Wenn man über diesen Film spricht, kommt man ohne Superlative einfach nicht aus. "Prinzessin Mononoke" war zum Zeitpunkt seines Entstehens nicht nur der mit Abstand aufwendigste und kostspieligste Animationsfilm Japans, sondern wurde in seiner Heimat auch prompt zum kommerziell erfolgreichsten Film aller Zeiten, zumindest bis die "Titanic" das Inselreich ansteuerte. Da hier aber auch jenseits aller derart bezifferbaren Rekorde ein absolutes Ausnahmewerk zu preisen ist, erscheint der bereits mehrfach angekündigte und ebenso häufig wieder verschobene Deutschlandstart dieses berauschenden Fantasy-Epos mehr als überfällig.
Die Geschichte spielt im alten Japan, zu einer Zeit, in der das Land von dichten Wäldern bedeckt war und die Tiergötter noch auf Erden weilten. Als der junge Ashitaka ein Monster tötet, das sein Dorf attackiert hatte, stellt sich heraus, daß es sich bei dem Angreifer um einen riesigen Eber handelt, der offenbar mit einem Fluch belegt war. Da sich Ashitaka bei der Auseinandersetzung mit der Krankheit des Tieres infiziert zu haben scheint, verläßt er seine Heimat, um ein Heilmittel zu finden. Seine Reise führt ihn zu einer Siedlung, deren Arbeiter unter der Leitung ihrer Anführerin Lady Eboshi die Wälder abholzen und in den Bergen nach Eisenerz schürfen. Die Bewohner des Waldes, insbesondere die Wolfsgöttin Moro und ihre menschliche Adoptivtochter San, leisten jedoch erbitterten Widerstand gegen die Zerstörung ihres Lebensraumes, und Ashitaka findet sich plötzlich zwischen den Fronten eines Krieges, bei dem es letztendlich nur Verlierer geben kann...
Dem von seinen zahlreichen Bewunderern schon beinahe gottgleich verehrten Altmeister des japanischen Zeichentricks Hayao Miyazaki ist es ernst mit dem Thema seines Films. Der Konflikt zwischen Mensch und Natur dient hier keineswegs nur als politisch korrektes Alibi, um guten Gewissens möglichst viele Stofftiere und Lunch-Boxes verkaufen zu können. "Prinzessin Mononoke" entwickelt seine durchaus komplexe Geschichte ohne peinlichen Öko-Kitsch und geht dementsprechend auch nicht so schematisch vor, einfach die fiesen, skrupellosen Menschen den niedlichen, herzensguten Tieren gegenüberzustellen. Stattdessen findet man hier auf beiden Seiten differenzierte Charaktere, deren Motivation durchgängig nachvollziehbar bleibt. Man spürt jederzeit die tiefe Zuneigung, die Miyazaki all seinen Figuren entgegenbringt, so wie der ganze Film in seinen besten Momenten - und das sind nicht gerade wenige - fast schon spirituell zu nennende Qualitäten aufweist.
Der inhaltliche Reichtum von "Prinzessin Mononoke" droht beim ersten Sehen allerdings fast von seiner visuellen Pracht überstrahlt zu werden, denn die Poesie und Detailversessenheit, mit der die in diesem Film dargestellte Welt dem Zuschauer präsentiert wird, ist stellenweise ebenso atemberaubend wie die Kinetik der Kampfszenen, mit der die meisten Realfilme des Actiongenres kaum mithalten können. Überhaupt ist die Animation mit ihren absolut flüssigen Bewegungsabläufen in ihrer gesamten Inszenierung, bei der nur gelegentlich und ohne erkennbare stilistische Brüche auf Computerunterstützung zurückgegriffen wurde, von allerhöchster Qualität und setzt nicht nur im Anime-Bereich Maßstäbe. Unbedingt erwähnenswert ist auch der majestätische aber keineswegs erschlagende Score von Joe Hisaishi, der sich hierzulande besonders als Stammkomponist Takeshi Kitanos einen Namen machen konnte. Seine Musik ist das i-Tüpfelchen auf einem Film, der mit seinen betörend schönen Landschaften und seinen fantastischen Kreaturen selbst dem erwachsenen Betrachter wieder ein kindliches Staunen ermöglichen kann.
Auch wenn vielen westlichen Zuschauern das eine oder andere Detail zunächst etwas fremdartig erscheinen mag und der Schluß des Films - ähnlich wie bei "Akira" knapp zehn Jahre zuvor - in puncto Bombast und Reizüberflutung den Bogen beinahe überspannt: "Prinzessin Mononoke" ist ein in jeder Hinsicht gewaltiges Fantasy-Märchen, eine wahre Sternstunde des Animationsfilms und ganz einfach großes Kino, dem man nur wünschen kann, daß es auch jenseits der Anime-Spezialisten den ihm gebührenden Zuspruch finden wird.
Originaltitel
Mononoke Hime
Land
Jahr
1997
Laufzeit
133 min
Regie
Release Date
Bewertung
Bilder: Copyright
Miramax
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