Eine Stunde mit Dir

MOH (28): 5. Oscars 1932 - "Eine Stunde mit Dir"

In unserer Serie "Matthias' Oscar History" (MOH) bespricht Matthias in jeder Folge jeweils einen der zwischen den Jahren 1929 und 2000 nominierten Oscar-Beiträge aus der Kategorie "Bester Film".

von Matthias Kastl / 19. Dezember 2023

"Aller guten Dinge sind drei" sollte man meinen, nachdem das Duo Ernst Lubitsch und Maurice Chevalier uns in der letzten Folge mit "Der lächelnde Leutnant" ebenso gut unterhalten hat wie beim 1930 nominierten Beitrag "Liebesparade". Doch das Fazit zu "Eine Stunde mit Dir", nominiert für "Outstanding Production" bei den fünften Academy-Awards (1932), fällt leider durchwachsen aus.


Eine Stunde mit Dir

Originaltitel
One Hour with You
Land
Jahr
1932
Laufzeit
78 min
Release Date
Oscar
Nominiert "Outstanding Production"
Bewertung
5
5/10

Zum ersten Mal in der Geschichte der Academy-Awards konnte mit Ernst Lubitsch ein Regisseur in einem Jahr gleich zwei Nominierungen für den besten Film ergattern ("Eine Stunde mit Dir" und "Der lächelnde Leutnant"). Und wie bereits 1929 in "Liebesparade" sicherte Lubitsch sich in beiden Fällen die Dienste seines französischen Charmebolzens Maurice Chevalier vor der Kamera. Ausgestattet mit einem dicken französischem Akzent und einem fröhlich-frivolen Auftreten singt und sinniert Chevalier auch in "Eine Stunde mit Dir" wieder gut gelaunt über seine romantischen Verstrickungen und bekommt mit Jeanette McDonald auch noch seine (in "Der lächelnde Leutnant" schmerzlich vermisste) wundervolle Filmpartnerin aus "Liebesparade" mit an die Seite gestellt. Doch statt unterhaltsamer Leichtfüßigkeit stellt der Film sich mit seinen teils unsympathischen Figuren selbst ein Bein und kommt leider eine deutliche Spur zu creepy daher.

Dass der berühmte "Lubitsch-Touch" (der markante Regiestil von Lubitsch) hier nicht verfängt, dürfte zum Teil wohl auch an dem Hick-Hack hinter den Kulissen gelegen haben. Aufgrund von Terminproblemen hatte Lubitsch nämlich eigentlich die Regie kurzfristig an George Cukor abgegeben, der allerdings nach zwei Wochen und diversen Problemen mit dem Star Chevalier dann doch wieder von Lubitsch abgelöst wurde. Ein ähnliches Schicksal ereilte Cukor übrigens einige Jahre später, als er bei "Vom Winde verweht" durch Victor Fleming ersetzt wurde. Immerhin durfte Cukor in "Eine Stunde mit Dir" noch als "Assistant Director" weiter fungieren.
 


Ein ähnliches Auf und Ab bietet auch die Geschichte des Filmes, in der Colette Bertier (Jeanette MacDonald) ihrem Mann André (Maurice Chevalier) ihre beste Freundin Mitzi (Genevieve Tobin) vorstellt. Nichtahnend, dass Mitzi direkt den guten André anbaggert und diesen mit ihrem aggressiven Werben spürbar überfordert. Mitzi wiederum ahnt nicht, dass ihr Ehemann einen Privatdetektiv auf sie angesetzt hat und Colette muss sich derweil den ebenfalls sehr direkten Avancen von Adolph (Charles Ruggles) erwehren.

Ja, die Handlung ist so anstrengend wie sie klingt. Lubitsch möchte daraus zwar eine leichtfüßige Klamotte mit schmissigen Songs basteln, scheitert aber doch deutlich. Die Lieder sind meist nicht wirklich witzig und einprägsam und der sonst so clevere Lubitsch-Humor eher selten anwesend. Gerade dessen wundervolles komödiantisches Timing funktioniert hier nur bedingt. Das liegt auch daran, dass der anvisierte leichtfüßige Ton des Filmes sich leider komplett mit dem unsympathischen Auftreten einiger Figuren beißt. Mitzi betrügt skrupellos ihre beste Freundin, Adolphs schon fast eklige Aufdringlichkeit ist nicht erst seit "MeToo"-Zeiten abstoßend, und wenn André mit Unschuldsmiene darüber witzelt, dass ja jeder in seiner Situation fremdgehen würde, sammelt er auch nicht gerade Sympathiepunkte.
 


Nein, da kann dann auch der charmante französische Akzent von Chevalier nur bedingt etwas retten. Immerhin ist noch die tolle Chemie zwischen Chevalier und MacDonald aus "Liebesparade" in der ersten Hälfte spürbar, diese Figuren sich aber dann voneinander entfremden zu lassen entpuppt sich als denkbar schlechter Schachzug. So gibt es nur ein paar kleinere gelungene Momente, doch insgesamt ist das für einen Lubitsch-Film schon eine erstaunlich unlustige Angelegenheit geworden. Schieben wir es einmal auf die Querelen hinter den Kulissen. Glücklicherweise muss man ja aber nur eine Oscar-Folge zurück in die Zeit reisen, um auf einen deutlich besseren Vertreter der Lubitsch-Komödie zu stoßen.

"Eine Stunde mit Dir" ist aktuell als DVD-Import auf Amazon in Deutschland verfügbar.

Trailer zu "Eine Stunde mit Dir"


Ausblick
In unserer nächsten Folge betritt eine der berühmtesten deutschen Schauspielerinnen der Filmgeschichte die Bühne und wird uns erfolgreich in ihren Bann ziehen.


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