Dafür, dass "Wallace & Gromit" ein Stück britisches Kulturgut sind, hat man von den beiden berühmten Knetfiguren ziemlich lange nichts mehr gehört. Nach ihrem letzten und bisher einzigen großen Leinwandabenteuer, "Wallace & Gromit auf der Jagd nach dem Riesen-Kaninchen" aus dem Jahr 2005 folgte zwar wenige Jahre später noch ein Kurzfilm im Fernsehen, doch danach wurde es erst einmal sehr still um die beiden. Jetzt kehren der tollpatschige Erfinder und sein treuer vierbeiniger Begleiter auf Netflix für ein weiteres liebevoll umgesetztes Abenteuer zurück – genau richtig, um entspannt ins neue Filmjahr zu starten.
Viel hat sich in den letzten knapp 20 Jahren dabei nicht verändert. Noch immer treibt Wallace seinen Hund Gromit mit abstrusen Erfindungen in den Wahnsinn. Die neueste davon, ein hyperaktiver Gartenroboter namens Norbot, beraubt Gromit sogar seines letzten Refugiums – der entspannten Gartenarbeit. Doch die alltäglichen kleinen Reibereien sind schon bald das geringste Problem der beiden. Denn unbemerkt arbeitet ihr Erzfeind, der Pinguin Feathers McGraw, nicht nur akribisch an seinem Ausbruch aus dem Hochsicherheitsgefängnis (Zoo), sondern plant auch noch einen ganz besonderen Coup – gewürzt mit dem einen oder anderen Rachegedanken.
Als vor einem Jahr Nick Park den kreativen Staffelstab für die Produktion von "Chicken Run: Operation Nugget" abgab, entpuppte sich das Ergebnis als eher unbefriedigend. Für die Fortsetzung der von ihm erschaffenen "Wallace & Gromit"-Reihe kehrt er nun aber wieder gemeinsam mit Merlin Crossingham auf den Regiestuhl zurück – und mit ihm auch das Händchen für Qualität. Die erreicht man hier vor allem dank einer Art positivem Stillstand, denn sowohl in Sachen Animationsstil, Story als auch Humor knüpft man nahtlos an das Niveau der bisherigen Abenteuer unserer beiden ungleichen Helden an – ohne dabei viel an der hauseigenen Erfolgsformel zu verändern.
Damit sich Fans der "Wallace & Gromit"-Reihe auch gleich wie zu Hause fühlen, beginnt der Film dann auch ganz klassisch mit einigen genauso kreativen wie chaotischen Erfindungen von Wallace, die zwar dessen Morgenroutine vereinfachen, dafür aber auf Kosten des armen Gromit gehen – der das Chaos wie immer mit einer stoischen Gelassenheit erträgt. Dank der liebevoll umgesetzten Stop-Motion-Technik und vieler netter kleiner Gags versprüht das schnell wieder den niedlichen Charme der alten Tage. Es ist ja immer wieder erstaunlich zu sehen, wie mit der eher rudimentären Knet-Mimik so viel Emotion generiert werden kann. Im Falle des durchtriebenen Feathers McGraw gelingen so einige wundervolle Gags durch schon minimale "Knetbewegungen", und wenn Gromit die Liebe seines Herrchens zu verlieren droht, geht alleine dessen hängender Kopf einem richtig ans Herz. Ist aber natürlich auch ein Verdienst von gutem und in diesem Fall sehr liebevollen Storytelling.
Wie in vielen Werken des 1972 von Peter Lord und David Sproxton aus der Taufe gehobenen Animationsstudios Aardman Animations nimmt man dann auch wieder Filmgenres auf die Schippe, wirft ein paar Filmzitate in den Mix, füttert alles mit etwas britischem Humor und dem einen oder anderen harmlosen, aber netten Wortspiel (Grüße an unsere Newsreporterin "Onya Doorsteps"). Wirklich laute Lacher sind jetzt eher selten dabei, dafür aber ein regelmäßiges Grinsen und ein wohliges Gefühl der Nostalgie. Nur im Mittelteil geht dem Film für knapp 15 Minuten einmal ein wenig die Humor-Puste aus, doch rechtzeitig für das große Finale fängt man sich wieder.
Klassisch würde man jetzt von einem tollen Vergnügen für Groß und Klein sprechen, doch für die Jüngsten geht es hier dann ehrlich gesagt doch fast eine Spur zu gruselig zu. Eltern haben auf jeden Fall Erklärungsbedarf, wenn ihr Kind schweißgebadet nachts aufwacht und von bösartigen Gartenrobotern im Keller erzählt. Für alle anderen ist "Wallace & Gromit: Vergeltung mit Flügeln" aber ein sehr entspanntes Vergnügen – verbunden mit der Hoffnung, dass nach so einem entspannten Start in das Filmjahr 2025 noch einige weitere Filmemacherinnen und Filmemacher ihr Herzblut auf die große Leinwand oder den kleinen Bildschirm bringen werden.
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