Mit „Kick-Ass“ kam vor drei Jahren eine originelle Comicverfilmung in die Kinos, über die man ob ihrer extremen, dabei jedoch cartoonartig überzogenen Gewaltdarstellung zwar engagiert streiten konnte, die aber mehrheitlich eher positiv aufgenommen wurde. Mit dem Möchtegernhelden ohne Superkräfte, vor allem aber seiner kindlichen Partnerin „Hit-Girl“ wurden Figuren geschaffen bei denen daher auch recht schnell klar war, dass wir sie bald wiedersehen würden. Diesmal hat man aber zumindest abgewartet bis Mark Millar, der Autor der Comicvorlage seine Geschichte fertig hatte, wobei sich die Film-Fortsetzung nun gleich bei zwei Comicbänden bedient, nämlich dem offiziellen Sequel „Kick-Ass 2“, als auch dem Special „Hit-Girl“, welches eine Art Verbindungsstück bildet und die Versuche von Mindy schildert, ein Leben als „normaler“ Teenager und Highschool-Mädchen zu führen. Genützt hat das jedoch wenig, denn obwohl die Figuren an sich Potential für weitere Abenteuer besitzen, läuft diese Fortsetzung des Überraschungserfolgs unter neuer Leitung komplett aus dem Ruder.
Während für Dave (Aaron Taylor-Johnson) schnell klar ist, dass er seinen langweiligen Alltag weiterhin gegen das gefährliche aber halt auch aufregende Leben als Verbrechensbekämpfer „Kick-Ass“ eintauschen möchte, sieht die Sache für Mindy (Chloe Grace Moretz) etwas anders aus, denn die hat schließlich ihrem verstorbenen Vater ein Versprechen gegeben und bemüht sich nun redlich den Wünschen und Regeln ihres neuen Vormunds gerecht zu werden. Doch spätestens nach einigen enttäuschenden Erfahrungen beim Versuch, sich den oberflächlichen und schicken Altersgenossinnen anzupassen, wird auch ihr klar: Das Leben als „Hit-Girl“ steckt ihr im Blut und ist ganz einfach das worin sie eindeutig am besten ist. Eine Erkenntnis, die gerade noch rechtzeitig reift um Freund Dave zu Hilfe zu kommen, der sich zwischenzeitlich einer Gruppe weiterer „Superhelden“ namens „Justice Forever“ angeschlossen hat. Doch dieser planlose Haufen ist im Kampf gegen die aktuelle Bedrohung durch den „Motherfucker“ (Christopher Mintz-Plasse) und dessen brutale Gefolgsleute zunächst hoffnungslos überfordert und kann eine erstklassige fünfzehnjährige Kämpferin daher gut gebrauchen.
Womit wir gleich mal das einzig Positive dieses schwachen Werkes in den Vordergrund rücken können: Die mittlerweile ein paar Jahre älter gewordene Chloe Grace Moretz schockiert nun als wildes Killerkommando nicht mehr ganz so wie im ersten Teil. Und auch sonst beherrscht die schauspielerisch zweifellos talentierte Moretz jede ihrer Szenen, was dazu führt, dass die Mindy/Hit-Girl-Momente die mit Abstand erträglichsten sind. Doch selbst sie muss dann zur Rache an ihren Mitschülerinnen irgendwann ein Gerät einsetzen, welches zu spontanen, unkontrollierten Kotz- und Scheißanfällen führt, und spätestens dann ist auch bei diesem Handlungsstrang Feierabend. War der erste Film noch eine zwar riskante, aber äußerst interessante Gratwanderung zwischen durchaus seriöser Coming of Age-Geschichte auf der einen und den bis ins Absurde überzogenen Gewaltdarstellungen auf der anderen Seite, so verliert der Nachfolger von Matthew Vaughn auf dem Regiestuhl jegliches Maß. Jeff Wadlow ("Cry Wolf“) serviert stattdessen eine Parade voller Figuren, die einfach nur noch grotesk zu nennen sind, steckt diese in abstoßende Outfits und treibt auch die Gewaltorgie mit nur noch brutalen, aber nirgendwo mehr lustigen Einfällen noch eine Ebene weiter. Was beim letzten Mal noch als Satire angesehen werden konnte, ist nun praktisch selbst zu dem geworden worüber es sich zuvor noch lustig gemacht hatte. Folgerichtig idt „Kick-Ass 2“ dann auch ab 18 Jahren freigegeben, denn hier gibt es fast nichts mehr was die Schlachtplatte abstrahiert. Die Aktionen und Sprüche sind nicht mehr selbstironisch, sondern nur noch derbe und kaum anders als geschmacklos zu bezeichnen. Während hier jemand mit Lack- und Lederkostümen seinen Fetisch auslebt, ist das einzig halbwegs witzige an den Figuren „Motherfucker“, „Mother Russia“ oder „Captain Stars’n Stripes“ deren Namen.
Letzerem verleiht Jim Carey für eine Handvoll Szenen sein dafür hübsch hässlich zurecht gemachtes Gesicht. Carrey distanzierte sich dann im Nachhinein von der im Film gezeigten Gewalt, wegen eines aktuellen Schulmassakers und auch ganz grundsätzlich. Es ist allerdings schwer vorstellbar, dass dem immer noch namhaften Komiker nicht schon während des Drehs klar geworden sein muss, in welche Abgründe er da geraten ist. Eine Ansammlung uninteressanter und unsympathischer Charaktere, zusammengepfercht in einer langatmig vor sich hin plätschernden und mühevoll konstruierten Geschichte, die im Prinzip doch nur eine Ansammlung mehr oder weniger kranker Ideen darstellt, was sowohl für die gute als auch die böse Truppe gilt. Den schon im ersten Film als größten Schwachpunkt auszumachenden Schurken „Red Mist“ hier als nun komplett durchgeknallten „Motherfucker“ wieder aufleben zu lassen, war dabei auch keine besonders gute Idee.
Die – und damit kommen wir zum womöglich einzig als mildernden Umstand zu akzeptierenden Faktor – allerdings bereits in der Comicvorlage zu finden ist, welche ebenfalls dazu tendierte einfach nur den Gewaltfaktor auf Kosten einer vernünftigen Handlung noch weiter anzuziehen. Doch gab es bei Mark Millar trotzdem auch noch ein paar brauchbare Ideen, was uns zu dem Fazit bringt: Der Comic „Kick-Ass 2“ war schon ziemlich schwach, der Film dazu ist jedoch noch eine ganze Ecke mieser. Oder um sich der Sprache dieses Machwerks anzupassen: Das hier ist über weite Strecken schon ein ziemlicher Dreck.
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