The Invisible Woman

Originaltitel
The Invisible Woman
Jahr
2014
Laufzeit
111 min
Release Date
Bewertung
4
4/10
von Volker Robrahn / 23. April 2014

invisible w 1Das viktorianische England, die Welt von Charles Dickens, der große britische Kostümfilm. Eine Umgebung, in der man den gelernten Schauspieler und Mitglied der Shakespeare-Company Ralph Fiennes bisher im Kino kaum gesehen, die er sich aber nun für sein Regie-Debüt ausgeguckt hat. Zusätzlich übernimmt Fiennes auch noch gleich die Hauptrolle und verleiht dem vielen noch aus trockenen Schulveranstaltungen vertrautem Namen „Dickens“ charismatisch Gestalt. Die traurige Liebesgeschichte, die „The Invisible Woman“ in erster Linie erzählt, erweist sich jedoch nur bedingt als kinotauglich und auch die Inszenierung trägt leider nicht dazu bei aus dem Stoff einen aufregenden Film zu machen.
 

Als die junge Lehrerin Nelly (Felicity Jones) Mitte des neunzehnten Jahrhunderts ein Mitglied der berühmten Schauspieltruppe des allgemein verehrten Autors Charles Dickens (Ralph Fiennes) wird, ist sie wie viele andere fasziniert vom Charme, Witz und der Weltgewandheit dieses Mannes. Doch im Gegensatz zu den vielen anderen weiblichen Wesen in seinem Gefolge erregt umgekehrt auch Nelly die Aufmerksamkeit des von seinem Eheleben frustrierten Schriftstellers. Es kommt zu einer Affäre, von der zwar einige Leute wissen, die aber nie ganz öffentlich oder offiziell werden darf. Mehrere Jahre lang fügt sich Nelly in ihr Schicksal als „unsichtbare Frau“ im Schatten des Genies.
 

invisible w 2Obwohl die Zutaten für eine fesselnde und berührende Liebesgeschichte bei dieser Ausgangslage allemal gegeben sind, vermag der Funke nicht so recht überzuspringen beim Blick auf ein wenig beachtetes (und historisch auch nur bedingt verbürgtes) Kapitel aus dem Leben des Schriftstellers, der seine Zeit prägte wie kein anderer. Das mag daran liegen, dass es so gut wie keine dramatischen Wendungen oder erschütternde Einschnitte gibt, die den Zuschauer „packen“ und die Geschichte in neue Richtungen treiben könnte. Denn beide leidenden Frauen fügen sich in ihr jeweiliges Schicksal als betrogene Ehefrau bzw. geheim gehaltene Geliebte und das Ausweinen bei den Vertrauten ist da dann schon das Höchste der Gefühle, ansonsten werden diverse Demütigungen meist tapfer ertragen. Das mag im Kontext der damaligen Zeit sowie deren Frauenbild einigermaßen realistisch sein, sorgt aber in dieser Präsentations-Form beim Zuschauer für nicht mehr als einen „Tja, so ist es dann halt“- Mitleidsseufzer.

invisible w 3Der sich aber auch deshalb in Grenzen hält, weil es sich Ralph Fiennes nicht nehmen lassen wollte seine Freiheiten als Mann hinter und vor der Kamera auch zur eigenen Inszenierung zu nutzen. Soll heißen: Sein Charles Dickens ist natürlich ein derart charismatischer und geistreicher Charmebolzen, dass ihm die Herzen nicht nur auf der Leinwand zufliegen, sondern man ihm auch als Betrachter nur schwer böse sein kann, auch wenn es sich kaum leugnen lässt, dass es sich eigentlich doch um ein recht egoistisches Arschloch handelt. Von der dicklichen und biederen Mutter seiner Kinder schon seit langem gelangweilt bis angewidert, den verliebten jungen Frischling Nelly stets in der Hinterhand, aber nicht bereit auch zu ihr zu stehen. Sympathisch und liebenswert soll es aber halt trotzdem sein, das englische Idol. Und Fiennes erreicht genau das, denn an seiner darstellerischen Leistung gibt es nichts zu deuteln, da tobt der Mime sich regelrecht aus. Doch vor dem geschilderten Hintergrund bekommt das dann halt zumindest ein kleines Geschmäckle.

Identifikationspotential gibt es hier also nicht viel, weder mit dem duldsamen Weibsvolk noch mit dem einzigartigen Künstler. Eine packende Dramaturgie wie bereits geschildert auch nicht so wirklich, und wenn man dann noch feststellen muss, dass das Gespür des relativen Regie-Neulings für Tempo, Schnitte und Timing allemal ausbaufähig ist, dann kann es nicht mehr überraschen, dass „The Invisible Woman“ sich zu einer recht schwerfälligen und mitunter anstrengenden Angelegenheit entwickelt und dies auch bis zum unspektakulären Ende bleibt. Wer schon immer mal gerne „da passiert ja überhaupt nix“ ausrufen wollte, darf es hier eventuell wirklich mal tun. Am Schauspieler Ralph Fiennes gibt es zwar nichts zu deuteln, für den Filmemacher gleichen Namens bleibt aber noch viel Luft nach oben.    

Bilder: Copyright

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