Als der erste "X-Men"-Film 2000 in die Kinos kam, war dessen Gelingen keineswegs eine ausgemachte Sache. Alle bis dahin getätigten Versuche, die populären Marvel-Comics für ein breiteres Publikum zu adaptieren, waren mehr oder weniger gescheitert oder endeten gleich als Videopremieren. Dazu galten die Fans der Comics als überaus kritisch und wachten mit skeptischen Argusaugen
Storm (Halle Berry) haben diesmal mehr zu tun. |
über die Umsetzung ihrer Lieblinge. Doch erfreulicherweise entwickelte sich "X-Men" dann doch zu einem großen Erfolg und ebnete damit gleichzeitig den Weg für eine wahre Flut an Superhelden-Verfilmungen aus dem Hause Marvel. Ein Erfolg, der von "Spider-Man" dann noch weit übertroffen und kürzlich mit "Daredevil" erneut bestätigt wurde. Für die Fortsetzung der Mutantensaga hatte Regisseur Bryan Singer daher auch deutlich mehr zur Verfügung: Mehr Geld, mehr Figuren und eine deutlich längere Laufzeit. Doch bestätigt sich hier wieder einmal die Regel, dass "mehr" nicht immer auch "besser" bedeuten muss. Denn obwohl Singer einen grundsoliden Film abliefert, erweist sich "X-Men 2" doch als erster kleiner Rückschlag in der Reihe der gelungenen modernen Comicverfilmungen.
Der zweite Film schließt direkt an die vorangegangenen Ereignisse an: Der mächtige Mutant Magneto (Ian McKellen, Gandalf im "Herr der Ringe") sitzt im Hochsicherheitsgefängnis während sein guter Gegenspieler Charles Xavier ("Captain Picard" Patrick Stewart) weiterhin versucht, mit seiner "Schule für begabte junge Menschen" ein friedliches Zusammenleben zwischen Menschen und Mutanten zu ermöglichen. Ein Mann, der daran nicht das geringste Interesse hat, ist der Wissenschaftler William Stryker. Von persönlichen Rachegefühlen getrieben, arbeitet dieser an der endgültigen Vernichtung aller Mutanten. Als Mittel zum Zweck dient ihm dabei ausgerechnet Xavier, dessen telepathische Kräfte Stryker für seine Zwecke nutzen möchte. Als es ihm gelingt das Hauptquartier des Professors ausfindig zu machen und diesen
auch in Teil Zwei nicht zu Spaßen. |
gefangen zunehmen, sehen sich die verbleibenden X-Men sogar gezwungen, auf die Hilfe von Magneto und der gefährlichen Gestaltwandlerin Mystique zurückzugreifen. Gemeinsam mit einigen jungen "Nachwuchskräften" und dem Teleporter "Nightcrawler" machen sich die Helden auf den Weg zu Strykers Hauptquartier, um das Schlimmste zu verhindern.
Die Story des neuen Films beruht lose auf der knapp zwanzig Jahre alten Comicstory "God Loves. Man Kills", in der die Figur des Mutantenhassers Stryker allerdings als religiös verblendeter Reverend auftrat. Die Fassung der Drehbuchautoren von "X-Men 2" präsentiert uns eine nicht allzu komplizierte, durchaus runde Version dieser Geschichte, die das große Grundthema der Serie konsequent weiterführt: Ein Plädoyer für mehr Toleranz und Akzeptanz von Andersartigen. Dabei gelingt es, das umfangreiche Figurenensemble einigermaßen übersichtlich zusammenzuführen, und es bleibt sogar noch ein wenig Zeit für die nähere Erforschung von Wolverines Vergangenheit, da diese praktischerweise in direktem Zusammenhang mit den Machenschaften des Bösewichts Stryker steht.
"Nightcrawler" Wagner, der nicht zufällig so heißt. |
Es ist sicher keine leichte Aufgabe hier alle Protagonisten zu ihrem Recht kommen zu lassen, denn neben den etablierten Charakteren verlangt es das ungeschriebene Gesetz der Fortsetzung natürlich auch noch, ein paar interessante neue Figuren auf den Markt zu werfen. Die Lösung dieser Aufgabe darf dann allerdings auch nur als "befriedigend" beurteilt werden, denn wirklich überzeugen kann von den "Neuen" eigentlich nur der tierartige "Nightcrawler". Dessen Teleportationen von einem Ort zum Anderen sind sehr effektvoll umgesetzt, sowohl visuell als auch akustisch. Hinter "Nightcrawler" verbirgt sich übrigens getreu der Vorlage der deutsche Kurt Wagner, vormals mit einem bayerischen Wanderzirkus unterwegs und daher in der Originalversion des Films mit einigen lustigen deutschsprachigen Kommentaren zu hören. Die anderen Neuschöpfungen fallen dagegen
ihr neuer Freund, Iceman (Shawn Ashmore) |
leider deutlich ab, was auch kein Wunder ist wenn man bedenkt, dass allein zwei von Strykers Helfern den ganzen Film über kein einziges Wort sagen.
Wenn dazu dann noch die (zumindest laut Credits) eigentliche Hauptfigur des Professor X die meiste Zeit nur willenlos und passiv agiert und der arme Cyclops auch noch den halben Film lang weggesperrt wird, relativiert sich das mit der "gelungenen Unterbringung des Ensembles" auch schon wieder. Aber was soll man machen, denn schließlich sind ja auch noch die Nachwuchsmutanten "Iceman" und "Pyro" am Start. Ach ja, und ein tollen neuen Jet fürs ganze Team gibt's auch noch.
wird man schnell Opfer von Magneto |
Auch bei mehr als zwei Stunden Laufzeit ist das alles kaum zu schaffen und es stellt sich die Frage, ob dieser "Gigantismus" wirklich der richtige Weg ist. Schon die "Batman"-Filmreihe krankte an der Strategie, mit jeder Fortsetzung immer mehr kuriose Helden und Finsterlinge einzuführen und ging dann schließlich mit dem in jeder Hinsicht überladenen "Batman und Robin" zu Grunde. Bryan Singer hat ja durchaus die Begabung seine Charaktere mit mehr Leben zu füllen als man bis dato in Superheldenfilmen gewohnt war, und vielleicht sollte er sich lieber auf noch weiter ausbaufähige Figuren wie Wolverine oder Rogue konzentrieren (so er denn überhaupt noch einen weiteren Teil der "X"- Saga inszenieren mag). Den stärksten Eindruck hinterlässt dieses Mal übrigens der alte Haudegen Magneto, denn Ian McKellen darf hier einige extrem coole Oneliner ablassen und spielt mit allen Anderen eh nur Katz und Maus.
Auf der für dieses Genre nicht ganz unwichtigen Ebene der Spezialeffekte kann "X-Men 2" dagegen voll und ganz überzeugen, wie hier die einzelnen Fähigkeiten der Mutanten umgesetzt werden verdient schon fast das Adjektiv "perfekt" und war so vor einigen Jahren noch überhaupt nicht vorstellbar. Hier scheinen dem modernen Kino offensichtlich keine Grenzen mehr gesetzt zu sein. Nein, misslungen ist die mit Spannung erwartete Fortsetzung der "X-Men" ganz sicher nicht, aber da dem zweiten Teil etwas der erfrischende Neuheitenwert des Vorgängers und vor allem dessen knackige Kompaktheit fehlt, lautet das abschließende Urteil letztlich eben nur: Geht in Ordnung.
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