Er singt anscheinend einfach zu gerne. Wer Hugh Jackman zunächst in Animationsfilmen wie „Happy Feet“ und dann später in der Kinoversion von „Les Misérables“ gesehen und erlebt hat, der weiß mit welcher Inbrunst sich der Australier in Gesangsnummern wirft. Und dazu bekommt er in „The Greatest Showman“ erneut ausreichend Gelegenheit. Die Verfilmung der Lebensgeschichte des Zirkuspioniers Phineas Taylor Barnum kommt als knallbuntes Musical und in einer Anmutung daher, die eindeutig mehr den Sehgewohnheiten des 21. denn des dargestellten 19. Jahrhunderts entspricht. Das Ergebnis ist ein zwar sehr kurzweiliger, aber doch auch ziemlich oberflächlicher Bilderbogen, von dem letztlich nicht allzu viel haften bleibt.
Der ehrgeizige P.T. Barnum ist wild entschlossen sich selbst und seiner Familie ein sorgenfreies Leben zu verschaffen. Selbst in Armut aufgewachsen und von der besseren Gesellschaft, inklusive der Eltern seiner Frau Charity (Michelle Williams), nie wirklich akzeptiert worden, arbeitet Barnum fast schon besessen daran einen Weg zu Ruhm und Wohlstand zu finden. Seine ersten Ideen in Form eines Museums voller historischer Ausstellungsstücke bringen noch nicht den erhofften Erfolg. Erst als er seine Museumsräume mit Leben füllt, indem er dort außergewöhnliche und kuriose Menschen auftreten lässt, strömt das Publikum in sein Haus. Ob Akrobaten, Riesen oder behaarte Damen – alles, was aus dem Rahmen fällt, gibt es bei Barnum zu bestaunen, und sein Name ist bald tatsächlich landesweit bekannt. Doch das genügt diesem noch lange nicht, er giert auch nach der Anerkennung der High Society und riskiert dafür schließlich sogar sein privates Glück.
Schon beim Eröffnungssong schmeißt sich Jackman ordentlich ins Zeug und kündigt damit ein echtes Feuerwerk an aufwändig choreographierten Tanzszenen an. Ein Versprechen, dass später auch immer mal wieder erfüllt wird, wenn sich entweder der Zirkusmeister selbst oder aber seine bunte Schar an Künstlern in die Manege wirft um entweder das Leben zu feiern oder mit dem Lied „This is Us“ gegen ungerechte Behandlung aufzubegehren. Diese Momente sind auch eindeutig die Höhepunkte des Films und das Pfund, mit dem der „Showman“ wuchern kann.
Dass man sich dabei entschieden hat musikalisch in einer äußerst modernen Anmutung daherzukommen und die Songs klingen zu lassen wie aktueller Pop von Rihanna & Co. ist kein grundsätzlicher Kritikpunkt. Schon Baz Luhrman hat mit "Moulin Rouge“ gezeigt, wie gut so etwas funktionieren und wie kraftvoll es wirken kann. Von der Wucht und Eindringlichkeit dieses Films bleibt „The Greatest Showman“ trotz seines etwas angeberischen Titels allerdings durchgehend sehr weit entfernt, Regisseur Michael Gracey bietet in seinem Erstling überwiegend routinierte und hübsch anzusehende Durchschnittsware.
Prinzipiell interessant ist dabei die Schilderung von Maestro Barnum als zwiespältige Figur, die zwar einerseits Toleranz und Offenheit gegenüber Andersartigen predigt und auch in seiner Show lebt, diese aber dann oft doch auch nur als nützliches Mittel zur Erreichung seiner persönlichen Ziele benutzt und sich seiner „Freaks“ auch gerne mal entledigt, wenn sie beim Eintritt in die feinere Gesellschaft eher hinderlich sind. Eine wirklich tiefe Charakterzeichnung erlebt man hier allerdings zu keinem Moment, stattdessen erfolgen die Stimmungswechsel sehr abrupt und nicht immer nachvollziehbar.
Aber geht halt nicht anders, wenn man in weniger als zwei Stunden fast ein ganzes, äußerst ereignisreiches Leben erzählen möchte und dabei in (zu) rasantem Tempo durch die Jahre hetzt. So bleibt dann auch Michelle Williams als oft leidgeprüfte Ehefrau nicht nur was ihr Make-Up angeht sehr blass, auch dem übrigen Personal wird überwiegend wenig Raum zur Charakterzeichnung gegeben. Die als göttliche Opernsängerin angepriesene und von Barnum ehegefährdend angehimmelte Jenny Lind (Rebecca Ferguson) untermauert ihre behauptete Genialität z.B. immer nur mit der Darbietung eines einzelnen (zudem wenig opernhaften) Liedes.
Zwei Ausnahmen von dieser Regel möchten wir allerdings nicht verschweigen: Denn die Liebesgeschichte zwischen dem von Barnum als eine Art früher „Marketing-Fachmann“ engagierten Phillip Carlyle (Zac Efron) und der dunkelhäutigen Trapez-Artistin Anne (Zendaya) kommt tatsächlich recht glaubwürdig und in ihrer Entwicklung nachvollziehbar daher. Ansonsten bleibt es aber beim nur kurzfristig satt machenden Bilderbogen, denn trotz eines erwartungsgemäß sehr engagierten Hugh Jackman ist das hier zwar alles ganz nett anzuschauen, aber halt sicher nicht die „Greatest Show on Earth“.
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