Vier Kinder - vier Freunde. Eine Gruppe, die noch mehr zusammenwächst als sie einem schwächlichen und merkwürdigen Jungen gegen eine Bande von Schlägern beistehen. "Duddits", so heißt der kleine Kerl, wird daraufhin praktisch zum fünften Mitglied der Clique und gibt auch etwas zurück: Ein Teil der telepathischen Fähigkeiten des geistig behinderten Jungen fließt auch auf seine Freunde über. Mehr als zwanzig Jahre später sind diese damit jedoch nicht besonders glücklich geworden. Denn ein Psychiater, der tatsächlich ins Innere seiner Patienten blicken kann und denen grausame Wahrheiten verkündet, macht sich nicht unbedingt beliebt. Und die Fähigkeit Dinge zu finden und zu wissen, die man eigentlich nicht wissen kann schreckt potentielle Dates eher ab. Als einer der Freunde bei einem mysteriösen Unfall fast ums Leben kommt, gewinnt das jährliche Treffen in einer Jagdhütte eine neue Bedeutung, denn allen ist klar, dass die Leben die sie führen keinen von ihnen wirklich glücklich machen. Und außerdem hat es den Anschein, als ob Duddits versuchen würde, mit seinen alten Freunden in Verbindung zu treten.
Tiere fliehen in Panik, Menschen werden in Lagern zusammen getrieben. Aber im Gegensatz zu den verängstigten Bewohnern einer verschneiten Gegend in Maine wissen die verantwortlichen Militärs sehr genau was dort vor sich geht: Ein außerirdisches Raumschiff ist gelandet und die Aliens kommen nicht in freundlicher Absicht. Sie nisten sich in den Körpern der Menschen ein, platzen irgendwann aus ihnen heraus und vermehren sich mit rasender Geschwindigkeit. Seit vielen Jahren schon kämpft der alternde Colonel Curtis gegen die Invasoren, ohne Rücksicht auf Verluste unter der Zivilbevölkerung. Doch diesmal scheint den Angreifern der entscheidende Schlag gegen die Menschheit zu gelingen.
Nein, es handelt sich hier nicht um die Beschreibung zweier völlig unterschiedlicher Filme, sondern all das ist tatsächlich Thema von "Dreamcatcher". Formal gesehen also nur ein einziges Werk, das jedoch - wie man der obigen Beschreibung unschwer entnehmen kann - inhaltlich in völlig verschiedene Teile zerfällt. Das dem so ist, liegt dabei allerdings weniger am Drehbuch des Veteranen William Goldman ("Zwei Banditen", "Die Unbestechlichen") sondern an der kruden Vorlage von Horror- Altmeister Stephen King.
Dessen Spätwerk "Dreamcatcher" heißt in deutschen Landen "Duddits" und gehört zweifellos zu den schwächsten Büchern des Vielschreibers. Die besten King-Romane waren von jeher die Geschichten, die sich mit dem Erwachsenwerden beschäftigten und sich dabei meist auf sympathische Außenseiter konzentrierten, wie z.B. in "Stand by me". In seinem vielleicht besten Buch "ES" verband King diese Thematik dann kongenial mit einer seiner typischen Monstergeschichten. Mit "Dreamcatcher" sollte dieses Erfolgsrezept wohl noch einmal aufgewärmt werden, doch schon der Roman ließ selbst Stammleser eher achselzuckend zurück.
Da es aber offensichtlich gesetzlich festgeschrieben zu sein scheint, dass aber auch wirklich jeder Stephen King-Roman verfilmt werden muss, haben wir das Ganze jetzt also auch auf der Leinwand: Einen Mix, der aus den Themen Freundschaft, Loyalität und Selbstfindung, ekligen bis absurden Monstern und einer Menge Blut besteht. Ein Gemisch, für welches das Wort "unausgegoren" wahrscheinlich mal erfunden wurde. Denn dieser Film funktioniert einfach überhaupt gar nicht und das ist wirklich schade, denn die im allerersten Absatz geschilderte erste halbe Stunde lässt den noch ahnungslosen Zuschauer durchaus auf mehr hoffen, die Atmosphäre im Schnee ist stimmig und die Ausgangssituation der unter ihren besonderen Talenten leidenden Freunde vielversprechend.
Doch spätestens mit den ersten vor sich hin furzenden Besessenen und den aus ihnen entschlüpfenden Schleimwürmern ist es dann leider vorbei und der Übergang zum albernen Trashmovie vollzogen. Da vermögen auch gestandene Darsteller wie Tom Sizemore und der eigentlich sowieso niemals wirklich schlechte Morgan Freeman nicht mehr viel zu retten. Ein paar hübsche Ideen, wie z.B. die visuelle Umsetzung des "Gedächtnisarchivs" eines vom Oberalien Besessenen, der verzweifelt um die Kontrolle seines Körpers kämpft, vermögen immerhin kurz zu erfreuen. Ansonsten gelingt es "Dreamcatcher" aber leider nicht sein Publikum mehr als 30 Minuten gefangen zunehmen.
Anmerkung: Im Rahmen der multimedialen Einstimmung auf die diesjährigen Fortsetzungen von "The Matrix" läuft im Vorprogramm zu "Dreamcatcher" der vollständig computeranimierte Kurzfilm "Animatrix - Der letzte Flug der Osiris". Dieses, visuell im Stil des "Final Fantasy"-Kinofilms inszenierte Schmankerl weiß durchaus zu gefallen uns erhöht die Anzahl der erbaulichen Minuten im Kinosaal auf immerhin rund 45.
Neuen Kommentar hinzufügen