Dieser Sommer der dritten Teile hat bis jetzt vor allem eins gezeigt: Wenn der Rubel richtig rollt, interessiert sich in Hollywood niemand mehr für sein Geschwätz von gestern. So zuerst gesehen bei "Spider-Man 3", vor dessen Veröffentlichung fast alle führenden Köpfe gesagt haben, dass danach Schluss sei. Dann kam (mal wieder) das erfolgreichste Start-Wochenende aller Zeiten. Kurz darauf verkündete ein wichtiger Schlipsträger von Sony Pictures, man werde nicht nur die Teile 4-6 realisieren, sondern so lange weitermachen, wie es mit Spider-Man noch Geschichten zu erzählen gäbe - was im Klartext heißt: Solange wir damit Kohle machen, hören wir garantiert nicht auf. Da ließ dann auch bald Tobey Maguire verlauten, dass er vielleicht doch noch für weitere Fortsetzungen zu haben sei (wo die Produktionsfirma mit vollen Händen Geld ausgeben will, ist ein fetter Gehaltsscheck sicher). Und auch bei den Piraten aus der Karibik sprach man (inkl. Johnny Depp) sofort nach dem bombastischen Start des dritten schon von einem vierten Teil. Auch wenn noch keiner so recht weiß, worum es da noch gehen soll.
Das interessanteste Statement zum Thema ging in diesem ganzen Tohuwabohu fast unter. Das kam nämlich von Jeffrey Katzenberg, seines Zeichens Ober-Produzent von Dreamworks Animation und damit der Papa von Shrek. Der verkündete nämlich zwei Wochen nach dem ebenfalls sehr beeindruckenden US-Start von "Shrek, der Dritte", dass man wie geplant noch die Teile 4 und 5 machen werde - aber dann sei definitiv Schluss. "Es ist eine endliche, in sich geschlossene Geschichte, und das sollte es schon immer sein. Und ich glaube, das gehört zu seiner Integrität, zu seiner Stärke, dass wir uns nicht unterwegs ausdenken, wie es weitergehen soll", so Katzenberg in einem Interview. Und wenn man sich den neuen Shrek ansieht, ist man geneigt, das Gequatsche eines großen Hollywood-Bosses ausnahmsweise mal für voll zu nehmen.
Denn die Shrek-Reihe meistert auch dieses Mal, woran beinahe alle Fortsetzungen scheitern, und weshalb sich so viele von ihnen hohl und verbraucht anfühlen: Sie hat für ihren Helden eine weitere, richtige Geschichte zu erzählen. Wo zum Beispiel bei Spider-Man und den Piraten einfach noch mehr Bösewichte, Action und Spezialeffekte aufgefahren werden, um möglichst effektiv zu kaschieren, dass die Helden der Geschichte ihre entscheidende persönliche Wandlung im ersten Teil abgeschlossen haben (und daher dramaturgisch eigentlich nicht mehr taugen, um einen Film zu tragen), hat der gute Shrek auch im dritten Teil noch absolut glaubhaft mit sich selbst und seinen Schwächen zu kämpfen.
Musste sich Shrek im ersten Teil überhaupt erstmal seiner sanften und heldenmütigen Seite öffnen und in Teil Zwei den Respekt seiner neuen Schwiegereltern gewinnen, ist er im Dritten nun gleich mit zwei Problemen konfrontiert: Als zu Beginn des Films Fionas Vater König Harold verstirbt, fällt der Thron dem großen grünen Oger zu. Der sieht sich allerdings überhaupt nicht in der Lage, ein Königreich zu lenken, und macht sich darum mit dem Esel und dem gestiefelten Kater auf, den einzig anderen legitimen Thronfolger ranzuschaffen - den jungen Burschen Artie (in der Originalversion gesprochen von Justin Timberlake), der in einem weit entfernten Internat ein jämmerliches Dasein als bevorzugtes Opfer seiner Mitschüler führt. Noch dazu hat Fiona Shrek bei seiner Abreise gestanden, dass sie schwanger ist, und vor den anstehenden Vaterfreuden hat Shrek fast noch mehr Angst als vor dem Thron.
Verantwortung akzeptieren und ausleben ist also das große Thema in "Shrek, der Dritte", was jetzt natürlich ernster klingt, als es ist. Tatsächlich ist auch der dritte Shrek eine Gag-Schleuder im Dauerfeuer-Modus, die kein Erbarmen für die Lachmuskeln und auch keine Tempo-Reduzierung kennt.
Warum auch, soviel wie hier los ist. Denn Shreks Abwesenheit aus dem Königreich Weit, Weit Weg wird von seinem Erzfeind aus Teil Zwei, dem schöngeföhnten Prinz Charming, zu einem Staatsstreich genutzt. Der schart all die enttäuschten und entmachteten Bösewichter der Märchenwelt um sich (u.a. Schneewittchens Stiefmutter und Captain Hook) und will die Macht an sich reißen, was Prinzessin Fiona mit ihrem Teekränzchen bestehend aus Aschenputtel, Rapunzel, Dornröschen und Schneewittchen verhindern will. Nur dumm, dass diese schönen Damen sich die meiste Zeit nur anzicken oder (im Falle von Dornröschen) permanent einschlafen.
Wird hier die Märchenwelt wieder mit Genuss geplündert, vergeht man sich auf dem anderen Handlungsstrang mit ähnlicher Wonne an der Artus-Sage. Sind Shrek und König-in-spe Artie doch unter anderem auf die Hilfe des offensichtlich nicht mehr ganz sauber tickenden "Zauberers" Merlin angewiesen. Dessen durchgeknallter Auftritt gehört zu den eindeutigen Highlights des Films, dicht gefolgt von der kongenialen Transferierung aller gängigen Klischees amerikanischer High-School-Filme in einen mittelalterlichen Kontext, als Shrek und seine Gefährten den armen Artie in seiner Schule abholen. Hier gibt es Gags fast im Sekundentakt, entweder frontal im Dialog oder versteckt im Hintergrund, und manche Szenen sind so prall gefüllt mit Anspielungen, brillant-bekloppten Einfällen und schrägen Witzen, dass man fast Angst hat, einen Brüller zu übersehen.
Die Freude an diesem famosen Gag-Feuerwerk kann auch die deutsche Synchronisation kaum schmälern. Natürlich bleibt der köstliche Sprachwitz der Original-Dialoge in der Übersetzung ein wenig auf der Strecke, doch die Synchronsprecher sind alle mit Elan dabei und können durchweg überzeugen. Einzige Ausnahme ist leider die Hauptrolle: Sascha Hehn als Shrek ist und bleibt eine einzige Fehlbesetzung und kann der aberwitzigen Original-Perfomance von Mike Meyers nicht eine Sekunde das Wasser reichen.
Aber wie gesagt, das macht wenig aus in einem Film, der von der ersten bis zur letzten Minute mit spitzenmäßigem Witz und konstant hohem Tempo begeistert - sogar das übermäßig verschmalzte Ende der ersten beiden Teile fällt diesmal bedeutend kürzer und leichter verdaulich aus. Und eine Komödie, die es schon gleich zu Beginn schafft, während einer ausgedehnten Sterbeszene das Publikum diverse Male herzhaft lachen zu lassen, hat eigentlich schon sofort gewonnen.
So gelingt es "Shrek" als einzigem "Dritten" dieses Sequel-Sommers, das Niveau seiner Vorgänger nahezu vollständig zu halten, sein gesamtes Figuren-Ensemble sinnvoll präsent zu halten und zu erweitern, ohne dass die Handlung dabei zerfasert, und eine Geschichte zu erzählen, die auch für sich allein genommen noch bestens funktioniert. Da können sich die Piraten und Spinnenmenschen ruhig eine Scheibe von abschneiden, und da darf man sich jetzt schon auf Shrek, den Vierten freuen.
|
Neuen Kommentar hinzufügen