Als erstes eine kleine Warnung. Wer sich den schnell geschnittenen und actionreichen Trailer zu „Looper“ anschaut und sich daraufhin auf rasante Science-Fiction-Action mit einem wild um sich schießenden Bruce Willis einstellt, der wird sich im Kino spätestens nach einer halben Stunde irritiert die Augen reiben. Statt temporeichem Geballer bietet Regisseur Rian Johnson nämlich intelligentes Kino der eher gemächlicheren Art, bei der Charakterzeichnung und Story visuellem Overkill vorgezogen werden.
Dabei steigt der Film ziemlich temporeich in seine Geschichte ein. Wir treffen auf Joe (Joseph Gordon-Levitt, "The Dark Knight Rises") der als Auftragskiller im Jahre 2040 seiner schmutzigen Arbeit nachgeht. Der Clou der Sache: Joe tötet Menschen, die ihm aus dem Jahre 2072 von der Mafia via Zeitreise zugeschickt werden. Ein sehr gut bezahlter Job, der aber einen Haken hat: Nach 30 Jahren wird man selbst an sein eigenes Ich zurückgeschickt und sozusagen von sich selbst entsorgt. Man schließt also den Kreislauf, weswegen Joe oder auch sein Arbeitskollege Seth (Paul Dano, "There Will Be Blood") als sogenannte “Looper“ bezeichnet werden. Kein Problem denkt sich aber Joe, schließlich führt er unter seinem Chef Abe (Jeff Daniels), der seine Geschäfte aus einem Striplokal heraus leitet, für die nächsten 30 Jahre ein wahres Lotterleben. Als Joe aber dann dabei versagt, seinen eigenen “Loop“ zu schließen und ihm sein altes Ich (gespielt von Bruce Willis) entkommt, ist es mit der Partylaune schnell vorbei.
Zugegeben, bei dem Namen Rian Johnson konnte man ja eigentlich schon ahnen, dass man hier wohl kaum einen Mainstream-Actionfilm geliefert bekommen würde. Denn egal wie man zu dessen bisherigen Werken ("Brick", "The Brothers Bloom") auch steht, einfallslose Standard-Filmkost konnte man die nun wirklich nicht nennen. Wobei „Looper“ im Vergleich dazu noch deutlich gemäßigter daherkommt und vor allem auf abgedrehten Humor fast gänzlich verzichtet. Stattdessen präsentiert man uns hier nachdenklichen Sci-Fi, der aus einer cleveren Grundidee überzeugendes Charakterkino zaubert. Nach temporeichem Beginn wird der Action-Anteil nämlich für lange Zeit fast komplett heruntergefahren, insbesondere wenn Joe auf seiner Flucht vor Abe auf die Farm der alleinerziehenden Sara (Emily Blunt, "Der Plan") flüchtet.
Was dabei so wundervoll erfrischend an „Looper“ ist, ist dass der Film im Gegensatz zu vielen anderen Sci-Fi-Werken sein exotisches Setting nicht überbeansprucht. So spielt der Film lange auf einer Farm, bei der nur hier und da wieder ein technischer Gimmick uns daran erinnert, dass wir uns ja in einer anderen Zeit befinden. Vielleicht ist auch genau deswegen das alles so überzeugend, da die Interaktion der Figuren mit dieser neuen Welt nie wirklich aufgesetzt wirkt – hier sind die Menschen eben nicht nur Staffage für den Greenscreen. Stattdessen liegt der Fokus auf der Geschichte und ihren Protagonisten, die geprägt von einer moralisch dahinsiechenden Welt ungemein kühl und gleichgültig nach außen wirken, im Laufe des Filmes aber immer facettenreicher werden.
Dabei haben vor allem Gordon-Levitt und Willis keine leichten Aufgaben, denn ihre Figuren sind weit weg davon Sympathieträger zu sein. Spätestens wenn klar wird, was der alte Joe genau in der Vergangenheit plant, muss man als Zuschauer auch erst mal kurz schlucken. Aber das man am Ende dann eben doch für alle Beteiligten Verständnis aufbringt, ist eben gerade den Leistungen des Schauspielensembles hoch anzurechnen.
Unterstützt werden sie dabei von einem Drehbuch, das immer wieder geschickt kleine Wendungen einbaut, die zwar selten spektakulär sind, aber den Film immer wieder in eine interessante neue Richtung schubsen. Und was die Paradoxien des Themas Zeitreisen angeht, da findet das Skript in einem Punkt eine der elegantesten Lösungen, die man bisher in dem Genre gesehen hat.
Wie da die neuen Handlungen des jungen Joe den alten Joe aus der Zukunft beeinflussen, das ist schon wirklich clever gelöst. Und alles andere wischt der Film mit ein paar netten “Lass uns nicht über den Zeitreisen-Quatsch reden“-Dialogen weg. Gut, so ein bisschen fragt man sich am Schluss schon, ob das Ende jetzt wirklich überhaupt so hätte passieren können. Doch da der Schlusspunkt vom moralischen Standpunkt einfach wundervoll zur Geschichte passt, kann man dies dann verzeihen.
Natürlich hat ein Film der leisen Töne, dessen Handlung mehr auf Understatement als Spektakel setzt, der kleine Wendungen großen Überraschungen vorzieht und der lieber öfters die Bremse als das Gaspedal betätigt, es schwer den Zuschauer nun vollkommen überwältigt aus dem Kino zu schicken. Aber ist es nicht auch schön, einfach mal mit einem Lächeln aus dem Saal zu kommen, im Wissen, dass es trotz der Effektflut, die in diesem Genre so oft Überhand gewinnt, noch Filmemacher gibt, die Wert auf eine gute Geschichte legen? Denn genau das ist „Looper“, nämlich wirklich gut durchdachtes Genrekino, welches Kopf und Herz gleichermaßen anspricht. Und da es das bekanntlich ja viel zu selten gibt, setzen wir den Film hiermit mal ganz klar auf die Must-See-Liste des Jahres 2012.
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