Gefährten

Originaltitel
War Horse
Land
Jahr
2011
Laufzeit
146 min
Genre
Release Date
Bewertung
8
8/10
von Patrick Wellinski / 15. Februar 2012

Über Steven Spielbergs neuen Spielfilm „Gefährten“ zu schreiben, bedeutet in erster Linie über die eigene Erwartungshaltung zu schreiben. Man hat sich Schreckliches ausgemalt, als einem die ersten Bilder des frühzeitig veröffentlichten Trailers erreichten. Pferde, Krieg, Freundschaft – nichts als triefender Kinokitsch. GefährtenUnd die ersten Einstellungen des Films zeigen auch nicht den geringsten Willen, diesen Eindruck zu ändern.

Spielberg eröffnet „Gefährten“ mit Helikopteraufnahmen von prächtig grünen britischen Landschaften. Kameramann Janusz Kaminiski kann dabei den Kontrastregler gar nicht stark genug aufdrehen. Und Spielbergs Stammkomponist John Williams legt über diese Bilder einen wuchtigen und vor Melodramatik überquillenden Score. Es beschleicht einen das Gefühl, dass bereits hier der Höhepunkt des Films stattfindet, dabei hat die eigentliche Handlung noch gar nicht angefangen.

„Gefährten“ ist eine Abenteuergeschichte, die von der untrennbaren Freundschaft zwischen Tier und Mensch erzählt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts kauft Ted Narracott (Peter Mullen), ein dem Alkohol zugeneigter Bauer, ein Pferd. Doch anstatt eines kräftigen Nutztiers, das seinen Acker bestellen und somit das Überleben seiner Familie und den fälligen Pachtzins an den Landbesitzer sichern könnte, ersteigert er Joey. Das Pferd ist eine Kämpfernatur und wird der beste Freund von Teds Sohn Albert (Jeremy Irvine). Als der Erste Weltkrieg ausbricht, wird Joey allerdings als Pferd für die Armee eingezogen und die Gefährten getrennt, bis Albert seinem Pferd in den Krieg folgt.

GefährtenEs wäre ein Leichtes auf diesen Film einzudreschen. Man könnte sich herrlich über dieses angeblich so schrecklich naive Gutmenschenkino auslassen. Abhaken und zum nächsten, besseren Film übergehen. Aber: Mit „Gefährten“ sind nur jene schnell fertig, die mit ihm auch schnell fertig sein wollen.

Spielbergs Film ist klug und spielt gekonnt auf der Klaviatur des großen Familienkinos. So ist „Gefährten“ eine wuchtige Odyssee. Joey selbst wird in ihr zum Mittelpunkt vieler kleiner Episoden, die verschiedene Personenkonstellationen umfassen. Hier ist schon zu erkennen, worauf Spielberg hinaus will. In seinem ersten Kriegsfilm seit „Der Soldat James Ryan“ zeigt er sich immer noch als Meister des Schlachtengetümmels. Wie er mit seinen Kamerafahrten die Kriegsfelder entlang rast und so das Gemetzel dynamisiert – das ist schon ganz toll. Aber er kann auch anders: Nach einer Schlacht gibt es eine Kranfahrt, die das Schlachtfeld in ein fast schon surreales Muster des Grauens verwandelt. Nicht unähnlich Picassos epischem Gemälde „Guernica“, das Spielberg hier bewusst zitiert.

GefährtenMit seiner Oldschool-Inszenierung (kein 3D, wenig digitale Effekte, dafür viele Statisten), erinnert „Gefährten“ auch an die Anfänge des Kinos. Denn das Pferd war das erste Tier, das von der Kinomaschine erfasst wurde. In den ersten filmischen Experimenten der Laterna Magica wurden gerne Pferde und Reiter gefilmt, weil in ihnen der Ursprung aller Bewegung liegt. In Spielbergs Film - auch das macht ihn so sehenswert – ist dieser Pioniergeist stets zu spüren. Das Kriegsepos ist zudem auch eine herzliche Hommage an Filmklassiker wie „Vom Winde verweht“ oder „Im Westen nichts Neues“. Dabei greift Spielberg, anders als beispielsweise seine Kollege Martin Scorsese in „Hugo Cabret“, nicht zu direkten Zitaten. Spielberg, so subtil war er dann doch selten, hält den Geist und die Emotionen jener Filme in seinen wohl komponierten Bildern fest. Denn Kino ist hier noch reine Bewegung, reine Kinetik. Damit beschwört und huldigt „Gefährten“ auch der Vision eines der größten Kinogenies, nämlich John Ford. Mensch und Tier, Natur und Zivilisation sind die Gegensatzpaare, die sich hier immer wieder begegnen (natürlich gebrochen durch Spielbergs immer präsente Themen wie Familie, Verlust und Kindheit).

GefährtenIn dieser Hinsicht kann man gar nicht anders als „Gefährten“ im Zusammenhang mit einer ganzen Reihe von Filmen zu betrachten, die gerade die Entstehungsgeschichte des Kinos thematisieren, wie z.B. Michel Hazanavicius‘ betörend mutiges Stummfilmexperiment „The Artist“ oder Scorseses 3D-Kinderabenteur „Hugo Cabret“. All diese klugen Regisseure wissen, dass sich das Kino als Kunst weiterentwickeln muss; dass die üblichen Erzähl- und Darstellungsformen in einer digitalisierten Welt sich ändern; dass dies auch eine Metamorphose des Kinos bedeutet. Und sie drehen diese Filme, um die Zukunft des Kinos nicht von seiner Vergangenheit zu trennen.

Mit einem Budget von 66 Millionen Dollar gibt uns Spielberg noch einmal Kino, wie er es am besten kann, noch einmal ist alles „bigger than life“, die Geschichte, die Emotionen und die Bilder. Man sollte dem Film daher mit eben jener sehnsüchtigen Haltung begegnen, mit der schon Ingrid Bergman in „Casablanca“ sich an den Barpianisten Sam wandte: Spiel es noch einmal, Steven! Aber im Anschluss dann bitte runter vom Schlachtross und rein in die Moderne.

Bilder: Copyright

7
7/10

Ein sehr schöner Film, der technisch gut gemacht ist, aber auf überflüssige Spielereien wie 3D usw. verzichtet - das ist für mich schon mal ein absoluter Pluspunkt. Es gibt viele schöne Bilder, einiges an Herz und erstaunlicherweise ziemlich viel Humor. So einen Spielberg habe ich mir schon sehr lange mal wieder gewünscht, ganz toll! Leider hat er nicht so sehr die Gefühle angesprochen, die ich mir erhofft habe, da hätte mehr kommen müssen. Es liegt vielleicht am Material. Der Film ist nicht überfüllt, er ist sehr ausgeglichen, trotz unzähliger Charaktere, aber irgendwo fehlt da einfach etwas. Na, 7 von 10 Sternen ist ja immer noch sehr gut!

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9
9/10

Bei aller Kritik muss man dem Film zumindest eines hoch anrechnen: Er bietet im Wust all der gegenwärtigen Sequels, Comic-Verfilmungen, Remakes und belanglosen Komödchen mal wieder eine Originalstory, die im Kino bestens aufgehoben ist (wie übrigens auch Scorseses Hugo)! Klar geht es an einigen Stellen ziemlich sentimental und pathetisch zu, aber was ist falsch daran, Emotionen um jeden Preis beim Zuschauer hervorzukitzeln?

Technisch ist hier, wie immer bei Spielberg, alles brilliant. John Williams liefert (mit fast 80 Jahren!) seine beste Filmmusik seit Jahren, das Set Design ist gewohnt großartig und DoP Kaminzski hätte den Oscar für die Beste Kamera absolut verdient (man sollte gerade bei den Bildern nicht Kitsch mit Homage verwechseln)! Dazu agieren unverbrauchte Schauspieler statt großer Stars.

Erwähnenswert: Unter vielen fantastisch-realistisch inszenierten Szenen mit den Pferden bietet War Horse sicherlich auch eine der ganz großen Kino-Sequenzen des Jahres: Als Joey panisch über die Schlachtfelder rennt, bis er sich schließlich ziemlich heftig im Stacheldraht verfängt, hat wirklich jedem im Kino der Atem gestockt. Unfassbar, wie das Team diese Szene umgesetzt haben soll, ohne die Filmpferde zu Schaden zu bringen. (Meine Freundin hat sich nach dem Film echte Sorgen gemacht...)

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2
2/10

der film ist einfach nur zum heulen schlecht .alles übertrieben auf herz schmerz drüse.zwei sterne für die schauspieler die zum heulen gut wahren.bin von spielberg sehr sehr entäuscht worden ,echt schade für die handlung des films.

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6
6/10

Der Film ist der pure Anachronismus, ja fast schon an der Grenze des Kitsch anzusiedeln. Wer drauf steht wird gut unterhalten, alle Anderen machen besser einen großen Bogen um "Gefährten". Durchschnittsware mit viel Pathos und TamTam; was Anderes scheint Steven Spielberg nicht mehr hinzukriegen.

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