Es gibt Filme, nach deren Genuss man gebeutelt aus dem Kinosaal schleicht. Niedergedrückt durch die Last der menschlichen Schande, der unmoralischen Verbrechen und der grausamen Ungerechtigkeit, an der man auch noch beteiligt ist. Dokumentarfilme über die Klimakatastrophe und die Ausbeutung der Dritten Welt schaffen das. Man schämt sich, einer Spezies anzugehören, die bedenkenlos grausam und egoistisch ist. Man schämt sich, dazu zu gehören. Jetzt schafft dieses Phänomen erstmals eine amerikanische Komödie. Eine Komödie, nach der man sich schämt, eine Frau zu sein.
Ok, das mag jetzt etwas dramatisch klingen, aber leider ist das Dilemma damit noch nicht in Worte gefasst. "Von Frau zu Frau" ist eine romantische Liebeskomödie, oder das was übrig bleibt, wenn man alle Vorzüge dieser Filmsparte weglässt. Einfallslos, albern, langweilig - leider muss das Urteil hart ausfallen. Leider, weil Diane Keaton in der Hauptrolle eigentlich mal ein Garant für gute Schauspielerei und eine charmant-witzige Umsetzung von manchmal doch recht faden Drehbüchern war. Hier dreht eine der "Grandes Dames" Hollywoods aber leider zu sehr auf und mutiert zur pubertierenden 15jährigen ohne Sinn und Verstand.
Daphne Wilders (Keaton) hat drei wunderbare Töchter: Maggie (Lauren Graham), Mae (Piper Perabo) und Milly (Mandy Moore) sind gut geraten, erfolgreich, selbstbewusst und hübsch. Bei Maggie und Mae hat es schon geklappt: Sie sind glücklich verheiratet. Um die kleine Milly jedoch macht sich Mutter Daphne große Sorgen, denn jene schafft es einfach nicht, eine glückliche Beziehung zu haben. Permanent bemüht sich Daphne, ihre Jüngste mit guten Tipps zu versorgen und sie netten Männern vorzustellen - alles vergeblich. Eines Tages beschließt sie eine Internet-Partnervermittlung zu kontaktieren, die Müttern in ähnlicher Lage hilft, ihre Schäfchen vor den Altar zu bringen. Ihre Wahl fällt auf den gut situierten Anwalt Jason (Tom Everett Scott), der sich nun an Milly ranschmeißen darf. Gleichzeitig trifft die aber auf den Gitarrenspieler Johnny (Gabriel Macht), im Presseheft unverständlicherweise als "unkonventioneller Rocker" bezeichnet, der sie gegen den Willen ihrer Mutter umgarnt. Und was tut eine erwachsene und vernünftige Tochter in so einer Situation? Ja klar, sie geht einfach mit beiden ins Bett. Und Mutti kocht vor Wut…
Es folgen die bestens bekannten Irrungen und Wirrungen einer Romantic Comedy: Er liebt sie, sie ihn auch, ihn aber auch, er sie auch irgendwie, er aber dann doch nicht so ganz, sie ihn dann irgendwie anders, dann lieben sie sich nicht mehr, dann will einer mehr, dann will der andere aber auch, dann will sie doch den anderen, dann will der andere schon, dann will sie doch nicht mehr, dann wollen sie doch wieder, dann kann sie nicht, dann darf er nicht… es ist ermüdend.
Und so plätschert der Film lange anderthalb Stunden vor sich hin, ohne auch nur eine einzige neue Idee zu bringen oder mit einer unerwarteten Wendung zu überraschen. Selbst die Slapstick-Einlagen haben wir alle schon einmal und besser gesehen. In Torten fallende Großmütter kannten schließlich schon Charlie Chaplin und Buster Keaton. Da hilft es auch nicht, dass die Produzenten Skizzen für jede einzelne Torte von erfahrenen Konditorinnen aus Beverly Hills anfertigen ließen. Da ist Liebesmüh' am falschen Ende verschwendet worden.
Zudem sind die vier Frauen schlicht und ergreifend nervig. Wie aufgeregte Hühner hören sie nicht auf zu reden, so dass man selbst als weibliche Tratschtante ein Fiepen in den Ohren hört. Auch die schauspielerischen Leistungen sind nicht gerade zum Schwärmen. Mandy Moore säuselt im Presseheft, bei der Arbeit mit Diane Keaton würde sie automatisch ihr Bestes geben. Schade, dass das so wenig ist, möchte man höhnen.
Regisseur Michael Lehmann ("40 Tage und 40 Nächte") beabsichtigte mit diesem Film, das problematische Verhältnis zwischen Müttern und Töchtern zu thematisieren. Dieses Ansinnen ist durchaus lobenswert, denn von Meinungsverschiedenheiten mit der eigenen Mutter kann sicher jede Frau ein Liedchen trällern. Aber Lehmann hat sich in einer oberflächlichen Überzeichnung verirrt und ein Gefühlschaos heraufbeschworen, von dem es in der Realität wohl kein zweites gibt.
Vielleicht ist eine derart intime Einmischung in die privaten Belange der eigenen Brut nur uns Europäern so fremd. Im Film jedenfalls kommt Mutter Daphne mehr psychisch gestört denn liebevoll umsorgend daher. Zusätzlich zu der geheimen Verkupplung kontrolliert sie das Privatleben der Tochter auch auf andere penetrante Weise: Sie verfolgt sie mit dem Auto bei ihren Dates, ruft mehrmals täglich bei ihr an und wählt Klamotten für ihre Verabredungen aus. Da sich Milly nur halbherzig wehrt, hält sich das Mitleid für ihre Situation auch sehr in Grenzen. Die energischen Interventionen ihrer älteren Schwestern ändern nichts an diesem Verhältnis, sondern nähren nur das Unverständnis für Millys Anhänglichkeit an ihre Mutter. Das Schlimmste ist, das dieses affige Verhalten als ernstzunehmende und liebevoll gemeinte Abbildung von Frauenbeziehungen gedacht ist. Aua.
Eine Komödie ohne einen einzigen ehrlichen Lacher ist inakzeptabel. Und die grausame Verballhornung von Mutter-Tochter-Beziehungen tut nur weh und ist keinesfalls sensibel oder aufrüttelnd, wie es beabsichtigt war. Ständig wartet man auf einen Witz, auf eine Wende zum Besseren oder auf einen tieferen Sinn. Man wartet vergebens, und geht gebückt aus dem Kino. Demnächst lieber wieder Klimakatastrophe.
Neuen Kommentar hinzufügen