unterwegs. Der für Hollywood-Megastar Tom Ryder (Aaron Taylor-Johnson, “Nocturnal Animals“, “Kick-Ass 2“) als Stunt-Double arbeitende Seavers hat nach einem schweren Arbeitsunfall seinen Job eigentlich an den Nagel gehängt, wird von Filmproduzentin Gail Meyer (Hannah Waddingham) aber trotzdem um einen Gefallen gebeten. Er soll den mitten während Dreharbeiten verschwundenen Ryder aufspüren, um so die Fertigstellung des epischen Sci-Fi-Western “Metalstorm“ zu sichern. Seavers sagt zu, schließlich würde ein Erfolg des Films den Regie-Durchbruch für seine große, verflossene Liebe Jody (Emily Blunt) bedeuten. Doch schon bald zeigt sich, dass Seavers für die Suche nach Ryder nicht nur Spürsinn, sondern vor allem auch seine Action-Erfahrung als Stuntman benötigt.

Wie es sich für ein ordentliches Serienremake gehört, dürfen natürlich auch in “The Fall Guy“ Cameo-Auftritte der Originaldarsteller nicht fehlen. In diesem Fall gönnt man Lee Majors und Heather Thomas (Douglas Barr fehlt leider) ein paar Sekunden Leinwandpräsenz, und genau diese Szene ist dann irgendwie ein klein bisschen bezeichnend für den ganzen Film. Irgendwie schon nett die beiden zu sehen, aber gleichzeitig wirkt ihr Auftritt auch etwas zu obligatorisch und bemüht komisch und sorgt so nur für ein kleines Lächeln. So richtig wollen in “The Fall Guy“ alle Räder einfach nicht perfekt ineinander greifen. Das zeigt sich schon zu Beginn, als der Versuch, mit einem möglichst lässig formulierten Voice-Over gleich cool zu wirken, eher hölzern als leichtfüßig daherkommt.
 


Ein Gefühl, das sich so immer wieder im Film einstellt und gar nicht so leicht zu erklären ist. Einer der Bremsklötze ist auf jeden Fall die Story, die ziemlich banal (bei so einem Film ja absolut verzeihbar) aber eben gleichzeitig auch unnötig verworren geraten ist. Das Gefühl, dass manche Entscheidungen hier etwas halbgar ausfallen, lässt sich wohl am Besten am Beispiel der Bösewichte des Films zeigen. Der von Aaron Taylor-Johnson gespielte Ryder kommt für einen wirklich bedrohlichen Antagonisten einfach zu unernst daher, für eine clevere Persiflage aber wiederum auch nicht witzig und einfallsreich genug. Ähnlich verhält es sich bei der aufgedrehten Filmproduzentin Gail, die typische Klischees bedient, dabei aber eher etwas nervig als unterhaltsam wirkt.   

Ein ähnliches Phänomen lässt sich bei den zahlreichen Querverweisen auf andere Filme beobachten, die “The Fall Guy“ immer wieder visuell oder oft auch im Soundtrack einstreut. Hier und da muss man zwar auch mal genauer hinschauen oder hinhören (Grüße an den “Sechs-Millionen-Dollar-Mann“), doch mindestens genauso oft sind diese Referenzen nicht nur sehr offensichtlich, sondern werden vor allem in einigen Dialogen den Figuren gefühlt eher aufgezwungen. Immer wieder kommt das alles hier einfach ein Stück zu gewollt daher, wenn zum Beispiel Figuren über den Einsatz von Split-Screen philosophieren und das natürlich gleichzeitig im Split-Screen tun. Als kleiner Randgag hätte das sicher gut funktioniert, hier wird diese Idee aber sehr lange ausgeschlachtet, so dass die Wirkung sich einfach abnutzt.
 


Angesichts einer Story in und über die Filmbranche bietet es sich natürlich an regelmäßig das Meta-Terrain zu betreten, aber gefühlt versucht man das hier möglichst immer sehr laut und deutlich zu machen, so dass die Lässigkeit dabei einfach auf der Strecke bleibt. Und das wird jetzt nicht gerade dadurch besser, dass der fetzige 80er-Jahre-Soundtrack immer wieder Vollgas gibt, um auch den Coolness-Regler so eindeutig wie möglich nach oben zu legen. Je lauter man seine Botschaft ruft, desto kritischer wird aber eben auch auf diese geblickt. Und bei genauem Hinsehen ist “The Fall Guy“ dann eben doch nur halb so cool wie er vorgibt zu sein.

Das ist angesichts der Starbesetzung wirklich etwas schade. Denn natürlich sind Gosling und Blunt wie immer einfach wundervoll anzuschauen. Gosling spielt zwar gefühlt nur eine etwas abgemilderte Version seines Kens aus "Barbie", versprüht dabei aber immer noch einen wundervollen Charme. Blunt wiederum, die ja oft eher toughe Figuren spielt, gibt hier mal zur Abwechslung eine eher niedlich-nette Protagonisten und macht das wirklich großartig. Welch tolle und vor allem leichtfüßige Chemie zwei solche Charmebolzen miteinander aufbauen können zeigt sich dann auch vereinzelt im Film – zum Beispiel bei einer vor einer kompletten Film-Crew durchgeführten Aussprache oder einem kleinen Flirt im Auto. Leider gibt “The Fall Guy“ aber Blunt und Gosling viel zu selten die Gelegenheit auf diese Weise ihre großen Stärken auszuspielen, sondern setzt stattdessen lieber öfters auf die lauten Töne – der nächste große Stunt und die nächste Filmanspielung sollen ja nicht zu lange auf sich warten lassen.
 


Damit wir uns nicht falsch verstehen, natürlich ist “The Fall Guy“ trotzdem immer noch eine halbwegs kurzweilige Angelegenheit und hat gerade dank des Charmes von Gosling und Blunt seine witzigen Momente. Auch die Stunts sind toll inszeniert und schön anzuschauen. Aber sie existieren dann eben auch mehr zum Selbstzweck und nicht als wirklich mitreißendes Element im Film, da dafür einfach der nötige emotionale Unterbau fehlt. Statt verordneter Coolness hätte man seinen Figuren hier aber besser einfach etwas mehr Freiheiten und ruhigere Momente gönnen sollen.

So liefert “The Fall Guy“ am Ende zwar große Stunts und coole Sprüche, aber keine Figuren und Momente, die wirklich im Gedächtnis bleiben. Und vielleicht mag das Urteil hier etwas zu hart ausfallen, aber angesichts des Potentials vor der Kamera ist das Ergebnis dann schon eine Enttäuschung. Und so verpasst man hier leider die Chance, den Stuntmen dieser Welt ein wirklich langlebiges filmisches Denkmal zu setzen.

Bilder: Copyright

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