Was ist eigentlich mit Vin Diesel passiert? Nach einem steilen Aufstieg zum wohl angesagtesten Actionstar des neuen Jahrtausends bugsierte sich der sympathische Mime durch einige fragwürdige Entscheidungen ins vorübergehende Karriere-Aus. An den Fortsetzungen seiner Franchise-Hits "The Fast and the Furious" und "XxX" war er nicht interessiert und erlitt stattdessen mit seinem Herzensprojekt "The Chronicles of Riddick" kommerziellen Schiffbruch. Für Sidney Lumets kleinen Thriller "Find me Guilty" erntete er dann zwar einiges Kritikerlob, fand aber ebenfalls kein Publikum. Doch jetzt kündigt sich seine Rückkehr an, wenn auch noch nicht in einer großen Hollywoodproduktion. Es ist stattdessen die Garde um Frankreichs Starproduzenten Luc Besson, die Diesel nun nach Jahren erstmals wieder in einer Rolle besetzt, die ihm wahrlich auf den Leib geschrieben scheint.
Denn als genauso harter wie illusionsloser Abenteurer und Söldner Toorop findet sich der Mann mit der ausdrucksstarken tiefen Stimme in einer Umgebung wieder, die auch für einen "Riddick" geradezu maßgeschneidert wäre. Es ist eine düstere Erde der Zukunft, geplagt von Bevölkerungsexplosionen, Umweltverschmutzung und Verbrechen. Da Toorop zudem nicht gerade wenig Feinde hat, zögert er nur kurz das Angebot des Unterweltbosses Gorski (Gastauftritt eines bizarr geschminkten Gerard Depardieu) anzunehmen. Seine Mission lautet, das junge Mädchen Aurora (Melanie Thierry sieht aus wie die junge Vanessa Paradis) aus der russischen Einöde möglichst unauffällig nach Amerika zu bringen. Als Belohnung winken eine Million Dollar und die Chance dort ein völlig neues Leben zu beginnen. Einzige Begleiterin der Beiden ist Auroras Lehrerin, die resolute Nonne Rebecca (Michelle Yeoh). Es dauert allerdings nicht lange, bis Toorop zwei Dinge völlig klar werden: Die junge Frau hat offensichtlich viele Gegner und außerdem einige ganz besondere Fähigkeiten.
Von "unauffällig" kann demnach kaum die Rede sein, denn die Reise des Trios ist selbstverständlich gespickt mit Prügeleien, Schießereien und Explosionen. Wer Bessons Produktionen kennt, seien es SF-Streifen wie "Das fünfte Element" oder auch Thriller-Ware der Marke "Die purpurnen Flüsse", der weiß auch welches Niveau an Schauwerten und was für einen Look er hier erwarten darf. Das sieht alles sehr schick schmutzig und überzeugend aus, was sowohl für die Kulissen als auch die Inszenierung der Actionszenen gilt. Der Diesel kämpft wie ein Berserker und für die Nonne wurde natürlich nicht ganz umsonst eine kampferprobte Darstellerin wie Michelle Yeoh engagiert. Da kann der Kassenpatient nicht meckern und freut sich über die eine oder andere spektakuläre Sequenz, bei der dann auch mal gleich ein ganzes Schiff im Eis versinkt.
Dass es daran anschließend dann mit irgendwelchen Schneegleitern weiter übers Eis geht, gehört dabei zu den Fragwürdigkeiten im Handlungsverlauf, die man lieber nicht sammeln und zählen sollte. Denn in dem Punkt gilt es sich Nichts vorzumachen: Die weiter oben vergebene Auszeichnung "überzeugend" wird hier natürlich ausschließlich für die visuelle Umsetzung, das gebotene Actionfeuerwerk und den durchgehend versprühten Coolnessfaktor vergeben. Inhaltlich steht das Ganze dagegen auf einem mehr als wackeligen Konstrukt und präsentiert sich dabei nicht nur eher flach und anspruchslos, sondern auch gespickt mit der einen oder anderen unlogischen bis fragwürdigen Drehbuchentscheidung.
Denn es kann doch eigentlich nicht ernst gemeint sein, wenn die Anführerin der "Bösen" (bei der es sich im Übrigen um die famose Charlotte Rampling handelt) ihre Schergen ausschickt um die gnadenlose Verfolgung der Flüchtigen aufzunehmen und man dann von diesen anschließend aber auch gar Nichts mehr sieht und ebendieser Handlungsstrang komplett im Nirgendwo verschwindet. Dass dem Praktikanten da im Schnittraum leider der Kaffee über dem entsprechenden Filmmaterial ausgelaufen ist, scheint zumindest plausibler als die bewusste Entscheidung, den Film wirklich so zu schneiden.
Dies sind dann halt die Momente in denen man als Zuschauer den Kopf beim besten Willen nicht ganz ausschalten kann, ansonsten gelingt das aber doch recht mühelos, eben weil man hier so glänzend unterhalten wird. Auf einen kurzen Nenner gebracht haben wir es bei "Babylon A.D." mit einer Art Trash-Version des thematisch ähnlich gelagerten, dabei aber weit subtiler und komplexer angelegten "Children of Men" zu tun. Das ist zwar etwas abwertend, aber keinesfalls böse gemeint, denn "Babylon A.D." macht schließlich jede Menge Spaß und sieht auch hervorragend aus. Sicher noch nicht das große Comeback des Vin Diesel in die Welt des Blockbuster-Kinos (so er die denn überhaupt anstrebt) aber immerhin ist er mal wieder präsent, zeigt sich in guter, motivierter Form und bildet ganz klar Zentrum und Herz eines absolut brauchbaren Films.
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