My Name is Khan

Originaltitel
My Name is Khan
Land
Jahr
2009
Laufzeit
162 min
Genre
Regie
Release Date
Bewertung
7
7/10
von Volker Robrahn / 6. Juni 2010

 

Rizvan Khan (Shah Rukh Khan), ein scheuer indischer Moslem, meistert sein Leben trotz einer großen Benachteiligung: Khan leidet am Asperger-Syndrom, einer milden Form von Autismus. Doch gerade mit seiner daraus resultierenden, offenen und direkten Art gelingt es ihm das Herz seiner Angebeteten Mandira (Kajol) zu gewinnen. Beide leben Ende der 90er Jahre in San Francisco und bauen sich dort eine Existenz mit Kind und Freunden auf. Doch das Ansehen und die Akzeptanz der moslemischen Familie erfahren nach den Ereignissen eines bestimmten Tages im September 2001 eine radikale Veränderung, die schließlich in einer Tragödie mündet. In einem Moment der Wut empfiehlt Khans Ehefrau ihm, doch am Besten dem Präsidenten selbst mal zu sagen, dass es sich bei ihnen nur um friedfertige und ungefährliche Bürger handelt. Wie so vieles nimmt der trauernde Khan auch diese Aufforderung absolut wörtlich und macht sich auf eine Reise quer durch die USA. Den Menschen, denen er unterwegs begegnet, stellt er sich mit den Worten vor "Mein Name ist Khan und ich bin kein Terrorist".

Es ist ja nicht so, dass Indiens Superstar Shah Rukh Khan sich unbedingt erst noch in der westlichen Welt bekannt machen müsste. Denn auch dort hat der charismatische Schauspieler schließlich schon seit Jahren eine treue, vor allem aus jungen weiblichen Fans bestehende Fangemeinde. "My Name is Khan" von Regisseur Karan Johar ("Sometimes Happy, Sometimes Sad - In guten, wie in schlechten Tagen") ist nun aber der Versuch eines Brückenschlags zwischen den beiden doch sehr unterschiedlichen Filmkulturen.
Einige typische Elemente des Bollywood-Kinos werden beibehalten, auf andere ansonsten feste Bestandteile wird jedoch verzichtet. Was wir weiterhin geboten bekommen und die erste Hälfte des Films einnimmt, ist die kitschige und oft wenig realistische Liebesgeschichte zwischen dem unbeholfenen und mental benachteiligten Khan und seiner wunderschönen Traumfrau Mandira. Da wird zunächst in Sonnenaufgängen geschwelgt und die bunten Kleider flattern im Sommerwind, dass es nur so eine Freude ist. All dies allerdings - und darüber wird die klassische Bollywood-Klientel zweifellos ein wenig enttäuscht sein - ohne die sonst üblichen Tanz- und Gesangsnummern. Was aber ein absolut notwendiger Verzicht ist, denn andernfalls wäre der Kontrast zum im späteren Verlauf folgenden Drama so gewaltig, dass die Sache keinesfalls mehr funktionieren würde.
Selbst so bleibt dieser radikale Schnitt allerdings eine Gratwanderung und eine äußerst gewagte emotionale Achterbahnfahrt. Schließlich verfolgt Khan für den Rest der Laufzeit den nur von ihm als seine Pflicht empfundenen Auftrag dann mit einer Konsequenz, die ans Absurde grenzt und nur dank des Hilfsmittels der ihm vom Drehbuch zugewiesenen "Krankheit" überhaupt in Ansätzen nachvollziehbar bleibt.

Eben dieses Drehbuch will es auch so, dass der unkonventionell agierende Moslem mit seinen Taten und Worten die Welt verändert, zumindest in Maßen, die mehrere landesweite Fernsehübertragungen zur Folge haben. Er hilft ganz nebenbei Flutopfern und verkündet bei jeder Gelegenheit seine "Ich bin kein Terrorist"- Botschaft, bis sich schließlich keiner mehr der schlichten Herzenswärme dieses Menschen verschließen kann - weder die Filmcharaktere noch wohl auf Dauer der Zuschauer. Wobei es jedem Einzelnen natürlich freigestellt bleibt, ob er sich von der hier gezeigten, ganz zweifellos höchst naiven Hymne an die Menschlichkeit einfangen lässt oder ihr den "Unerträglicher Kitsch"-Stempel aufdrückt.
Eines kann man den Filmemachern aber kaum absprechen: Den Mut, sich dieser Häme bewusst auszusetzen, indem man sich einfach weigert irgendeine Art ironischer Brechung zuzulassen, sondern stattdessen diese Geschichte mit absolutem Ernst bis zum pathetischen Ende erzählt. Es ist die Entscheidung, sich zwar westlicher Erzählweisen zu bedienen, sich dabei aber eben nicht so weit dem dort vorherrschenden Publikumsgeschmack anzubiedern, dass man gleich auf alles verzichtet, was das Bollywood-Kino nun einmal ausmacht. Das ist zweifellos gewöhnungsbedürftig und es kann auch durchaus passieren, dass dieser "Hybrid" dann letztendlich beide Publikumsgruppen vertreibt, weil er für die einen eine viel zu ernste und politische Geschichte erzählt, diese für die anderen aber wiederum deutlich zu übertrieben und simpel präsentiert. Dies ist definitiv kein Film für Zyniker (oder eben gerade für diese ein gefundenes Fressen).

In gewisser Weise also ein Film wie noch keiner war, auch nicht in der Karriere von Shah Rukh Khan. Der meistert vor allem die Herausforderung, die "Behinderung" seiner Figur angemessen und würdevoll umzusetzen, auf beeindruckende Weise und liefert hier zweifellos eine hervorragende Leistung ab. Auch seine Partnerin Kajol, die bereits mehrfach mit Khan zusammen gearbeitet und für diesen Film ihre mehrjährige Auszeit vom Filmgeschäft unterbrochen hat, kann überzeugen und bezaubern, hat aber leider in der zweiten Filmhälfte dann nur noch wenig zu tun.
Einen wesentlichen Makel der Produktion, nämlich den zu ausführlichen Beginn und den sich im letzten Drittel in viel zu weit ausufernde Nebenstränge verlierenden Plot hat Regisseur Johar offensichtlich erkannt und nachträglich korrigiert, denn der ursprünglich 162 Minuten lange Film wurde kurz vor dem Europa-Start noch einmal umgeschnitten und kommt hier nun in einer neuen Fassung in die meisten Kinos. Allerdings ist eine Straffung um fast eine Stunde natürlich ein ganz massiver Eingriff und dann wohl doch ein Zugeständnis and die hiesigen Sehgewohnheiten, auch wenn diese Kürzung immerhin vom verantwortlichen Kreativen persönlich vorgenommen wurde. Daher sei darauf hingewiesen, dass dieser Rezension die ursprüngliche und längere Fassung zugrunde liegt.

Bilder: Copyright

6
6/10

Zwiespältige Veranstaltung, und wenn es einem nicht gelingt die "westlichen Sehgewohnheiten" mal abzustellen in seiner Naivität kaum zu ertragender Kitsch.
Aber irgendwie wirkt das alles "aufrecht" und genau so gemeint wie gezeigt, daher allemal interessant.

Herrn Khans Darstellung der Behinderung fand ich allerdings nicht so überteugend, bisschen Kopf schief halten und Gestotter ist für mich keine große Schauspielkunst.

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