Der Krieg des Charlie Wilson

Originaltitel
Charlie Wilson's War
Land
Jahr
2007
Laufzeit
95 min
Regie
Release Date
Bewertung
8
8/10
von Volker Robrahn / 11. Juni 2010

 

Es ist eine Geschichte, die zwar förmlich danach schreit verfilmt zu werden, gleichzeitig aber selbst politisch interessierten Menschen bisher kaum bekannt gewesen sein dürfte. Während in der Ära des damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan z.B. der Name des CIA-Waffenschiebers Oliver North jahrelang durch alle Medien geisterte, war das bei dem gleichzeitig agierenden Charlie Wilson nicht der Fall. Wenn wir zu Beginn des Films also der Parade zu Ehren dieses Mannes beiwohnen dürfen und im Hintergrund ein großes Banner mit den Worten "Charlie did it" prangt, dann stellt sich erstmal die Frage: Was, bitte schön, hat dieser Charlie denn getan?

Etwas, das man ihm mit diesem Image und nach den Eindrücken der ersten Minuten von "Der Krieg des Charlie Wilson" jedenfalls kaum zugetraut hätte. Zwar ist Charlie (Tom Hanks) durchaus politisch interessiert, denn sonst hätte er es wohl auch kaum bis zum Kongressabgeordneten des Staates Texas gebracht. In erster Linie scheint dem genussfreudigen Politiker aber an seinem eigenen Wohlergehen gelegen, was sich an der Menge seines Alkoholkonsums, gepflegten Poolpartys und der Besetzung seines Büros festmachen lässt, welche auch dem "Playboy Mansion" alle Ehre machen würde. Was nicht bedeutet, dass die mit tiefem Dekolleté agierenden Damen nicht kompetent genug wären, Charlie lange Zeit erfolgreich den Rücken freizuhalten.
Immerhin: Nach einem ihn emotional berührenden Fernsehbericht erhöht Wilson Kraft seiner Stellung einfach mal kurzerhand das amerikanische Budget für Waffenlieferungen an die afghanischen Widerstandskämpfer im Kampf gegen die russischen Besatzer auf allerdings immer noch lächerliche fünf Millionen Dollar. Seine gute Freundin, die texanische Multimillionärin Joanne Herring (Julia Roberts), eine verbissene Kommunistenhasserin, drängt ihn in dieser Richtung noch deutlich mehr zu tun, und der abgeklärte FBI-Mann Gust Avrakotos (Philip Seymour Hoffman) öffnet Wilson mal ein wenig die Augen über die bisherige Alibipolitik der USA, die offensichtlich den offenen Konflikt mit den Russen und eine entsprechende öffentliche Aufmerksamkeit vermeiden möchten. Nach Besuchen vor Ort, u.a. in einem pakistanischen Flüchtlingslager, ist Charlie schließlich wild entschlossen, den afghanischen Rebellen endlich ernsthafte Unterstützung zukommen zu lassen.

Diese komplexe Geschichte mit ihren zahlreichen politischen Verknüpfungen wird nun aber längst nicht so trocken und nüchtern umgesetzt, wie es die Materie vermuten lässt. Im Gegenteil, es gibt beim "Krieg des Charlie Wilson" jede Menge zu lachen und die witzig angelegten Szenen sind dabei sogar fast in der Überzahl. Das ist schon ziemlich überraschend, auch wenn zumindest die Besetzung der beiden Hauptrollen für so eine Variante ja eigentlich prädestiniert scheint. Denn auch wenn Tom Hanks in den letzten Jahren überwiegend ins dramatische Fach gewechselt ist, so steckt in ihm doch immer noch ein Erzkomödiant.
Dementsprechend brilliert er auch in der Rolle des Lebemannes Charlie Wilson, der genau weiß, von wessen Gnaden er bislang abhängig war, und sich völlig realistisch als politisches Leichtgewicht einschätzt. Wird er dann tatsächlich mal zu einem ernsthaften Einsatz genötigt, tritt er auch prompt ins erstbeste Fettnäpfchen und ordert unbedarft Whisky beim Empfang im pakistanischen Königspalast. "Ein Fehler, der sicherlich vielen unterläuft" verteidigt sich Wilson und "Nein, eigentlich nicht" macht ihm sein Gegenüber daraufhin unverblümt deutlich. Aber ein bisschen Wandlung zum Ernsthafteren muss dann schließlich doch noch sein, schließlich gilt es zu verdeutlichen, was Charlie zu seinem plötzlichen Engagement bewegt. Der dafür gewählte Augen öffnende Besuch im Flüchtlingslager wirkt zwar ein wenig aufgesetzt und gezwungen, aber da Hanks eben auch die ernsthaften Momente beherrscht, wirkt der gelegentliche Wechsel von der Komödie zur Betroffenheit zumindest nicht lächerlich.
Der größte Spaßmacher im Film ist aber sowieso ein Anderer, nämlich der mal wieder fast bis zur Unkenntlichkeit zurechtgemachte Philip Seymour Hoffman als abgewichster Agent, dessen diplomatische Fähigkeiten sich deutlich im Minusbereich bewegen. Ohne Rücksicht auf Verluste pöbelt sich der Charaktermime hier mühelos zur nächsten Oscar-Nominierung. Die Szene, in der er ständig seinen Bericht zur Lage unterbrechen und klaglos alle zwei Minuten das Büro des Abgeordneten Wilson verlassen muss, damit dieser seine Strategie gegen aufgekommene Koksgerüchte besprechen kann, hat dabei allemal das Zeug zum Klassiker. Eher wenig Raum zum Glänzen bleibt in dieser Männerrunde dann für Julia Roberts, die zwar eine für sie ungewöhnliche Rolle spielt, in der sie zumindest, sagen wir mal, "interessant" aussieht, aber ansonsten doch nur wenige Akzente setzt.

Trotzdem ist "Der Krieg des Charlie Wilson" vor allem ein Schauspielerfilm, mit nur wenigen aufwändiger inszenierten Actionelementen oder Kriegsszenen. Eine gelungene Mischung aus Komödie am Rand der Satire und dem Einblick in wohl gar nicht mal so unrealistische Abläufe des alltäglichen politischen Ränkespiels ist dem Regieveteranen Mike Nichols da gelungen. Rund vier Jahrzehnte nach "Wer hat Angst vor Virginia Woolf?" und der "Reifeprüfung" beweist Nichols, dass ihm sein Gefühl für pointierte Dialoge und perfektes Timing noch nicht abhanden gekommen ist.
Diese entspannte und größtenteils heitere Herangehensweise an ein eigentlich überhaupt nicht witziges Thema entpuppt sich als die künstlerisch überzeugendste und auch erfolgversprechendste in einem Kinojahr, welches ähnlich gelagerte, aber staubtrockene und mit der moralischen Keule ausgestattete Werke wie "Machtlos" oder "Von Löwen und Lämmern" auf hohem Niveau scheitern ließ.
Nur etwas arg kurz ist der Film geraten, ansonsten wären vielleicht gegen Ende auch etwas mehr als die ein bis zwei Alibisätze drin gewesen, die korrekterweise darauf hinweisen, dass die USA hier mal wieder etwas nicht zu Ende geführt, sondern die siegreichen Afghanen nach dem Rückzug der Russen einfach ihrem Schicksal überlassen haben. Den am Horizont bereits lauernden Osama Bin Laden sucht man hier jedenfalls vergeblich. Aber das ist dann wohl auch nicht mehr der Krieg des Charlie Wilson.


1
1/10

Kein Wunder, dass der Film verschmäht wurde - stinklangweilige Polit-Satire mit ein, zwei guten Gags und Top-Schauspielern... dennoch stinklangweilig und ohne irgendeinen Höhepunkt. Vergeudete Zeit.

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6
6/10

Na ja. Tom Hanks und P.S. Hoffman spielen wirklich um ihre Leben, die angesprochene Szene, in der Wilsons Koksprobleme theatmaisiert werden, ist tatsächlich unvergesslich. Aber ansonsten kann sich der Film nicht wirklich entscheiden, was er sein will: Zur Satire oder gar Komödie fehlt ihm das Timing und die Stringenz; zum politischen Film reicht es auch nicht, denn die übergeordneten politischen Zusammenhänge werden bestenfalls flüchtig - wenn überhaupt - angesprochen. Auf überraschende Wendungen und Einsichten wartet man vergebens.
Es bleibt die dartellerische Leistung - wegen der lohnt es sich, den Film anzusehen, für mehr aber nicht.

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9
9/10

Fand den Film sehr unterhaltsam und gleichzeitig interessant, hat es trotz seiner kalr komödischianten Einschlags geschafft eine NAchricht zu vermitteln. Tolles Kino

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8
8/10

Tja, welche Nachricht soll und denn da Vermittelt werden? Das die USA damals in Afganistan nur den halben Job gemacht haben und nun im Irak nicht den gleichen Fehler machen dürfen. Eventuell kommt ja in den USA bei dem einen oder anderen Kinobesucher der Eindruck auf, Obama könnte der falsche Präsdentschaftskandidat sein da er den Rückzug angekündigt hat. Insgesamt ein unterhaltsamer Film, der auch gewisse Einblicke über mögliche Koaltionen, Lobbyarbeit, US-amerikan. Haushaltfragen und Einflussnahmen gibt.
Wer solche Filme unkritisch für wahr nimmt, weil sie auf einer waren Begebenheit basieren liegt mindestens so daneben, wie der der Verschwörungstheorien daraus entwickelt (letzter hat zumindest Fantasie).

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4
4/10

Also kann die Bewertung nicht nachvollziehen. Ich muss sagen, dass ich den Film im englischen Original gesehen habe, d.h. es kann sein, dass ich einige Zusammenhaenge nicht verstanden habe.
ABER, die Kritik kann ich echt nicht nachvollziehen.
Vorallem die Darstellungen des Auslands (Afghanistan, Egypten) und deren Landsleute sind mir einfach viel zu einseitig. Z.b. die Szenen im Fluechtlingscamp, besonders die, in der Kongressabgeordnete zum Krieg aufruft finde ich hoechst fragwuerdig. Ebenso der Hubschrauber Angriff der Russen auf das afghanische Dorf. Diese Szene koennte man ohne Weiteres in Team America schneiden und niemand der den Film zuvor nicht gesehen hat wuerde sich wundern(von den puppen abgesehen).
Das Wilson Zitat "We had a good start, but we messed up in the end..."
hilft da auch nicht mehr.

Filmisch wie inhaltlich hoechst fragwuerdig...

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