Per Anhalter durch die Galaxis

Originaltitel
The Hitchhiker's Guide to the Galaxy
Land
Jahr
2005
Laufzeit
110 min
Release Date
Bewertung
6
6/10
von Frank-Michael Helmke / 4. Juni 2010

Die Legende über die Entstehung eines der außergewöhnlichsten und sicher eines der meistgeliebten Bücher, das je das englische Eiland verließ (einflussreicher als die gesammelten Werke von William Shakespeare und mit größerem intergalaktischen Informationsgehalt als die Encycloaedia Britannica), besagt, dass sein Autor Douglas Adams im Jahre 1971 - damals ein bettelarmer Rucksacktourist ohne einen Penny in der Tasche - betrunken auf einem Feld im schönen Innsbruck lag, eine gestohlene Ausgabe des "Hitchhiker's Guide to Europe" in seiner Tasche, zu den Sternen hinauf blickte und darüber sinnierte, dass jemand einen "Hitchhiker's Guide to the Galaxy" schreiben sollte - einen Reiseführer für Anhalter durch die unendlichen Weiten des Universums.
Der Rest ist Geschichte: 1978 sendete die BBC Adams' sechsteilige Radioserie "Per Anhalter durch die Galaxis", ein Jahr später erschien die Romanversion, zu der erst zwei, später dann noch zwei Fortsetzungen entstanden, um aus dem Anhalter-Opus eine Trilogie mit fünf Teilen zu machen. Wenn sich je ein literarisches Werk als "Kult-Buch" bezeichnen durfte, dann dieses: Adams' wilder Mix aus aberwitziger Science-Fiction-Parodie, grenzenlosem Einfallsreichtum, trockener Sinnsuche-Satire und typisch britischem Humor steht in den Annalen der Verlagsindustrie vielleicht nicht ganz als eines der erfolgreichsten, aber sicher als eines der witzigsten Bücher, die jemals geschrieben wurden. Alle, die die Anhalter-Trilogie noch nicht gelesen haben, sollten das sofort nachholen.
20 Jahre lang versuchte Douglas Adams im Folgenden, eine Filmversion des "Anhalters" zustande zu bringen (die BBC hatte Anfang der 80er eine recht trashige TV-Miniserie daraus gemacht) und schrieb selbst drei verschiedene Drehbuchfassungen. Tragischerweise war es ihm nicht vergönnt, das Endprodukt seiner langjährigen Bemühungen zu sehen: Vollkommen überraschend verstarb Adams am 11. Mai 2001 an einem Herzinfarkt. Die Welt ist ein traurigerer Ort ohne ihn.

Da diese Verfilmung nun so etwas wie eine posthume Würdigung für Adams und sein Gesamtwerk ist, möchte man als leidenschaftlicher Verehrer von Autor und Werk dem Film eigentlich nur das Beste wünschen - wäre da nicht von vornherein das Wissen, dass sich der "Anhalter" schlichtweg nicht adäquat verfilmen lässt. Das mögen viele Bücherfans über ihre Lieblingswerke sagen (manche Leute hielten ja selbst die "Herr der Ringe"-Trilogie für unzureichend), doch kaum eine Literaturverfilmung hatte mit einem Ausgangswerk zu kämpfen, dass a) sich dermaßen ergötzt in der Kreierung vollkommen fremder Welten, Wesen und Phänomene, dass man selbst beim lesen Probleme hat, sich all diese Dinge in der eigenen Phantasie vernünftig vorzustellen, und b) ohne eine stringente Dramaturgie funktioniert. Der "Anhalter" ist eher eine Reihe von verrückten Episoden als eine wirklich runde und sich entwickelnde Geschichte, und kann daher nicht vernünftig an die Konventionen und Notwendigkeiten eines Filmplots angepasst werden. Und genau das ist dann auch der offensichtliche und entscheidende Schwachpunkt dieser Verfilmung.

Für alle Nicht-Kenner der Vorlage kurz die Kerngeschichte: Der unbedarfte Engländer Arthur Dent (Martin Freeman) erfährt eines Morgens von seinem langjährigen Freund Ford Prefect (Mos Def), dass dieser in Wirklichkeit ein Außerirdischer ist, als Reporter für den intergalaktischen Reiseführer "Per Anhalter durch die Galaxis" arbeitet und seit nunmehr fünfzehn Jahren auf der Erde gestrandet ist. Wenige Minuten später wird die gesamte Erde von einer Bauflotte vogonischer Raumschiffe zerstört, um Platz für eine neue Hyperraum-Expressroute zu machen, und Arthur Dent - dank Fords Erfahrungen als intergalaktischer Anhalter auf eines der Vogonen-Schiffe gerettet - ist der einzig überlebende Mensch. Abgesehen natürlich von seiner Party-Bekanntschaft Tricia McMillian (Zooey Deschanel), die wenige Wochen zuvor mit Zaphod Beeblebrox (Sam Rockwell), dem zweiköpfigen und dreiarmigen Präsidenten der Galaxis, durchgebrannt war. Zusammen mit dem deprimierten Roboter Marvin (im Original göttlich gesprochen von Alan Rickman) macht sich das Quartett im gestohlenen Raumschiff "Herz aus Gold" mit seinem unendlichen Unwahrscheinlichkeitsantrieb auf zum sagenumwobenen Planeten Magrathea, auf der Suche nach der ultimativen Frage nach dem Leben, dem Universum und allem.

Warum sie nur die Frage und nicht die längst bekannte Antwort suchen, und welche Rolle die zerstörte Erde dabei spielt, gehört zu den kongenialen Einfällen von Adams und ist Teil der von seinen Fans sorgsam gepflegten Anhalter-Folklore. Da diese Suche (aus ihr eigenen Gründen) aber leider nicht als dramaturgischer Rahmen für die Filmhandlung taugte, muss sich die Verfilmung von "Per Anhalter durch die Galaxis" einiger Storyelemente bedienen, die im Buch nicht vorhanden waren, um der ganzen Sache ein emotionales Zentrum zu geben. Das führt zum einen zu einigen gänzlich neuen Szenen, die sich größtenteils als die unlustigsten und langatmigsten des ganzen Films erweisen, und zum anderen zu einer aufgezwungenen und drum einfach nicht überzeugenden Liebesgeschichte, die dem Film eben jenen in sich geschlossenen Rahmen geben soll, den das Buch nicht parat hielt.
Die ohnehin schon etwas zerfahrene Handlung kommt zudem immer wieder ins Stocken, wenn notwendige Hintergrundinformationen per Zitat aus dem "Anhalter" (im Original aus dem Off verlesen von Komiker Stephen Fry, und unterlegt mit durchaus einfallsreichen und lustigen Animationen) vorgetragen werden, was zum einen zwar zu den komischsten Elementen des Films gehört, zum anderen die ganze Angelegenheit aber auch etwas holprig gestaltet. Weil in der verrückten Welt von Douglas Adams einfach zu viel erklärt werden muss, kommt der Film nie so recht in Fluss, und es wird selbst beim Zusehen schnell offensichtlich, dass das Lesen des Buches hier wohl wirklich mehr Spaß macht.
Etwas unstet kommt auch der allgemeine visuelle Look des Films daher: Da erinnern viele Kulissen - gerade innerhalb der "Herz aus Gold" - mit unverkennbarem Trash-Faktor an die alte BBC-Serie, während Außerirdische wie die Vogonen aus dem legendären Jim Henson-Puppenstudio kommen und ebenfalls leichten 80er Jahre-Charme versprühen. In manchen Szenen herrscht verdächtige Dunkelheit, wenn eine detaillierte (und gut ausgeleuchtete) Darstellung des Szenarios ziemlich teuer geworden wäre. Allerdings weiß man auch ganz genau, wo die "money shots" liegen, und Freunde der Vorlage wird es nicht wundern, dass der imposanteste Anblick im ganzen Film die Montagehalle von Magrathea ist. Hier findet der Film gegen Ende dann auch endlich zu jenem Tempo und konstanter Witzigkeit, die man im übrigen Verlauf ein wenig vermisst hat.

Man kann den Machern nicht wirklich sauer sein: Sie wollten Douglas Adams und seinem Werk so treu wie möglich bleiben, und man spürt die Verehrung, mit der hier gearbeitet wurde. Dass es - nun erwiesenermaßen - einfach unmöglich ist, den "Anhalter" mit Adams' wild davon galoppierender Kreativitätsexplosion überzeugend auf die Leinwand zu bringen, ist nicht ihre Schuld. Sie haben ihr Bestes gegeben.
Dennoch: Trotz der inhärenten Schwächen ist "Per Anhalter durch die Galaxis" ein durchgeknallter und unterhaltsamer Kinospaß, bei dem auch Kenner und Verehrer der Vorlage desöfteren viel zu lachen haben werden. "Anhalter"-Unerfahrene dürften sich sogar köstlich amüsieren - einen Hang zu gänzlich verrückten Ideen natürlich vorausgesetzt. Spätestens nach dem Kinobesuch sollte man aber auf jeden Fall sofort in den nächsten Buchladen wetzen und sich die "Anhalter"-Trilogie zulegen. Dann erfährt man auch, wo (bzw. wann) sich das Restaurant am Ende des Universums befindet, wieso der nützlichste Gegenstand für einen interstellaren Reisenden ein Handtuch ist, und warum man auf jedem anderen Planeten dieser Galaxis für den Satz "Ich mag Kricket" sofort hingerichtet würde. In diesem Sinne: Keine Panik!

Bilder: Copyright

9
9/10

Der film hat mich beeindruckt. Das buch is ebenso beeindruckend.
Die leute die den film nicht gut finden haben ihn nicht verstanden

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