Er hatte sie ja im ersten Film schon selbst angekündigt und hier ist sie nun: Die unvermeidliche Fortsetzung des etwas anderen Superhelden-Films namens „Deadpool“. Weil er es eben so wollte oder vielleicht doch eher weil der Erstling sich zu einem unerwarteten Überraschungserfolg entwickelte. Zunächst war das Studio da auch noch recht zögerlich den Vorstellungen seines Hauptdarstellers gefolgt, der seinen missglückten ersten Auftritt als (stummer) „Söldner mit der großen Klappe“ in „Wolverine: Origins“ gerne korrigieren wollte und einen deutlich frecheren und härteren Ansatz für die Figur anstrebte. Nachdem aber auch die strengere Altersfreigabe den Einnahmen nicht geschadet hat, gab es keinen Grund mehr Ryan Reynolds da nicht voll und ganz zu vertrauen. Was dieser auch entsprechend nutzte, sich mit Regisseur Tim Miller überwarf und für die Fortsetzung nun gleich selbst am Drehbuch mitwirkte. Die Regie übernahm dafür der durch seine Arbeit an „John Wick“ und "Atomic Blonde" vor allem für hervorragend choreographierte Kampfszenen bekannte frühere Stuntman David Leitch. Und Teil Zwei beweist: „Deadpool“ befindet sich bei diesen beiden zweifellos in guten Händen.
Die friedliche Zeit hält nicht lange an für Wade Wilson (Ryan Reynolds) und seine Freundin Vanessa (Morena Baccarin). Wer als Söldner „Deadpool“ derart viele Gangster und Agenten ausschaltet, gerät halt auch selbst ins Visier, und so finden wir Wade schließlich an einem Punkt wieder, an dem er eigentlich nicht mehr weitermachen will. Doch mit dem Selbstmord ist das gar nicht so einfach, wenn man einfach unkaputtbar ist. Und so wird Deadpool ein weiteres Mal zusammengeflickt, um sich vielleicht doch noch als Mitglied der X-Men zu beweisen. Doch auch das geht gehörig schief und als er zumindest wieder eine Mission verfolgt, nämlich die den mächtigen, aber auch gefährlichen jungen Russell alias „Fire Fist“ (Julian Dennison) vor sich selbst zu retten, stellt sich Wade schließlich ein eigenes Team namens „X-Force“ zusammen, aus dem vor allem die Kämpferin Domino (Zazie Beetz) heraussticht. Als größtes Problem in dieser Angelegenheit entpuppt sich aber der aus der Zukunft kommende Killer Cable (Josh Brolin), der fest zur Auslöschung von „Fire Fist“ entschlossen ist.
Sagen wir es, wie es ist: Die eigentliche Story ist auch diesmal nicht wirklich der Rede wert, doch darum geht es bei „Deadpool“ ja auch nicht. Es ist die Figur des oft unmoralischen und dabei stets sehr selbstreferentiell als Superheld in einer Comic-Verfilmung agierenden Söldners sowie der sich von sämtlichen sonstigen Superheldenadaptionen völlig absetzende Tonfall, was „Deadpool“ so außergewöhnlich macht. Ein Ansatz, der auch im zweiten Teil (zumindest für den Rezensenten) erst mal wieder etwas gewöhnungsbedürftig ist, denn wenn „Pool“ sofort wieder von der ersten Minute an los kalauert, nebenbei die Lakaien dutzendfach auf blutige Weise zermatscht werden und man das, was da geschieht, auch gleich noch dem Zuschauer in die Kamera erklärt, dann – muss man sich darauf halt auch wirklich einlassen wollen um Spaß an diesem Film zu haben. Denn um wenig anderes als großen Spaß geht es hier schließlich, und dazu gehört eben immer auch noch ein wenig Provokation mittels gebrochener Genre- Konventionen. Wobei es den „Deadpool“-Filmen gelingt, im Verlauf nicht wie viele andere Action-Komödien nerviger, sondern sogar stimmiger und angenehmer zu werden – wenn man erst mal drin ist im Flow und in der abgedrehten Welt des Wade Wilson, dann macht das Ganze dafür auch so richtig Freude.
Die Anspielungen auf das, was in dieser Art Filmen gleich passieren wird und muss, sind in der zweiten Runde noch deutlich mehr geworden, generieren dabei aber auch die besten Gags. Was sich noch steigert, wenn stattdessen etwas völlig Unvorhersehbares geschieht, etwas was man in Superheldenfilmen eigentlich nicht machen kann, hier bei der Einführung des neuen „X-Force“-Teams aber dennoch auf eine Weise durchgezogen wird, die den Betrachter genauso fassungslos wie laut lachend im Sitz zurücklässt. Das im Vergleich zum Vorgänger deutlich größere Budget erlaubt nun auch solche Team-Einsätze und größere Schlachten, die aber dennoch nicht allzu sehr den klassischen, langgezogenen Showdowns der meisten Kollegen ähneln. Dass es im zweiten Durchgang deutlich mehr Futter für die Augen gibt ist dabei sicher dem Action erprobten neuen Mann auf dem Regiestuhl zu verdanken, während für den Witz und die inhaltlichen Frechheiten gleich drei Drehbuchautoren verantwortlich zeichnen.
Von denen einer – wie bereits erwähnt – Ryan Reynolds heißt. Der hat mit „Deadpool“ nun wohl die prägende Figur seiner Karriere gefunden und geht darin so sehr auf, dass es ihm offenbar auch keinerlei Probleme bereitet sich in Teil Zwei völlig uneitel nur noch entweder maskiert im Kostüm oder halt mit entstelltem Gesicht zu zeigen, denn eine Vorgeschichte gibt es ja nun nicht mehr zu erzählen. Wenn Reynolds hier am Rande dann auch noch mal schnell seine vorherigen, weniger erfolgreichen Gehversuche im Superheldenbereich thematisiert und, ähm, „korrigiert“, dann ist das von einer herrlichen Selbstironie geprägt wie man sie sonst im Hollywoodkino eben nirgendwo findet. Wobei es aber schon ein wenig schwer fällt mit einer Hauptfigur zu fühlen und zu leiden, der selbst die Zerstückelung in mehrere Körperteile nicht besonders viel ausmacht.
Neben der unbestrittenen Hauptattraktion kann vor allem noch die deutsche Schauspielerin Zazie Beets als Fighterin „Domino“, die sich vor allem auf ihre Superkraft „Glück“ verlassen kann, punkten. Josh Brolin scheint dagegen aktuell das Monopol auf die Verkörperung der Marvel-Superschurken zu besitzen, sein durchaus nicht eindimensionaler „Cable“ kann es in Sachen Charisma aber nicht ganz mit seinem „Thanos“ aus „Infinity War“ aufnehmen.
Wer am ersten „Deadpool“ Freude hatte, dem wird es mit der Fortsetzung nicht anders gehen. Denn trotz der üblichen „Größer und lauter“-Entwicklung geht darin nichts von dem verloren, was den Vorgänger ausgezeichnet hat, und das sind vor allem der Witz und die Respektlosigkeit gegenüber allem was die etwas ernsthafteren Superheldenfilme ausmacht. Die „großen“ Marvelfilme sind zwar überwiegend auch sehr gelungene Werke, aber so alle zwei Jahre zwischendurch einen „Deadpool“ zur Auflockerung, das ist schon was Feines.
Neuen Kommentar hinzufügen