Shaft - Noch Fragen?

Originaltitel
Shaft
Land
Jahr
2000
Laufzeit
100 min
Genre
Release Date
Bewertung
6
6/10
von Volker Robrahn / 29. Januar 2011

 

Ein Film mit dem Titel „Shaft“ trägt nicht nur einen großen Namen, sondern auch eine gehörige Portion Filmgeschichte und soziale Bedeutung auf seinen Schultern. Der Original-„Shaft“ von 1971 war der erste große Polizeifilm mit einem charismatischen, farbigen Hauptcharakter und einem beinahe ausschließlich schwarzen Ensemble. Als DER Film, auf den die schwarze amerikanische Minderheit nur gewartet zu haben schien, begründete „Shaft“ das sogenannte „Blaxploitation“-Genre, welches eine Reihe von ähnlich gelagerten, auf eine schwarze Zielgruppe zugeschnittenen Actionfilmen sowie zwei Fortsetzungen des Originals ( „Shaft’s Big Score“, „Shaft in Africa“) nach sich zog. Richard Roundtree wurde in der Rolle des John Shaft zu einer Ikone der schwarzen Bevölkerung, verlieh dieser neues Selbstbewußtsein und machte sie endgültig zu einem ernstzunehmenden Faktor für Hollywood. Die daraus resultierenden großen Erwartungen kann John Singletons Neuverfilmung leider nicht erfüllen.

Es gibt vor allem zwei Gründe, sich diesen Film anzusehen: Erstens das damals Oscar-gekrönte und auch nach knapp 30 Jahren immer noch unglaublich geniale und coole „Shaft“-Titelthema von Isaac Hayes, welches sich durch den gesamten Film zieht. Allein die Opening Credits sind wie ein Musikvideoclip inszeniert und rücken Shaft mit Lederjacke und Sonnenbrille gekonnt in Szene. Und zweitens natürlich Samuel L. Jackson als eben dieser John Shaft, der von Beginn an klar macht, daß niemand anderes diese Rolle hätte spielen können. Genau wie damals Richard Roundtree ist auch Samuel L. Jackson ganz klar die Idealbesetzung für den coolen Frauenhelden mit den markigen Sprüchen. Niemand stiehlt ihm hier die Show, und wenn er sein breites Grinsen aufsetzt, kann dem Cop, der sich so ungern an Regeln hält, keiner mehr wirklich böse sein.

Der Fall, in den Detective Shaft gleich zu Beginn des Filmes verwickelt wird, entwickelt sich eher unspektakulär. Vor einer Bar wird ein junger, farbiger Mann schwerverletzt aufgefunden, der kurz darauf stirbt. Der mutmaßliche Täter ist schnell gefunden: Walter Wade (Christian Bale) befindet sich noch in der Bar und stellt sich nicht nur als Sohn eines schwerreichen weißen Geschäftsmannes heraus, sondern auch als menschenverachtender, gewalttätiger Rassist.
Die einzige Augenzeugin jedoch verschwindet, Wade kommt gegen Kaution frei und setzt sich erst einmal in die Schweiz ab. Erst zwei Jahre später kehrt er plötzlich zurück und wird sofort von John Shaft in Empfang genommen, der diesen Fall unbedingt abschließen möchte. Als Wade jedoch erneut gegen Kaution freikommt, quittiert Shaft seinen Polizeidienst und ermittelt auf seine Weise...

Im Laufe der Handlung vermischen sich zwei eigentlich unabhängige Fälle, als Wade den ebenfalls von Shaft kurzzeitig festgesetzten Drogendealer Peoples Hernandez und dessen Gang für seine Zwecke einspannt. Danach nimmt die Geschichte allerdings einen ziemlich vorhersehbaren Verlauf und kann nicht weiter überraschen.
Nun sollte man erwarten, daß „Shaft“ von vornherein nicht auf eine originelle Handlung setzt, sondern eher versucht, Atmosphäre und das besondere Feeling des Originals einzufangen oder zeitgemäß zu interpretieren. Davon ist jedoch wenig zu spüren. Während der Original-„Shaft“ ganz konkret gegen schwarze Nationalisten, weiße Mafiosi und organisierte Korruption antrat, fehlen der Neuverfilmung solche Grundsatzthemen. Es gibt zwar korrupte „kleine Fische“ und der Bösewicht ist ein rassistischer Weißer, aber dieses wird eigentlich nie herausgestellt und zum Thema gemacht. Die Probleme eines farbigen Polizisten in seinem Viertel („Too black for the uniform, too blue for the brothers“) werden nur kurz angerissen. Und obwohl Shaft natürlich immer cool und locker drauf ist, darf er nicht mal seine Rolle als „Ladies Man“ und „Bad Ass“ richtig ausleben. Ein oder zwei nette Sprüche und das wars. Die Bräute schleppt anscheinend immer noch John Shaft senior ab (Richard Roundtree in einer netten Gastrolle als „Onkel“). Deutlich übertreffen kann der Film seine Vorgänger allerdings im Punkt Gewalttätigkeit: Im letzten Drittel wird geballert und getötet, daß es eine Freude (oder auch nicht) ist. Und einige schöne Action-Stunts erfreuen das Auge. Ob man damit aber fehlende Charaktertiefe ausgleichen kann, ist zu bezweifeln.

Neben dem überragenden Samuel L. Jackson verblassen natürlich die weiteren Darsteller: Christian Bale spielt überzeugend einen kaltherzigen, weißen Psychopathen, was allerdings stark als Trainingsrunde für seine Rolle in „American Psycho“ anmaßt. Jeffrey Wright gibt einen überzeugenden, aber arg klischeehaften Hispano-Drogendealer. Toni Colette, als gesuchte Augenzeugin der eigentliche Handlungsaufhänger, darf nur eingeschüchtert und verschreckt rumstehen und bleibt damit ähnlich blaß wie schon in „The Sixth Sense“, was ihr aber immerhin eine unverständliche Oscar-Nominierung einbrachte. Die Gaststars aus der Musikbranche – Vanessa Williams und Busta Rhymes – sind als Shafts Assistenten auch nicht viel mehr als Stichwortgeber. Insbesondere bei der Besetzung von Busta Rhymes, der ja in seinen Musikvideos sehr vielseitig auftritt, hätte man mehr erwarten können.
„Shaft“ ist daher nur ein durchschnittlich guter Actionfilm, der eigentlich auch irgend einen anderen Titel tragen könnte, da er den speziellen Qualitäten und Besonderheiten seines Vorbildes und Namensvetters kaum gerecht wird. Aber die Musik ist geil! 
 
 
Bilder: Copyright

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