Ran an die Braut

Originaltitel
Get over it!
Land
Jahr
2001
Laufzeit
87 min
Release Date
Bewertung
3
3/10
von Frank-Michael Helmke / 17. Januar 2011

Es gibt prinzipiell zwei Sorten von Teenie-Komödie: Die einen lehnen sich an die groben Regeln der RomCom an, umkreisen das gerade in diesem Alter so beliebte Thema der (ersten großen) Liebe und erweisen sich vor allem deshalb als erfolgreich, weil sie den frustrierten und von Herzschmerz geplagten Zahnspangenträgern eine Welt vorgaukeln, in der die nettesten Jungs die liebevollsten Mädels abkriegen und dabei auch noch alle verteufelt gut aussehen. Etwa so wie

"Wie konnten wir nur in diesen Film geraten?" Ben
Foster, Colin Hanks und Sisqo sind recht ratlos.

"Eine wie keine". Die anderen verzichten größtenteils auf Dinge wie Handlung oder Romantik und machen lieber nonstop absurde Scherze, die in letzter Zeit verstärkt Richtung Fäkalhumor tendieren. Siehe "American Pie" oder "Road Trip". Von beiden Sorten gibt es sicherlich durchaus passable Vertreter. Was passiert, wenn man beide Ansätze zu mischen versucht, lässt sich nun in "Ran an die Braut!" beobachten, und das Ergebnis ist mehr als ernüchternd.

Ein besonderes Beileid an dieser Stelle für Lee Fleming jr., den Drehbuchautor dieses Films, denn er wird wahrscheinlich die Hauptschuld zugeschoben bekommen. Dabei ist er in Wirklichkeit noch einigermaßen unschuldig. Die Entstehungsgeschichte dieses Films lässt sich, wenn man fleißig zwischen den Zeilen der Produktionsnotizen liest, kurz so zusammenfassen: Fleming hatte das Drehbuch für den recht erfolgreichen "Eine wie keine" geschrieben und hatte aus College-Tagen noch ein Skript in der Schublade, das wohl in die selbe Kerbe haute. Halt noch eine nette, wenn auch belanglose Teenie-Romanze:

Gute Miene zum bösen Spiel: Kirsten Dunst macht das
Beste aus dieser Katastrophe und hat wenigstens Spaß.

Der leicht trampelige Berke (Talentfreie Zone: Ben Foster) wird nach eineinhalb Jahren von seiner ersten Freundin, dem Top-Schuss Allison (hübsch und nichtssagend: Melissa Sagemiller), verlassen und weint ihr wehleidig hinterher. Um sie wieder zurück zu erobern, macht er beim selben Schultheater-Projekt wie sie und ihr neuer Macker (Shane West als Boygroup-Mitglied auf Schüleraustausch) mit, und wird dafür künstlerisch gecoacht von der kleinen Schwester Kelly (einziger Lichtblick: Kirsten Dunst) seines besten Kumpels, die ihn mehr als nur ein bißchen leiden kann.
Harvey Weinstein, seines Zeichens großer Boss bei Miramax, überflog so das Konzept und warf mal schnell in die Runde, daß da irgendwie Shakespeare rein müsste (schließlich hatte sich "Zehn Dinge, die ich an dir hasse" ja auch gut verkauft). Also setzt sich Fleming wieder an die Schreibmaschine und bastelt ein wenig halbherzig des großen William's "Ein Sommernachtstraum" in die Handlung, auch wenn er sich schon arg strecken muß, um auch nur ansatzweise Ähnlichkeiten zwischen dem Plot von Film und Stück zu finden. Spontan wie er halt so ist, engagiert Weinstein dann auf dem Sundance Festival den jungen Regisseur Tommy O'Haver für die Realisierung des Projekts, der allerdings grundlegend andere Vorstellungen als Fleming hat, wie der Film eigentlich aussehen soll. Da muß doch viel mehr Slapstick-Humor rein, so blöde Witze á la "American Pie", das wollen die Teenies sehen!

Unschön: Berke muß zusehen, wie seine
heißgeliebte Allison (Melissa Sagemiller) mit
dem Schnösel Striker (Shane West) turtelt.

Ungefähr an diesem Punkt hat Fleming wahrscheinlich klammheimlich den Mittelfinger hinter vorgehaltener Hand ausgestreckt und seinem Buch leise Servus gesagt. Denn die nette, aber belanglose Teenie-Romanze, die "Ran an die Braut!" mal hätte werden sollen oder können, verwandelte sich dank O'Haver in einen Film, der von aufgesetztem Unsinn hoffnungslos zerstückelt wird und so nicht nur jegliche Glaubwürdigkeit, sondern auch Komik vermissen lässt. Mit traumwandlerischer Sicherheit zerstört der Regisseur jeden Ansatz einer funktionierenden "Wie kriegen sie sich jetzt?"-Handlung und findet unter Garantie in jeder Szene die blödeste Pointe.
Da taucht dann z.B. ein paar Mal der allseits beliebte Köter auf, der einfach alles begatten muß, Blumentopf, Basketball und Hosenbein. Ist dieser völlig ausgelutschte Gag noch witzig? Nein. Hat er hier irgendwas zu suchen? Nein. Warum ist er dann in diesem Film? Gute Frage. Nächste Frage: Worin besteht der Sinn einer Szene, in der unser tragischer Held Berke von seinen Freunden in einen Stripclub geschleppt wird, dort dann in einer Hängevorrichtung festgeschnallt wird und als einziger im Raum zurück bleibt, als die Polizei den Laden sprengt (??), um Alterskontrollen durchzuführen?

Der war auch schon mal komischer: Martin
Short kaspert als Regisseur durch die Gegend

Zumindest ist dieser Mumpitz Ausrede genug, um Carmen Electra für geschlagene vier Sekunden im Domina-Kostüm über die Bühne stöckeln zu lassen und ihren Namen dann auch gleich an prominenter Stelle auf dem Filmplakat unterzubringen.

Es stellen sich weitere Fragen: Wie kommt es, daß Profi-Kasper Martin Short in manchen Filmen zum Brüllen komisch ist (z.B. als Hochzeitsorganisator in "Vater der Braut"), anderswo aber, wie hier als selbstverliebter Schultheater-Regisseur, nicht mehr auf die Reihe bekommt als blöde Grimassen? Warum hat man das Gefühl, daß sich niemand die Mühe gemacht hat, das wirklich grauslich adaptierte Shakespeare-Stück überhaupt zu Ende zu lesen (weshalb wohl auch die Aufführung selbst einen unkorrekten Schluß findet)? Wer kann tatsächlich glauben, er könne seinem Publikum ein hochnäsiges britisches Boygroup-Mitglied als Austausch-Schüler verkaufen? Wie lange muß die wundervolle Kirsten Dunst ihr schillerndes Talent noch in Schrott wie diesem verheizen? Und seit wann produziert das einstmals so vielversprechende Independent-Juwel Miramax eigentlich solch geistlose Stangenware, die im Genre-internen Vergleich noch nicht einmal das H&M-Niveau von gescheiterten Filmen wie "Drive me crazy" erreicht?
Die Antworten bleibt uns "Ran an die Braut!" schuldig. Genauso schuldig wie das Gefühl der Befriedigung, das eine stimmige Film-Romanze oder eine gute Slapstick-Komödie vermittelt. Denn dieser Film versagt in beiden Fällen.


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