Es bahnt sich ein kleines Phänomen an. Denn glaubt man dem Interesse um nicht zu sagen der Aufregung die sich seit einiger Zeit in den Medien beobachten lässt, dann heißt der potentielle Blockbuster des Sommers nicht etwa „Indiana Jones“ oder „Oppenheimer“ sondern womöglich „Barbie“. Offenbar ist es gelungen eine große Anzahl von Menschen auf die Realverfilmung der genauso beliebten wie umstrittenen Spielzeugfigur für Mädchen neugierig zu machen, die weit über die eigentliche Kernzielgruppe hinaus geht. Es war aber auch spannend, was denn wohl ein selbstbewusster Hollywood-Star wie Margot Robbie und vor allem eine anerkannte Independent-Filmerin wie Greta Gerwig als erklärte Feministinnen mit dieser Marke unter dem Segen der Herstellerfirma Mattel anfangen werden. Das Ergebnis liegt nun vor und ist im Kern eine doch erstaunlich brave und harmlose Satire.
In der zunächst die quietschbunte, ganz leicht von der Farbe Pink dominierte Welt der Hauptfigur präsentiert wird, bei der es sich um eine blonde und mit Modelmaßen ausgestattete „stereotypische“ Barbie handelt, die gemeinsam mit ihren zum Teil völlig anders daherkommenden Barbie-Freundinnen sowie den männlichen, eher eigenschaftslosen Kens jeden Tag ein ganz wundervolles, unbeschwertes Leben lebt. Bis unserer Barbie plötzlich unpassende Gedanken über unaussprechliche Dinge wie den Tod kommen und selbst ihre zarten Füße nicht mehr wie bislang mühelos über dem Boden schweben wollen. Das muss eine Art Fehler in der Matrix sein und hängt irgendwie (so ganz genau weiß dass auch die Ratgeberin „Weird Barbie“ nicht) mit dem Zustand ihrer Puppenbesitzerin in der realen Welt zusammen, und dahin muss sich deshalb auf den Weg gemacht werden.
In der Hoffnung, von ihr nun endlich etwas mehr beachtet zu werden, macht sich ihr hartnäckigster ebenfalls blonder Ken-Verehrer mit ihr auf die aufregende Reise. Die uns in eine Welt führt die dem leicht tumben Ken gleich viel besser gefällt, schließlich haben dort (und vor allem auch in der Führungsetage von Mattel) die Männer das sagen, und Mann zu sein genügt offenbar an sich schon um respektiert zu werden – ein Konzept, dass Ken umgehend auf Barbieland zu übertragen versucht und mit den entsprechenden Auseinandersetzungen um die dortige Vorherrschaft beschäftigt sich dann auch der Rest der Laufzeit.
Eine Culture Clash-Geschichte also, in der sich Fantasy-Figuren in die reale Welt begeben und umgekehrt. Das ist nun wirklich nichts Neues und von Disney-Filmen wie „Verwünscht“ über Gaming-Varianten wie „Free Guy“ schon oft durchgekaut worden. Hier zwar mit dem besonderen Kick der ein wenig mehr auf reale Verhältnisse gemünzten Gesellschaftssatire, doch kommt die ein ganzes Stück konventioneller daher als man es bei den beteiligten Namen erwarten und eben auch erhoffen durfte. Denn machen wir uns nichts vor: Wenn selbst der Spielzeughersteller Mattel über die Unzulänglichkeiten seiner hier gezeigten Führungsriege schmunzeln kann, dann tun die halt nicht wirklich weh. So sind denn die dort vertretenen Herren auch eher tölpelhaft und naiv als irgendwie eiskalt und berechnend, und mit ein paar schönen Worten lässt sich am Ende eh alles mit einer großen Versöhnung feiern. Also so wie in jedem anderen familienfreundlichen Hollywood-Produkt auch.
Durch die Einbeziehung der Barbie-Erfinderin Ruth Handler, die ein paar weise Worte sprechen darf, wirkt das alles noch liebenswerter und die in der Realität über Jahrzehnte diskutierte Frage, ob die mit ihrer unerreichbare Ideale vorgebenden Kreation den Frauen tatsächlich einen Gefallen getan hat, wird hier nicht wirklich gestellt. Wenn Frauen sich hier grundsätzlich etwas cleverer anstellen als das Möchtegern-Patriarchat so dürfte das dem weiblichen Publikum sicher gefallen, aber wie gesagt, eigentlich sind und haben sich doch sowieso alle lieb, da können auch die Herren bedenkenlos mitschmunzeln .
Was nicht heißen soll, dass es sich bei Gerwigs „Barbie“ nicht um ein ziemlich unterhaltsames Stück Kino handelt. Denn witzig ist das Ganze die meiste Zeit schon, es gibt ein paar wirklich komische Gags und Sprüche und das Publikum lacht viel und aus ganzem Herzen. Weil es halt immer lustig ist sich über Klischees zu amüsieren, da ist es meist nicht so schwer ein paar sichere Lacher abzugreifen. Und natürlich ist Margot Robbie auch die Idealbesetzung für diese Figur, die die Fähigkeit besitzt völlig in ihrer Rolle aufzugehen und dabei trotz aller Übertriebenheit auch eine gewisse Herzenswärme auszustrahlen.
Über die hier und da bereits aufkommenden Forderungen nach einem Oscar für Ryan Goslings Ken muss man aber wohl nicht ernsthaft diskutieren, dafür reicht die Darstellung einer einfach nur doofen und schlichten Figur dann doch nicht aus. Bunt, witzig, aber auch sehr albern geht es hier also zu und viel braver als es möglich gewesen wäre, denn was subversive, mitunter auch zynische und wirklich böse Komik angeht, bietet da jede South Park-Folge mehr. „Viel Spaß“ kann man für den Besuch von „Barbie“ also guten Gewissens wünschen, viel mehr aber leider nicht.
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