Pokerprofi Huckleberry "Huck" Cheever (Eric Bana) hat ein mittelgroßes Problem. Die World Series of Poker, das größte und wichtigste Ereignis der Pokerwelt, steht bevor und er ist mal wieder pleite. Das Startgeld muss her. Dazu kommen auch noch Komplikationen von anderer Seite: Die Barsängerin Billie (Drew Barrymore), in die er sich verguckt. Und sein Vater L.C. (Robert Duvall), mit dem er sich vor Jahren zerstritt, taucht auch in Las Vegas auf, um bei der World Series mitzumachen. Noch nie zuvor hat Huck den zweifachen Champion schlagen können, doch jetzt werden Vater und Sohn zu Rivalen am Spieltisch. Hat Huck Glück im Spiel, aber dann Pech in der Liebe? Oder wird es vielleicht umgekehrt sein? Liebe Kinozuschauer, machen sie bitte jetzt ihre Einsätze…
Curtis Hanson ist sowas wie der Joel Schumacher in gut. Sprich:
Wie Schumacher ist auch Hanson in allen Genres so ein bisschen,
aber in keinem so richtig zuhause. Was die beiden Männer trennt,
ist freilich das handwerkliche Geschick und die Konstanz. Denn wo
Schumacher bisweilen komplett danebengreift und absolut unsägliche
Filme macht, können Hansons Filme handwerklich und inhaltlich
eigentlich fast immer überzeugen. Natürlich ist er da
besonders von seinen Drehbüchern abhängig. Bei tollen
Scripts ("L.A. Confidential")
gelingen dann schon mal moderne Klassiker, ansonsten reicht es immer
für leicht überdurchschnittliche Filme.
Dass zuviel Springen in verschiedenen Genres allerdings auch zum
Problem werden kann, zeigt sein neuester Film "Glück im
Spiel", und zwar weil Hanson hier in ein und demselben Film
diverse Genres zu vereinen sucht, ohne eins direkt zu bevorzugen.
So kann man "Glück im Spiel" wahlweise als Sportdrama,
Vater-Sohn-Melodram oder Liebesgeschichte sehen, ohne dass man falsch
liegt. Ein Alptraum für die Presseabteilung bei Warner Brothers,
die offenbar so gar nicht wussten, wie sie den Film vermarkten und
an wen sie ihn richten sollten.
Also versuchte man verzweifelt, mit einer Mischung aus den wenigen
lustigen Szenen dem Publikum den Film als romantische Komödie
zu verkaufen, was er definitiv nicht ist. Wenn überhaupt, ist
dies ein ernst zu nehmender Liebesfilm mit dramatischen und lustigen
Momenten, auch wenn's das auch nicht so hundertprozentig trifft.
Dass aber nicht arg zu viele RomCom-Fans enttäuscht wurden,
lag dann daran, dass man sich schließlich nach diversen Startverschiebungen
(der
Film ist immerhin seit zwei Jahren fertig) bei Warner entschied,
"Glück im Spiel" gleich komplett zu begraben. Als
so gut wie einziger Film sollte er dann am Eröffnungswochenende
gegen "Spiderman 3" antreten - ein glattes Himmelfahrtskommando.
Wie zu erwarten war "Glück im Spiel" nach miserablem
Einspiel innerhalb von zwei Wochen aus den US-Kinos so gut wie verschwunden.
Verdient hat das spröde Spielerdrama dieses Schicksal aber
keineswegs. Denn zu einem zwar unspektakulären, aber gelungenen
weil recht realistischen Blick hinter die Kulissen der Pokerwelt
hat es hier immer noch gereicht, dazu mit sehr soliden Leistungen
der Darsteller. Wobei gerade der Realismus, mit dem Hanson und Co-Drehbuchautor
Eric Roth hier das Leben eines Profipokerspielers in Szene setzen,
manchem Zuschauer ein Dorn im Auge sein könnte. Denn es gibt
hier viele Pokerszenen zu sehen, die aber nicht sonderlich spektakulär
oder spannend inszeniert sind. Was dann zwar wesentlich realistischer
ist als die Groschenpsychologie und das "Bluff"-Brimborium
in den Pokerszenen im letzten James Bond-Film "Casino
Royale", aber eben auch nicht sehr spektakulär.
Damit kommt Hanson der Realität des Pokerspielens schon sehr
nahe. Das ist nun mal ein "Sport", bei dem man stundenlang
sitzt und die Gegner anstarrt und ausspäht und im Ernstfall
innerhalb von Minuten mehr oder weniger sang- und klanglos rausfliegt.
Coole Tricks und überzogene Gesten bleiben meist außen
vor, auch wenn sie vom filmischen Standpunkt her natürlich
mehr hergemacht hätten. Da Hanson diesen Szenen viel Platz
einräumt, also gleich als Warnung: Wer sich bei Pokerübertragungen
im Fernsehen zu Tode langweilt, der sollte sich auch von "Glück
im Spiel" fernhalten.
Dass Hanson selbst großer Pokerfan ist, sieht man daran, dass
er fast sämtliche bekannten amerikanischen Pokerstars auftreten
lässt, wenn auch ohne Text und meist nur für ein paar
Sekunden. Und damit auch alles realistisch abläuft, hat man
als technischen Berater den "Godfather
of Poker", den mittlerweile schnurstracks auf die 80 zugehenden
Doyle "Dolly" Brunson verpflichtet, der im wirklichen
Leben - wie auch in diesem Film zu sehen - immer Standing Ovations
kriegt, falls er irgendwo ausscheidet.
Trotz des Marketing-problematischen Springens zwischen Genre-Elementen
funktionieren die einzelnen Storystränge im Film aber ganz
gut, auch wenn man sich bei eigentlich allen Figuren und Personen
noch etwas mehr Tiefgang gewünscht hätte. Gerade der Liebesbeziehung
zwischen Huck und Billie hätten ein, zwei zusätzliche
Szenen zu Beginn des Films gut getan, und die Romanze wäre
glaubwürdiger und überzeugender herübergekommen.
Andererseits kann sich "Glück im Spiel" zumindest
auf seine Darsteller verlassen. Eric Bana gibt einen recht guten
Zocker ab, der sich als ebenso charmanter Schlemil wie zeitweiliges
Charakterschwein und emotional instabiles Opfer seiner Spielsucht
herausstellt. Drew Barrymore verleiht der naiven Billie ihre übliche
Niedlichkeit, auch wenn es der Figur selbst ein wenig an den Kanten
fehlt, die Barrymore so gut darstellt.
Und Robert Duvall ist natürlich beeindruckend, obwohl er eigentlich
nicht viel macht. Aber ein Duvallsches Zwinkern hat ja schon mehr
Ausdruck als andere Schauspieler in ihrer ganzen Karriere zusammenbringen.
Duvall könnte auch einen beidseitig Arm- und Beinamputierten
mit Gesichtslähmung spielen - und würde immer noch die
meisten Kollegen an die Wand spielen. Da die Geschichte ausschließlich
aus Hucks Perspektive erzählt wird, erfährt man leider
nicht sehr viel über L.C., aber wie schon traditionell seine
ganze Karriere über beweist Duvall, dass man mit entsprechender
Präsenz auch eine kleine Rolle äußerst erinnerungswürdig
gestalten kann.
Handwerklich bleibt Hanson im Gegensatz zum anfänglich erwähnten
Kollegen Schumacher bei wenig Effektheischendem klassischem Handwerk.
Wenn denn mal ein deutlich inszenatorischer Moment
kommt, passt der inhaltlich und stilistisch genau, etwa wenn es
Huck gegen Ende des Films bei der ersten wirklichen Konfrontation
(und Kommunikation) mit L.C. in einer Herrentoilette immer noch
nicht schafft, seinen Vater anzuschauen. Die Konfrontation bleibt
indirekt, man sieht jeweils nur einen der Schauspieler mit dem Spiegelbild
des anderen. Dies ist bei allem Kartenspiel auch ein Film über
jemanden, der abseits des Spieltisches Probleme damit hat, mit anderen
zu kommunizieren, sei es mit der Freundin oder dem eigenen Vater.
Insofern passen dann die verschiedenen Storylines doch recht gut
zusammen, ohne dass Hucks Figur jetzt dramatisch überpsychologisiert
wird. Und dann gibt es ja noch diverse Kleinigkeiten, die gefallen.
Den extra für den Film geschriebenen Song von Bob Dylan, oder
das Cameo von Robert Downey Jr., der nur kurz zur Demonstration
seines Talents vorbei kommt.
Ein richtig toller Film ist "Glück im Spiel" trotz vieler positiver Aspekte nicht geworden - dafür fehlt es ihm etwas an Tempo und erinnerungswürdigen Momenten, gerade weil er mit zwei Stunden doch auch deutlich zu lang geworden ist. Aber er ist auch nicht der Totalausfall, den man nach seinem Verheizen in den US-Kinos befürchten musste. Freunde des gediegenen Charakterkinos, die auch schon mal ein paar Spielkarten und Chips in die Hand genommen haben, dürfen sich auf ein Glücksspiel mit "Glück im Spiel" einlassen. Denn der ist zwar vom cineastischen Royal Flush noch ein gutes Stück entfernt, aber ein guter Drilling tut es bei vielen Händen ja auch schon.
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