Wer es noch nicht in den Nachrichten gelesen hat, erfährt es nun zu Beginn von Universals Neuauflage von „Die Mumie“: Im Stil des „Marvel Cinematic Universe“ im Hause Disney und der Kopie in Form des DC-Comic-Universums bei Warner Bros. will man nun auch bei Universal Pictures ein eigenes "Kino-Universum" kreieren. Sprich: Ein inhaltlich lose zusammenhängendes Gebilde aus einer ganzen Reihe von Großproduktionen, die durch den Event- und Fortsetzungscharakter jeweils zu einem gut kalkulierbaren Publikumserfolg werden sollen. Bei Universal will man sich dabei aus dem eigenen, quasi-historischen Fundus an Studio-eigenen Horror-Klassikern bedienen und eine Reihe von Neuauflagen berühmter Stoffe inhaltlich miteinander verquicken, unter dem neuen Markennamen „Dark Universe“. Ein entsprechendes Logo kommt hier nun gleich nach dem bekannten Universal-Logo zum Vorschein. Während die DC-Kollegen vor dem völlig unbrauchbaren „Batman v Superman“ zumindest noch den mittelmäßigen „Man of Steel“ im Angebot hatten, geht Universal aber einen Schritt weiter – und präsentiert schon gleich zur Eröffnung seines Kino-Universums einen echten Rohrkrepierer.
Der Auftakt ins „Dark Universe“, dem später Charaktere wie Dracula, Frankensteins Monster und der Unsichtbare beitreten sollen, ist dabei eigentlich recht vielversprechend. In den ersten zehn Minuten des „Mumie“-Reboots von Alex Kurtzman (schrieb unter anderem die Drehbücher zu „Transformers“ und „Star Trek“) entdecken Bauarbeiter im gegenwärtigen London eine mittelalterliche Grabstätte für gefallene Kreuzritter. Dies ruft einen mysteriösen Arzt (gespielt von Russell Crowe) auf den Plan, der dem Publikum mithilfe einiger Rückblenden die Geschichte der ägyptischen Prinzessin Ahmanet (Sofia Boutella) erzählt. Diese wollte eigentlich die Thronfolge antreten, verbündete sich im Angesicht eines männlichen Neugeborenen jedoch mit dem Bösen, brachte ihre Familie um und wurde zur Strafe lebendig einbalsamiert und begraben.
Was nach diesem düsteren und stimmungsvollen Intro folgt, ist allerdings so ziemlich das Unpassendste, was man sich im direkten Anschluss vorstellen kann: Der infantile Auftritt des US-Soldaten Nick Morton (Tom Cruise) und seines Kameraden Chris Vail (Jake Johnson). Beide befinden sich eigentlich in einer Aufklärungsmission im Irak, liefern sich tatsächlich jedoch ein Wettrennen mit „Aufständischen“, die wohl den IS darstellen sollen. Während die Terroristen wertvolle Kulturgüter vernichten, wollen die beiden Männer die Schätze klauen, um sie später auf dem Schwarzmarkt zu verscherbeln. Während ihrer „Mission“ quasseln sie trotz Todesgefahr unaufhörlich und sind zu Witzen auf „Transformers“-Niveau aufgelegt. Morton findet schließlich die vergrabenen Überreste von Ahmanet, womit das Unheil seinen Lauf nimmt – vor allem für ihn persönlich, da er nun der „Auserwählte“ ist, der dem Bösen als Körper dienen soll.
Der unpassende „Humor“ dieser Figuren-Etablierung bleibt leider kein Einzelfall, sondern nimmt vorweg, woran der gesamte Film krankt. Er findet nie so etwas wie den richtigen Ton. Mal gibt er sich als Horrorfilm, mal als Buddy-Movie und zwischendurch darf‘s auch noch ein bisschen Mystery sein. Die einzelnen Elemente passen aber nie wirklich zusammen. Die vermeintlich lustigen Dialoge wurden offenbar für ein eher jugendliches Publikum geschrieben – ein paar Sexwitzchen dürfen dabei nicht fehlen. Das ist in Sachen Atmosphäre aber reichlich kontraproduktiv für den Grusel, den man sich hier eigentlich auf die Fahnen geschrieben hat. Doch auch in der Hinsicht stellt man sich hier nicht sonderlich geschickt an. Allein der Umstand, dass die Leinwand häufig so dunkel wird, dass kaum noch etwas zu erkennen ist, ist leider kein Garant dafür, dass der Horror wirklich bis zum Publikum kriecht.
Schlimmer noch als diese groben Unstimmigkeiten in der Tonart ist der nahezu komplett fehlende inhaltliche Fokus. Die Drehbuchautoren schaffen es – abgesehen von den ersten Minuten – nicht, ein wirkliches Bedrohungsszenario zu entwerfen. Die Mumie hält sich mit ihren Fähigkeiten meist vornehm zurück und was von dem „Bösen“, das ja irgendwann mal zum Vorschein kommen könnte, vielleicht zu befürchten ist, lässt sich auch bloß erahnen.
Vielleicht war es auch gar nicht gewollt, hier das nächste Weltuntergangsszenario zu entwerfen. Die Geschichte vorrangig auf die persönliche Ebene zu reduzieren scheitert jedoch an den kaum entwickelten Charakteren. Morton ist ein Dieb, denkt offenbar immer nur an sich selbst und macht im Minutentakt neue grässliche Entdeckungen mit damit einhergehenden Gesichtsverrenkungen von Tom Cruise. Damit hat er immerhin noch ein bis zwei Eigenschaften mehr als seine weibliche Begleitung. Das Wohlergehen der Charaktere ist einem jedenfalls völlig egal.
Im Ergebnis ist diese wiederbelebte „Mumie“ dann vor allem eines: langweilig. Kein einziger Plotfaden mag zu fesseln, nicht die vermeintliche Bedrohung für die Menschheit, nicht das mit dem antiken Unheil verknüpfte persönliche Schicksal des Soldaten und auch nicht die sich natürlich irgendwie abzeichnende Läuterung dieses Egoisten. Dass der Film so langweilig ist, liegt ganz wesentlich auch daran, dass er hektisch von einer Szene zur nächsten hetzt und sich dabei immer wieder unglaubwürdiger Momente bedienen muss, um die Entwicklung voranzutreiben. Jede entscheidende Wendung in diesem Film basiert auf einer dummen oder nicht nachvollziehbaren Handlung eines Charakters.
Gibt es dennoch irgendetwas, das Lust auf die nächsten Schritte im „Dark Universe“ macht? Nicht wirklich. Der von einem Charakter in „Die Mumie“ geäußerten Einladung „Welcome to a new world of gods and monsters“ kann man also getrost entgegnen: Danke, aber ich warte lieber erstmal draußen und hänge noch ein bisschen mit Spidey ab.
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