Shadow of the Vampire

Originaltitel
Shadow of the Vampire
Land
Jahr
2000
Laufzeit
90 min
Release Date
Bewertung
6
6/10
von Simon Staake / 18. März 2011

Gäbe es einen Preis für Obskurität zu gewinnen, "Shadow of the Vampire" hätte alle Chancen darauf. Kaum ein Film kommt so konfus, so verzettelt und schlichtweg seltsam daher wie dieser. Dabei beginnt der Film recht geradlinig als Semi-Biographie von einem der

Immer schön zudecken: John Malkovich als Murnau
wird umsorgt von seinem Produzenten, dem
allgegenwärtigen Udo Kier als Albin Grau.

Meisterregisseure des deutschen Expressionistischen Films, Friedrich Wilhelm Murnau.

Murnau (John Malkovich), ein so exzentrisches wie fanatisches Genie, will unter den Augen seines Produzenten Albin Grau (Udo Kier) sein Meisterwerk drehen: Eine Dracula-Adaption namens "Nosferatu", in der der Vampir Graf Orlock sein Unwesen treibt. Mit seiner kleinen Crew bricht Murnau in die damalige Tschechoslowakei auf, um dort seinen Titelstar zu treffen, einen in der Filmwelt völlig Unbekannten namens Max Schreck (Willem Dafoe). "Er wird nur in vollem Kostüm und Make Up antreten und möchte nur mit seinem Rollennamen angesprochen werden" erklärt Murnau den verdutzten Beteiligten. Als sie Schreck erstmals leibhaftig begegnen, wird aus Verdutzen pure Verstörung, besonders bei seinem ständigen

"Ich hab dich zum fressen gern!" Graf Schreck freut sich
schon auf sein Festmahl mit Greta (Catherine McCormack).

Bühnenpartner Gustav von Wanngerheim (Eddie Izzard). Zu echt wirken Schrecks bleiches Gesicht mit den rattenartigen Zähnen, seine langen Fingernägel und sein leichenstarrer Blick. Schreck, so scheint es, treibt das Prinzip des Method Actings auf die Spitze: Seine Gruft verlässt er nur bei Nacht, zu trinken gibt es Fledermausblut und auf Regieanweisungen reagiert er vornehmlich mit Grunzlauten. Die Wahrheit ist natürlich erschreckend einfach: Schreck ist ein richtiger Vampir, der mit Murnau einen faustianischen Pakt geschlossen hat: Als Gegenleistung für seine atemberaubend realistische Darstellung, darf er in der Schlußszene des Films Hauptdarstellerin Greta Schröder (Catherine McCormack) zur Ader lassen...

Was passiert, wenn ein Film zwar eine interessante und faszinierende Idee als Ursprung hat, diese sich aber kaum adäquat umsetzen lässt? Man bekommt einen Film wie "Shadow of the Vampire", dessen Grundidee zu seiner größten Schwäche wird. Die Idee, daß Schreck ein wirklicher Vampir war ist ohne Zweifel ein interessantes Gedankenspiel.

Begnadete Vorstellung: Willem Dafoe als
Max Schreck, zurecht für den Oscar nominiert.

Und mit Willem Dafoe hat man einen Schauspieler gefunden, der eine perfekte Max Schreck-Kopie liefert. Scheitern tut dieser Film an seinen inhärenten Schwächen, die Drehbuchschreiber und Regisseur geflissentlich ignoriert haben: Als ernsthaftes Drama oder Horrorfilm kann "Shadow of the Vampire" nicht funktionieren. Die Liste von Faktoren, die dies verhindern ist lang: Zum Beispiel wirkt das von Eddie Izzard als Schrecks Bühnenpartner genau reproduzierte Schauspiel der Zeit mit dem übertriebenen Make Up, dem camp acting und der inneliegenden Theatralik kontraproduktiv zum Schrecken, den Schrecks Mimiken und Gestiken verbreiten sollen, diese verpuffen weitestgehend wirkungslos. Noch wesentlich schlimmer: In vielen Szenen wirkt nichts an diesem Vampir erschreckend oder furchterregend sondern einfach nur lächerlich, etwa wenn Schreck vor Nervosität und Vorfreude wild mit seinen Fingernägeln schwingend hin- und herwackelt. Das größte Problem aber ist das Grundwissen des Zuschauers. Daß er um die wahre Identität des Vampirs weiß sorgt für Szenen voller (unfreiwilliger) Komik, etwa als der Regisseur verkündet, daß es vier Uhr und damit Drehschluß sei, und Schreck, der zuvor wie tot auf dem Boden liegt wie vom Hafer gestochen aufspringt und entsetzt schreit "Vier Uhr?".

Offensichtlich entschloß man sich dann, den so offensichtlichen und kaum zu verbergenden humoristischen Aspekt noch weiter zu betonen, um aus der Not eine Tugend zu machen. So schreit dann Murnau Schreck an "Wie kannst Du meinen Kameramann zerstören! Warum hast Du nicht, ähm, die Drehbuchassistentin genommen?" und Schreck mit süffisantem Grinsen nachdenkt: "Die Drehbuchassistentin? Die esse ich später." Das Groteske dieser Situation, in der Murnau und Schreck darum feilschen, welcher Teil der

Und gleich macht er einen Hund: Graf Schreck übt
in den Drehpausen lustige Schattenspiele.

Crew entbehrlich ist und angeknabbert werden darf, ist für sich genommen herrlich komisch und wahnsinnig unterhaltsam. Dem Film aber schadet sie eher als das sie nützt. Spätestens wenn dann ausgerechnet "Hot Shot"-Cary Elwes gnadenlos chargierend als Ersatzkameramann Fritz Wagner auftaucht, der sich wie eine Comicfigur aus den Pulpheften der Dreißiger gebärdet, wirft der Film jeglichen Anspruch auf Glaubwürdigkeit und Ernsthaftigkeit über Bord. Das Abgleiten in unfreiwillige Selbstparodie verträgt sich dann allerdings überhaupt nicht mit dem recht bösen und gewalttätigen Ende des Films.

Dementsprechend steht man "Shadow of the Vampire" denn auch reichlich ratlos gegenüber. Was erwartet dieser zutiefst seltsame Film von uns? Lachen? Weinen? Fürchten? Den Film als großartige Kasperei genießen, als Leslie Nielsens Draculafilmchen ohne Leslie Nielsen? Den in der zweiten Hälfte des Films völlig vergessenen Aspekt, daß zuviel Ehrgeiz und Besessenheit ins Verderben führt, als roten Faden nehmen und sich dann wundern, daß Malkovichs Figur im Grunde null ausgearbeitet ist? Oder die eigenen Ansprüche senken und diesen Film einfach als das genießen, was er ist - eine unausgegorene Obskurität mit unfreiwillig hohem Spaßfaktor. Der Rezensent tendiert ganz eindeutig zu letzterem. Denn trotz aller genannten Kritikpunkte ist "Shadow of the Vampire" immer noch bessere und auch intelligentere Unterhaltung als die Unmengen an Schrott, die Hollywood gemeinhin so verzapft. Und auch die Meriten des Films sind nicht zu vergessen: Die Ausstattung ist großartig, Dafoes Präsenz beeindruckend und der Film gerade in seiner Zerrissenheit interessant.
Man kann und sollte "Shadow of the Vampire" als das nehmen, was er ist und letztendlich nur sein kann, also als teilweise grandios komische Unterhaltung genießen. Daß er damit sein eigenes Ziel und seinen eigenen Anspruch um Meilen verfehlt, ist offensichtlich und bedauerlich. Aber es gibt Trost: Selten hat ein Film im nahezu völligen Scheitern so viel Spaß gemacht.

Bilder: Copyright

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Klartext

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Website- und E-Mail-Adressen werden automatisch in Links umgewandelt.
CAPTCHA
Diese Aufgabe prüft, ob du menschlich bist um Bots zu verhindern.