Als Hugh Jackman vor vier Jahren in "X-Men Origins: Wolverine" seinen ersten Solo-Filmauftritt als der quasi unverwundbare, Säbel-Finger schwingende Griesgram hatte, suggerierten sowohl der Filmtitel als auch die Statements der Produktionsfirma, dass es noch weitere Filme mit den Ursprungsgeschichten anderer X-Men geben wird. Daran durfte man schon damals Zweifel haben, war Jackman als Wolverine doch das mit Abstand beliebteste Mitglied der Superhelden-Clique und somit der einzige, dem man ernsthaft zutrauen konnte, einen Multmillionendollar-schweren Kinofilm allein auf seinen Schultern zu tragen. Vier Jahre später nun redet keiner mehr von weiteren "Origins"-Filmen, stattdessen wurde mit Matthew Vaughns "X-Men: Erste Entscheidung" zwischenzeitlich der Startschuss für eine Reihe neuer Franchise-Ableger in Prequel-Form gegeben, und der Wolverine kriegt jetzt seinen zweiten Solo-Film, der nur noch nach ihm benannt ist.
Eine wirkliche Verbindung zu "Origins" gibt es hier auch inhaltlich nicht, denn wo dort die Herkunftsgeschichte von Logan alias Wolverine und somit die Zeit vor seinem Auftauchen in Bryan Singers erstem "X-Men"-Film behandelt wurde, setzt "Wolverine - Weg des Kriegers" in der Franchise-internen Chronologie nun nach dem Ende der ursprünglichen X-Men-Trilogie ein. Wir finden Logan nun allerdings nicht dort, wo wir ihn am Ende von "Der letzte Widerstand" verlassen haben - nämlich als Co-Hüter von Charles Xaviers Mutanten-Internat - sondern allein und zurückgezogen in der tiefen kanadischen Wildnis, wo Logan in friedlicher Nachbarschaft mit einem Grizzly-Bären lebt und dem Verlust seiner großen Liebe Jean Grey (Famke Janssen) nachtrauert, die er selbst im Showdown von "Der letzte Widerstand" umbringen musste. Auch ein anderer Teil von Logans Vergangenheit holt ihn nun ein, denn der Japaner Yushida, dem Logan einst im Zweiten Weltkrieg das Leben gerettet hat, liegt nun als alter, schwerreicher Anführer eines Technologiekonzerns im Sterben, will seinem einstigen Lebensretter aber als späten Dank ein großes Geschenk machen: Sterblichkeit. Auch wenn den quasi unsterblichen Logan eine gewisse Todessehnsucht umweht, lehnt er das Angebot ab, sieht sich kurz darauf nach Yushidas Tod aber dennoch in einen schwer durchschaubaren Konflikt verwickelt, in dem er Yushidas Tochter und Erbin Mariko vor den Häschern der Yakuza zu schützen versucht.
Schwer durchschaubar ist das Ganze, da hier eine ganze Weile unklar bleibt, wer von den diversen sonst noch verwickelten Akteuren von Yushidas ehemaliger Leibwache bis hin zu seiner zwielichtigen Ärztin alles eine eigene Agenda hat, wie genau diese aussieht, wer mit wem welche geheimen Allianzen hegt und ob da im Hintergrund nicht womöglich noch irgendwer lauert. Weil es hier also so einiges an Figuren und Konstellationen zu etablieren gilt, fängt "Wolverine: Weg des Kriegers" allerdings auch ziemlich lahm an: Eine gute halbe Stunde muss man warten, bis endlich mal so etwas wie Action aufkommt. Entsprechend dem Setting gibt es dabei dann allerlei asiatischen Kampfkunst-Flair und Logan kriegt mit Yushidas Adoptivtochter Yukio einen Sidekick an die Seite gestellt, die sehr behände mit dem Samuraischwert umgehen kann.
Das sieht alles ganz ansprechend aus und ist in den Actionsequenzen überzeugend inszeniert - was als kleine Überraschung verbucht werden darf, denn als ausgerechnet James Mangold (dessen einziger Actionfilm bislang der Cruise/Diaz-Flop "Knight and Day" war) hier die Regie übernahm, hatte manch einer doch so seine Zweifel, ob das eine gute Idee war. Diese Zweifler bringt Mangold spätestens mit einer famos umgesetzten Action-Sequenz auf einem Superschnellzug zum Schweigen, die daher kommt wie ein Jump'n'Run-Videospiel bei 300 Stundenkilometern.
Auch die bewahrt "Weg des Kriegers" allerdings nicht davor, insgesamt doch niemals aus dem grauen Mittelmaß heraus zu kommen, trotz der guten Arbeit von Mangold. Der Film gibt sich zwar gehörig Mühe, den guten Logan in existenzialistische Schwingungen zu versetzen, da zum einen seine Unverwundbarkeit auf dem Spiel steht und er zum anderen in schicksalsschwerem Samurai-Vokabular mit der Frage konfrontiert wird, was sein Leben überhaupt noch für einen Sinn hat, so ganz einsam und ohne einen Herren, dem er dienen kann. Genau diese Schwere ist aber auch irgendwie das Problem, befinden wir uns doch hier immer noch in einer Comic-Verfilmung aus einer ansonsten von zahlreichen Mutanten mit spektakulären Fähigkeiten bevölkerten Welt. Das sonstige Abwechlungsreichtum und der fein eingestreute Humor des charakterstarken X-Universums - in Matthew Vaughns "Erste Entscheidung" zuletzt so mustergültig vorgeführt - fehlen hier aber fast völlig. Und die wenigen neuen Mutanten, die hier überhaupt ins Spiel kommen, können kaum bleibenden Eindruck machen. Selbes gilt übrigens auch für die 3D-Effekte, die hier weiterer Erwähnung nicht wert sind und wie so oft als unnötige Eintrittspreistreiberei verbucht werden müssen.
Fazit also: Die Popularität Jackmans und der Figur Wolverine werden vermutlich auch diesen Film noch zu einem Erfolg machen. Wie sein Vorgänger "Origins" zeigt aber auch "Weg des Kriegers", dass Wolverines Solo-Karriere nur ein relativ fader Abklatsch ist von dem, was der Bursche früher zusammen mit seiner Band gemacht hat.
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