The Flying Scotsman

Originaltitel
The Flying Scotsman
Jahr
2006
Laufzeit
103 min
Genre
Release Date
Bewertung
4
4/10
von René Loch / 19. Juni 2010

 

Radsportler Graeme Obree (Jonny Lee Miller), aus ärmlichen Verhältnissen stammend, verfolgt ehrgeizige Ziele: Er will den Stunden-Weltrekord im Bahnradfahren knacken, und das in nur wenigen Wochen. So verfügt er weder über eine angemessene Vorbereitungszeit, noch über Sponsoren, die ihm Fahrrad und Rekord-Versuch finanzieren könnten. Doch unlösbare Probleme sehen anders aus. Während sein Freund und Manager Malky (Billy Boyd) eisern versucht, Geldgeber aufzutreiben, bastelt sich Obree sein eigenes Rad zusammen, wofür dann auch Teile der heimischen Waschmaschine herhalten müssen. Zudem erfindet er den "Superman", eine neue Haltung auf dem Rad, die für günstige Strömungsverhältnisse sorgt. Dann ist der große Tag gekommen: Die Halle ist gemietet, die Zeitnehmer sind anwesend - doch Graeme verpasst den Rekord. Nur wenige Minuten nach seinem Scheitern verkündet er, es in weniger als 24 Stunden ein weiteres Mal versuchen zu wollen.

Das liest sich nun sicher alles andere als spannend und das aus gutem Grund. "The Flying Scotsman" ist 08/15 in seiner reinsten Form. Wohl einer der überflüssigsten Filme des Kino-Jahres, wäre er nicht mit dem Zusatz versehen: basierend auf einer wahren Geschichte. Nämlich der eben jenes Graeme Obree, einem ehemaligen schottischen Rad-Rennfahrer, auf dessen Erfolge an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden soll, um die kaum vorhandene Spannung nicht noch mehr zu schmälern.
Obree ist das Gegenteil eines gewöhnlichen Rad-Sportlers. Seine Gerätschaft bastelt er sich selbst zusammen, er leidet unter Depressionen, die in Selbstmord-Versuchen münden, und nicht zu verachten: der Zwist mit dem internationalen Radsport-Verband (UCI), der einen solchen Amateur nicht als Weltrekord-Inhaber sehen will und ihn fortwährend mit undurchsichtigen und lächerlichen Regel-Änderungen schikaniert.

Das Ausgangs-Material ist eigentlich optimal, doch bleibt es der Vorstellungskraft des Zuschauers überlassen, welch guter Film daraus hätte resultieren können. Der psychischen Krankheit Obrees wird kaum Rechnung getragen, allenfalls wird sie oberflächlich (oder wohlwollend ausgedrückt: subtil) bearbeitet. Es mag zwar alles auf wahren Begebenheiten beruhen, doch wirken die Konfrontation mit den Geistern der Vergangenheit (Obree wurde in seiner Kindheit von Kids verprügelt, mit denen es im Erwachsenenalter ein Wiedersehen gibt) und die Auseinandersetzung mit der UCI stellenweise eher lächerlich und der Dramaturgie, die bis dahin sowieso nur auf die üblichen Genre-Versatzstücke baut, ganz und gar nicht dienlich. Dass "Trainspotting"-Star Jonny Lee Miller und Billy Boyd (Pippin aus "Herr der Ringe") ziemlich blass und ausdrucksschwach bleiben, hat dann endgültig die schiere Teilnahmslosigkeit des Zuschauers zur Folge.

Regisseur Douglas Mackinnon, der sich bislang lediglich im Fernsehen ausgetobt hat, scheitert ebenfalls daran, "The Flying Scotsman" irgendeine bemerkenswerte Note zu verleihen. Besonders deutlich zeigt sich das in den Rekord-Versuchen, bei denen Obree in halsbrecherischem Tempo seine Runden dreht. Und obwohl ihm der echte Obree, der dem Produktions-Team häufig hilfreich zur Seite stand, mit einer Kamera ausgestattet auf dem Rad hinterher rast, fehlt es diesen Szenen an Rasanz und vor allem an Abwechslung. Und wieder einmal an Spannung. Irgendwann hat Obree den Rekord dann geknackt oder auch nicht. Fast nebensächlich. Eine wunderbare Schlaf-Tablette. Wer im Radsport nicht gerade beheimatet ist, wird sowieso gelegentlich Probleme haben, dem Geschehen zu folgen.

Auf der Habensseite zu verbuchen sind ein wenig Humor, auch wenn die meisten Witzchen viel zu bemüht daherkommen, und der einzige wirkliche Pluspunkt: die Musik von Martin Phipps, gerade während der Rekord-Versuche. Hier offenbart sich am Deutlichsten, zu welch bewegenden Gänsehaut-Momenten dieser Film hätte in der Lage sein können - wenn ihn die Bilder getragen hätten und wenn der Zugang zu den Charakteren vorhanden gewesen wäre.
So steht am Ende ein Film, der Graeme Obree ein kleines Denkmal setzt, aber aus cineastischer Sicht keinerlei Funktion erfüllt. Gegen einen ganz und gar unspektakulären Film ist ja an sich nichts einzuwenden, doch sollte er dieser Linie dann auch treu bleiben, und nicht verzweifelt versuchen, großes Drama heraufzubeschwören. Denn das funktioniert in diesem Fall in keinster Weise.

Bilder: Copyright

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