Moonrise Kingdom

Originaltitel
Moonrise Kingdom
Land
Jahr
2012
Laufzeit
94 min
Regie
Release Date
Bewertung
7
7/10
von Simon Staake / 22. Mai 2012

Nicht alles ist in bester Ordnung im Pfadfindercamp Ivanhoe auf der kleinen Insel New Penzance vor der Küste Neuenglands im Jahre 1965: Oberpfadfinder Randy Weiss (Edward Norton) muss feststellen, dass ein Mitglied seines Pfadfindertrupps fehlt. karteSam Shandusky (Jared Gillman), unbeliebter Sonderling der Truppe, hat sich aus dem Staub gemacht. Fast zeitgleich stellt das kriselnde Anwaltsehepaar Bishop (Frances McDormand und Bill Murray) fest, dass Tochter Suzy (Kara Hayward) ebenfalls nicht aufzufinden ist. Die beiden 12-Jährigen haben sich unbemerkt von den Erwachsenen ineinander verliebt und geplant miteinander wegzulaufen. Bald hat das junge Liebespaar auf der Flucht nicht nur Weiss und seinen Pfadfindertrupp auf den Fersen, sondern auch den Inselpolizisten Captain Sharp (Bruce Willis). Und zu allem Überfluss zieht noch ein gefährlicher Sturm über der Insel auf...

Innerhalb der ersten Sekunden ist klar: Dies ist ein klassischer Wes Anderson-Film. Wieder mal. Es ist alles sofort da: die bunten Farben, der Kitsch, der exzentrische Musikgeschmack, das gewollt Schrullige. Freude für jeden Fan, Achselzucken bei denen, die mit Andersons eigenwilligen Welten voller schräger Charaktere mit Familienproblemen noch nie etwas anfangen konnten. Also eigentlich Grund zur Freude für alle, denn die noch nicht Bekehrten werden es nicht mehr werden, und erst recht nicht durch „Moonrise Kingdom“, und alle Anderson-Fans – zu denen der Rezensent sich zählt – bekommen eine volle Dosis von dem, was sie lieb gewonnen haben.

Und doch darf und muss man sich jetzt wirklich fragen, ob es reicht, auf hohem Niveau zu stagnieren. Aufgeworfen wurde die Frage in der Filmszene-Rezension schon angesichts „The Darjeeling Limited“, mit dem herrlichen „Der fantastische Mr. Fox“ vertagte Anderson geschickt ein endgültiges Urteil, in dem er seine üblichen Topoi von Stop-Motion-animierten Tierpuppen bearbeiten ließ und somit Fortschritt bzw. Weiterentwicklung zumindest vortäuschte. „Nochmal genau dieselbe Geschichte, wieder vorgetragen von seinem Stamm-Ensemble, das konnte es nicht sein“ wurde damals geurteilt und wenn die Tierparabel dies umging, so folgt „Moonrise Kingdom“ genau dieser Prämisse. Alles so wie immer hier. suchtruppDass wir uns hier nicht falsch verstehen: Ein großer Spaß ist „Moonrise Kingdom“ allemal und seine Manierismen sind immer noch tausendmal besser als jede mediokre Hochglanzproduktion ohne eigenen Charakter. Aber dass Anderson hier wieder mal anhand von diversen neurotischen und schrulligen Figuren seine Besessenheit mit chaotischen Familienverhältnissen und abwesenden Eltern durchdekliniert? Das haben wir doch nun wirklich schon ein paar Mal gesehen, wie auch die Anwesenheit der alten „Rushmore“-Rivalen Bill Murray und Jason Schwartzman. Alter Wein in neuen Schläuchen? Wohl eher alter Wein in alten Schläuchen.

Es lässt sich kaum abstreiten, dass man auch als bekennender Fan mittlerweile sieht, was Anderson-Kritikern schon seit jeher auf den Geist geht: die etwas zu angestrengte Niedlichkeit, die überzogenen Marotten der Figuren. Auch hat Anderson hier mehr Mühe als sonst, seinen mit Roman Coppola erdachten bunten Vögeln Pathos abzuringen. Vielleicht liegt es daran, dass er hier tatsächlich Kinder in den Vordergrund stellt, anstatt der sonst für ihn üblichen neurotischen Erwachsenen, die sich wie Kinder verhalten.

An den jungen Darstellern und Debütanten Jared Gillman und Kara Hayward liegt es jedenfalls nicht, auch wenn Gillman als Sam natürlich (und gewollt) ein Stückchen zu altklug daherkommt und Hayward als Problemkind mit ihren durchdringenden Blicken posiert wie eine junge Lana Del Rey. Charmant sind die beiden allemal. Aber sie und auch das gesamte Pfadfinderschwadron sprechen und verhalten sich wie Andersons Erwachsenenfiguren, er schafft es nicht, ihnen eine kindliche Stimme zu geben, will er wohl auch gar nicht. Authentizität ist ja sowieso ein Merkmal, das sich auf Andersons Filme schlechtlings anwenden lässt, allerdings verdreht der Film durch seine angestrengte Schrulligkeit auch, was es tatsächlich heißt, kurz vorm Teenagealter unsterblich verliebt zu sein. Jedenfalls bleiben die emotional gedachten Momente im waldhier eher theoretischer Natur, so richtig rühren will einen das alles nicht.

Was bleibt ist der unabweislich hohe Spaßfaktor und große Unterhaltungswert des Ganzen. Ständig amüsiert einen eines der absurden Details, ein visueller Gag oder ein trocken-absurder Kommentar einer der Beteiligten. „Moonrise Kingdom“ mag ein schwächerer Anderson sein, ist damit aber immer noch ein ziemlich starker Film, dessen Charme man sich nur schwer entziehen kann. Und besonders den neuen Mitgliedern des Schauspielensembles sieht man ihren Spaß an der Teilnahme an, besonders Edward Norton und Bruce Willis sowie Tilda Swinton als selbsterklärte Personifizierung des Sozialwesens („I'm Social Services!“).

Mit Wes Anderson verhält es sich ein bisschen wie mit Tim Burton. Beide sind so komfortabel in ihren schrägen Welten, mit ihren Stammensembles hinter und vor der Kamera, dass die Differenzen zwischen ihren schwächeren und stärkeren Filmen immer geringer werden. Beide liegen nie völlig daneben und legen nie komplette Flops hin, da sie keine Risiken eingehen. Und so kann man davon ausgehen, dass diese beiden Regisseure über Jahre hinweg mittelgute bis gute Filme abliefern, sofern man denn ihren Stil mag. Und so kann man sich auch problemlos fürs Erste an „Moonrise Kingdom“ erfreuen, einem wunderbar unterhaltsamen, wenn auch thematisch redundanten „typischen“ Anderson. Einmal nicken wir das noch wohlwollend ab. Aber, lieber Wesley, das nächste Mal dann bitte doch ein wenig mehr Mut zur Änderung und Neuerung! Sonst müssen auch wir irgendwann die Koffer und tragbaren Plattenspieler in die Hand nehmen und vor deinen Kitsch-Kuriositäten - so herzlich du sie auch meinst - Reißaus nehmen.

Bilder: Copyright

Hallo,

habe den Film noch nicht gesehen aber die Rezension empfinde ich als (ein wenig) misslungen.
Kann ein Film schlechter sein, nur weil er sich nicht besonders von den anderen unterscheidet?
Wie würde jemand den Film betrachten, der davor noch keinen anderen Film von Wes Anderson gesehen hat?
Sich stilistisch nicht weiterzuentwickeln (auch im Falle von Burton) geht also mit dem Verlust von Qualität einher?

Wenn sich Regisseure jedes Mal neu erfinden müssen, um zukünftig weiterhin das Prädikat "sehr gut" für ihre Filme zu erhalten, dann sehe ich schwarz für alle Filmemacher.
Und wer ist überhaupt mit "wir" gemeint. "Wir", die breite Masse? Oder "wir", die Redakteure von filmszene.de? Oder "wir", alle Cineasten, die sich nicht nur oberflächlich mit dem Medium auseinandersetzen? Wer muss sich nun von "wir" angesprochen fühlen?
Mir ist klar, dass Rezensionen immer subjektiv sind - immer nur subjektiv sein können - aber durch den Gebrauch von "wir" eine allgemeingültig anmutende Aussage zu treffen, anhand dieser Argumentationskette, halte ich für gewagt.

MfG
Jan

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10
10/10

Wo steht geschrieben, dass Regisseure statt das zu Filmen, was sie am besten können, sich ständig verändern müssen? Nicht jeder hat das unermessliche Talent eines Stanley Kubrick und den Willen in jedem Genre einen Meilenstein zu setzen...Wenn ich Lust auf einen Michael Mann oder David Lynch oder eben Wes Anderson habe, dann will auch Filme, die aussehen und sich anfühlen wie Filme von diesen Regisseuren. Eine unverkennbare Handschrift ist etwas sehr besonderes und das rechne ich diesen Regisseuren hoch an. Aus dieser Perspektive heraus empfand ich MK als besten Film von Anderson und freue mich schon auf seinen nächsten Film. Weiter so!

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1
1/10

Der Film kratzt inhaltlich nur an der Oberfläche des Themas der beginnenden Pubertät und der damit verbundenen Probleme und Konflikte. Was aber am meisten stört ist das sehr sehr aufdringliche Sponsoring der amerikanischen Öl-, Tabak- und Alkoholindustrie.

Wäre die Zielgruppe des Films nicht 10 bis 14-Jährige, würde man so etwas in Zeiten knapper Budgets noch verstehen, aber derart penetrante Werbung für Nikotin und Alkohol an minderjährige Kinder ist ein absolutes No-Go. Aus diesem Grund ist Wes Anderson für mich auch jetzt kein respektabler Filmmacher mehr. So raucht u.a. das erwachsene Vorbild Scout Master Ward; ein weiteres Vorbild, der Polizist Sharp, trinkt Alkohol und teilt diesen sogar mit dem minderjährigen Jungen. Der ca. 12jährige Junge nuckelt häufig an einer Pfeife.

Zudem werden auch minderjährige Kinder als Sexualobjekte gezeigt und es gibt mehrere sexuelle Szenen zwischen Minderjährigen.

Wie kann man so einen Film nur zulassen. Für mich wäre das höchste der Gefühle eine FSK 16.

In Summe ein absolut oberflächlicher Film der nur einen Zweck hat: Minderjährige in Alkohol- und Nikotinkonsumenten zu verwandeln und Minderjährige als Objekte für zweifelhafte Voyeure zu exponieren.

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9
9/10

Warmherzig-skurille Komödie

Ich habe die vergangenen Anderson-Filme immmer nur in Teilen bewundert. Die Filme funktionierten für mich niemals als Ganzes mit Story und dramaturgische Bogen. In Moonrise Kingdom ist ihm allerdings eine wunderschöne Geschichte gelungen, die er visuell interessant mit einem hörenswerten Soundtrack (vor allem Benjamin Britten) erzählt. Die beiden jugendlichen Hauptdarsteller tragen die Story bis ins märchenhafte Ende und der Film hat eine Leichtigkeit, die man ihm Kino selten sieht.

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8
8/10

@Johnny Burton: man kann natürlich alles schlecht reden. "sexuelle Szenen zwischen Minderjährigen." schau dir bitte mal einen porno an, dann weißt du was eine "sexzene" ist ;)

also mir hat der film spaß gemacht und mich sehr gut unterhalten! die tiefseetaucher haben mir zwar besser gefallen aber die pfadfinder sind auch sehr unterhaltsam :)

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9
9/10

Ich verstehe nicht, wieso ständig darauf herumgeritten wird, Wes Anderson würde immer den "gleichen" Film machen, das ist doch ausgemachter Blödsinn: Es gibt ein Set an Motiven, visuellen Stilmitteln, inszenatorischen Gimmnicks und Stammschauspielern, die Anderson immer wieder verwendet, um seine Geschichten zu erzählen (ähnlich wie Lynch, Burton, Nolan etc., aber auch Scorsese) - und es stimmt vollkommen, dass eben diese großartigen Visualisierungen und skurrilen Momente bei manchem seiner schwächeren Filme die mangelnde emotionale Tiefe verschleiern, so dass einiges davon zum Selbstzweck gerät ("Die Tiefseetaucher" wären so ein Fall).

Das reicht aber bei weitem nicht aus, um eine gesamte Rezension lang darauf herumzureiten und dabei völlig zu übersehen, dass "Moonrise Kingdom" Andersons bester Film geworden ist, weil emotionaler, ergreifender und in sich runder als alle seine bisherigen Werke - diese Geschichte ist von Anfang an so hinreißend erzählt und mit so vielen großartigen Details angereichert, dass es schwerfällt, all die herrlichen Bildkompositionen, lakonischen Dialoge und ergreifenden Momente nach dem Kinobesuch beisammen zu halten. Wie der Rezensent überhaupt erst auf die Idee kommt, "Moonrise Kingdom" wäre ein "schwächerer Anderson" bleibt rätselhaft (von der unsäglichen Prämisse "Hey, der Film sieht ja schon wieder aus wie ein Wes Anderson-Film und fühlt sich auch so an, der Regisseur macht also immer das gleiche" mal abgesehen) und wird auch in der Rezension nicht wirklich beleuchtet.

Ich jedenfalls danke Wes Anderson für einen der schönsten Filme des Jahres. Alter Wein in alten Schläuchen? Blödsinn. Einfach guter Wein, den man genießen sollte.

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4
4/10

Jede Requisite scheint mühevoll handausgewählt, jedes Licht bis zur Perfektion ausgerichtet, jeder Schauspieler hat Spaß an seiner absurden Rolle zu haben, die Kamera fährt in Perfektion durch die Szenen und die Musik vervollständigt die tolle Atmosphäre. Nur leider sind die Filme trotzdem so grausam langweilig, dass ich immer einschlafe. Schade, so kann ich nicht auf Partys über Perlen abseits des Mainstreams klugscheißern.

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