Bullet Train

Originaltitel
Bullet Train
Land
Jahr
2022
Laufzeit
119 min
Genre
Regie
Release Date
Bewertung
7
7/10
von Volker Robrahn / 3. August 2022

Man würde nicht unbedingt vermuten, dass dieser Film auf einer Romanvorlage beruht, aber tatsächlich, der überdrehte Nonstop-Actionspaß „Bullet Train“ tauchte zuerst als „Thriller-Sensation aus Japan“ in den Buchregalen auf. Dass der nun für die Leinwand adaptiert wurde war dann praktisch ein Selbstgänger, ist die Kombination aus reduziertem Setting, spektakulären Kämpfen und Stunts doch bereits derart filmisch angelegt dass man sie von vornherein auch für ein Hollywood Drehbuch halten konnte. Wer dann noch den Namen von „Deadpool 2“ und „Atomic Blonde“-Regisseur David Leitch auf dem Plakat entdeckt dürfte bereits eine recht genaue Vorstellung von dem haben was ihn hier erwartet. Und das bekommt er auch, nämlich eine echte Actiongranate, die es lediglich mit ihrer manchmal etwas zu aufgesetzt wirkenden Coolness ein wenig übertreibt.

Der für diesen Job nicht allzu motivierte Profikiller mit dem aktuellen Tarnnamen „Ladybug (Brad Pitt) übernimmt für einen verhinderten Kollegen die Aufgabe einen Koffer mit eigentlich als Lösegeld gedachten Scheinen aus dem von Tokio nach Kyoto fahrenden Schnellzug aka „Bullet Train“ zu entwenden. Ein Job der zunächst erstaunlich reibungslos verläuft, bis ihn im letzten Moment ein unerwarteter Passagier am Aussteigen hindert. Und so bekommen die anderen im Zug befindlichen Killer-Kollegen doch noch reichlich Gelegenheiten sich ebenfalls um das Objekt der Begierde zu bemühen und dabei möglichst viele Konkurrenten auszuschalten. Als da wären: Die ungleichen, stets streitenden Zwillinge Lemon und Tangerine (Brian Tyree Henry & Aaron Taylor-Johnson), der zornige, mexikanische Rächer Wolf (Bad Bunny), die äußerst giftige Wespe (Zazie Beetz) und die äußerst manipulativ vorgehende junge Dame die sich „Der Prinz“ nennt (Joey King).

Eine Vorgeschichte und Einführung der Charaktere wird sich zunächst geschenkt, denn der Film beginnt damit, dass Ladybug in den Zug einsteigt den er dann auch bis zum Finale nicht mehr verlassen wird. Allerdings wird in später eingebauten Rückblenden deutlich, dass es nicht nur diverse Verbindungen zwischen den Figuren gibt sondern dass dieses zunächst sehr gradlinig und schnörkellos daherkommende Action-Paket letztlich doch ein ganzes Stück raffinierter konstruiert und aufgebaut ist als man zu Beginn vermuten würde. Das überrascht und gefällt und ist dann halt doch der literarischen Vorlage zu verdanken, die natürlich nicht nur aus knapp 400 Seiten Geballer und Gekloppe bestehen kann. Zu dem Zeitpunkt an dem dies klar wird und sich das komplette Geflecht der Story entfaltet ist man aber eigentlich eh schon ziemlich zufrieden mit dem bis dahin Gebotenen.

Denn während es zu Beginn doch oft so wirkt als möchte man ein wenig zu bemüht und gezwungen unbedingt in jedem Moment extrem cool wirken und dabei dann leider nicht jeder lässige Spruch wirklich sitzt und funktioniert findet „Bullet Train“ nach gut 20-30 Minuten seinen Ton und fließt von da an stimmig und höchst unterhaltsam dahin. Als Beispiel dafür sei die ständige Erwähnung des Kinderbuchs „Thomas, die kleine Lokomotive“ („Thomas & Friends“) durch den Gangster Lemon genannt, bei der es zunächst auch nur so wirkt als wolle man partout das Klischee des brutalen Killers mit kindlichem Gemüt strapazieren, bevor dieser Subplot dann tatsächlich seine handlungstechnische Relevanz und dazu sogar noch eine emotionale Wirkung entfaltet.

Die Figuren sind dabei so geschrieben, dass sie gut funktionieren und zudem richtig Spaß machen was bei Brad Pitts dazu führt, dass er gerade darin eine spürbare Spielfreude erkennen lässt seinen Charakter möglichst lust- und teilnahmslos wirken zu lassen, ist dieser doch mehr mit spiritueller Selbstfindung beschäftigt als mit seinem eigentlichen Job. Neben Pitt bereitet vor allem auch das „Zwillingspärchen“ Lemon & Tangerine viel Freude, auch wenn es erkennbar an das Vorbild von John Travolta und Samuel Jackson aus Quentin Tarantinos „Pulp Fiction“ angelehnt ist. Überhaupt ist die Orientierung an Meister Tarantino natürlich erkennbar, genau wie die an „John Wick“ in Sachen Stunts und Kampfchoreographien sowie natürlich am lockeren, spaßigen Umgang mit Brutalität und diversen Leichen wie in David Leitch eigenem „Deadpool 2“.

Auch der Schauplatz ist dabei mit Bedacht gewählt, denn die ganz spezielle Art der japanischen Schnellzüge mit ihrer fast schon fanatischen Fixierung auf absolute Pünktlichkeit erzeugt hier die spannendsten Szenen in denen das sekundengenaue Schließen der Zugtüren über das Wohl oder Wehe der einen oder anderen Figur entscheidet. Insgesamt ergibt das einen kurzweiligen Filmspaß mit einer Story und einem Konzept, dass tatsächlich im Medium Film noch ein Stück besser aufgehoben ist als auf Papier.

Bilder: Copyright

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Klartext

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Website- und E-Mail-Adressen werden automatisch in Links umgewandelt.
CAPTCHA
Diese Aufgabe prüft, ob du menschlich bist um Bots zu verhindern.