Es gibt zwei Arten von Film, die die Welt eigentlich nicht mehr braucht. Teenie-Klamotten, deren große Zeit mit "American Pie" begann wie auch endete, und Schnulzen. Doch wenn es einem Film gelingt, die beiden Genres zueinander zu führen und dabei die Klamotte zu streichen und aus der Schnulze einen streckenweise wirklich bezaubernden romantischen Beitrag zu formen, dann darf man schon mal genauer hinschauen. Im Falle von "Nick und Norah - Soundtrack einer Nacht" lohnt sich das.
Nick (Michael Cera, "Juno", "Superbad") ist Bassist in einer Band namens "The Jerk Offs" und steht vor dem Ende der High School. Definitiv beendet ist die Beziehung zu seiner Ex Tris (Alexis Dziena), was er allerdings nicht so recht wahr haben möchte, und so stellt er ihr weiterhin Mix-CDs mit seiner eigenen Musik zusammen. Norah (Kat Dennings) ist die Tochter eines mächtigen Musik-Produzenten, steht vor der Entscheidung, aufs College zu gehen oder eine Arbeit anzunehmen, und ist zufällig so etwas wie die Erzfeindin von Nicks Ex Tris. Die Mix-CDs, die diese mit spöttischen Kommentaren in den Müll wandern lässt, fischt Norah wieder raus. Ohne zu wissen, wer der Künstler ist, sieht sie in ihm eine verwandte Seele.
Eines Nachts landet Norah auf einem Gig der "Jerk Offs". Tris, in Begleitung eines neuen Freundes, ist ebenfalls anwesend. Um ihr zu zeigen, dass sie bei den Jungs ebenfalls ankommt, schnappt sich Norah den erstbesten Typen, bittet ihn darum, mitzuspielen, und küsst ihn - natürlich ist dies Nick. Es ist der Beginn einer langen und einmaligen Nacht in New York. Einer Nacht, in der sich Nick und Norah gemeinsam auf die Suche nach einem Geheim-Auftritt ihrer gemeinsamen Lieblings-Band begeben. Einer Nacht voller Annäherungen und Zurückweisungen, voller Ängste und Erwartungen. Eine dieser ganz besonderen Nächte im Leben eines Teenagers eben.
"Nick und Norah" ist ein Film über die Liebe; da muss man sich nichts vormachen. Vielleicht sogar die erste große Liebe. Zwei junge Menschen legen einen regelrechten Blitz-Start hin, merken im Verlauf der Nacht jedoch, dass die Vorstellungen, die man von dem anderen hatte (gerade was die Vorstellungen von Norah bezüglich Nick betrifft), irgendwie nicht dem Bild entsprechen, das sich von dieser Person nun zeichnet. Die erste gemeinsame Fahrt in Nicks sympathischer Schrottkarre macht dies gleich schmerzlich deutlich. Das Gespräch wirkt gequält, die versuchten Witze veranlassen den anderen, die Augen zu verdrehen. Nur wir, die Zuschauer, wissen es natürlich besser. Wir kennen sie bereits ein paar Minuten länger und haben sie sehr schnell ins Herz geschlossen. Wir wissen, dass sie zueinander passen, und sehen, dass die Versuche, beim anderen Sympathien zu wecken, zu bemüht sind, und gerade deshalb misslingen.
Nach kurzer Zeit ist diese Fahrt beendet. Norah verlässt das Auto im Streit und die Romanze scheint beendet, bevor sie überhaupt in Gang kommen konnte. Doch erzählt wird parallel dazu auch eine zweite Geschichte. Die von Nicks schwulen Band-Kollegen, die die vollkommen betrunkene beste Freundin von Norah nach Hause bringen sollten - sie aber dabei verlieren. Und so raffen sich auch Nick und Norah wieder zusammen und begeben sich auf die Suche nach der vermissten Freundin. Es wird nicht das letzte unerwartete Hindernis bleiben, das der Suche nach dem geheimnisvollen Gig und dem Zusammenfinden von Nick und Norah im Wege steht. Irgendwie ist beides miteinander verknüpft und ineinander verwoben. Und die Nacht wird länger und länger.
Gelegentlich geht es auch sehr witzig zu, wenn auch manchmal auf recht niedrigem Niveau (Stichwort: Kaugummi). Der stimmungsvolle Indie-Rock-Soundtrack ist mehr als nur musikalische Untermalung, eher eine Art weiterer Charakter. Dazu offenbaren sich einige sehenswerte Bilder der nächtlichen pulsierenden Metropole New York.
Doch die Romanze zwischen Nick und Norah, hinreißend verkörpert von Michael Cera und Kat Dennings, bleibt das emotionale Zentrum des Films. Obwohl sich dieser stellenweise durch tolle Ideen von anderen Vertretern des Liebesfilms abhebt, so definiert er die Regeln des Genres nicht neu. Natürlich werden sich Nick und Norah irgendwann ein weiteres Mal küssen. Und es ist die beste Szene des Films. Es ist ein Kuss, der zu einem durchaus überraschenden Zeitpunkt kommt, aber dann mit Ankündigung, und das im wortwörtlichen Sinne. Zwischen Ankündigung und Ausführung verstreichen noch viele Sekunden, gefüllt mit schüchternen, nervösen, unsicheren, verstohlenen Blicken und ohne überflüssiges Gesülze. Es ist ein Moment charmanter Unschuld, und gleichwohl der vermutlich romantischste, gefühlvollste der jüngeren Genre-Geschichte. Selten genug, dass man sich in solchen Szenen nicht fremdschämt. Diese hier hat das Potential, zu Tränen zu rühren.
Dass ausgerechnet eine vermeintliche Teenie-Romanze herhalten muss, um dem romantischen Film mal wieder etwas Leben einzuhauchen, ist vielsagend. Andererseits ist "Nick und Norah" aber auch nicht wirklich ein Teenie-Film. Die Heranwachsenden mögen im Blickpunkt der Betrachtung stehen, doch atmet diese Love-Story eher den Geist von "Juno", ohne natürlich insgesamt dessen Qualität zu erreichen. So ist auch anzunehmen, dass "Nick und Norah" sein Publikum weniger im durchschnittlichen "Twilight"-Zuschauer findet, sondern eher die Zielgruppe der jungen Erwachsenen avisiert. Reifer als der handelsübliche Hollywood-Film ist dieser märchenhafte kleine Genre-Tipp allemal.
Neuen Kommentar hinzufügen