Air: Der große Wurf

Originaltitel
Air
Land
Jahr
2023
Laufzeit
111 min
Genre
Regie
Release Date
Streaming
Bewertung
7
7/10
von Matthias Kastl / 16. Mai 2023

Da sind sie also wieder, die wohl dicksten Freunde Hollywoods. In "Air: Der große Wurf" schlüpfen Matt Damon und Ben Affleck in 80er Jahre Klamotten, um uns die Ursprünge der legendären Partnerschaft zwischen dem Sportartikelhersteller Nike und der Basketballlegende Michael Jordan näherzubringen. Das ist über weite Strecken wundervoll gespielt und leichtfüßig inszeniert, da der Film seine Geschichte und seine Figuren immer mit einer angenehmen Portion entspannter Selbstironie ausstattet. Und erst gegen Ende, wenn der Film ein klein wenig schwächelt, wird einem bewusst, dass man es sich mit seinen Protagonisten und vor allem dem Porträt von Nike dann doch vielleicht ein klein bisschen zu einfach macht.

Aufgebaut wie eine klassische Underdog-Geschichte begleitet der Film die im Jahr 1984 kurz vor der Auflösung stehende Basketballschuhsparte von Nike, die in der Verpflichtung des aufstrebenden Talentes Michael Jordan die letzte Chance für ihr Überleben sieht. Genauer gesagt tut dies eigentlich nur Nikes Talent-Scout Sonny Vaccaro (Matt Damon, "Die Bourne Verschwörung", "The Last Duel"). Nike-Chef Phil Knight (Ben Affleck, "The Town", "Argo") und Marketingguru Rob Strasser (Jason Bateman, "Up in the Air", "Juno") halten diesen Weg angesichts der übermächtigen Konkurrenz für wenig erfolgversprechend. Doch Sonny sieht darin die einzige Chance, selbst wenn dies für ihn bedeutet entgegen der Gepflogenheiten der Branche direkten Kontakt zu Michael Jordans Mutter (Viola Davis, "Fences", "Prisoners") aufzunehmen.


Mal ehrlich, auch wenn "Air: Der große Wurf" seine teils nerdigen Protagonisten mit einer scheinbar aussichtslosen Mission betraut, nach echtem Underdog-Feeling klingt das hier nun ja eigentlich nicht. Schließlich war Nike damals immerhin schon der drittgrößte Sportschuhhersteller und nagte nicht gerade am Hungertuch. Gerade deswegen ist es durchaus beeindruckend, wie der Film es schafft sehr schnell Sympathien für seine zentralen Figuren und deren Mission zu generieren. Das liegt zum Großteil an dem tollen Schauspielensemble, allen voran Matt Damon. Der gibt hier voller Spielfreude genau die richtige Mischung aus genauso besessenem wie liebenswürdigem Nerd. Mit Jason Bateman stellt man ihm dann auch noch einen Darsteller an die Seite, der ja nichts besser kann als per se schon nett zu wirken. Und auch wenn Ben Affleck in seiner Rolle ein bisschen aggressiver auftritt, wird doch auch hier tunlichst vom Drehbuch darauf geachtet ihn ja immer wieder emotional einzufangen. Und zur Not steckt man Affleck einfach in einer 80er Jahre Trainingsoutfit und schon bringt man das Publikum wieder zum Grinsen.

Es ist dann auch das Erfolgsrezept des Films, trotz vieler emotionaler Wortgefechte zwischen den Figuren nie die Leichtigkeit zu verlieren und all den Wirbel immer mit einem gewissen Augenzwinkern zu kommentieren. Der poppige 80er Jahre Soundtrack leistet da natürlich auch gute Dienste. Vor allem aber liefert das Drehbuch gerade in der ersten Stunde ein wundervoll leichtfüßiges Dialogfeuerwerk ab, das dank jeder Menge Ironie und lakonischen Seitenhieben konstant für gute Laune sorgt. Die Regie von Ben Affleck ist ebenfalls schwungvoll und weil das alles so souverän und teils mitreißend umgesetzt ist, kann man leicht übersehen, wie einfach man es sich dann doch mit den durchaus kritischeren Aspekten der Story macht. Genau einmal blitzt zumindest kurz Kritik an der Produktionspolitik von Nike (Stichwort Billiglohnländer) auf, aber die ist so vorsichtig formuliert und wird so fix abgefrühstückt, dass man es auch direkt wieder vergessen hat – und offensichtlich auch soll. Nein, hier will man einfach nur oberflächlichen Spaß mit der Geschichte haben. Und für lange Zeit hat man den auch, bis am Ende dann doch zumindest ein wenig der Schleier fällt.


Das große Finale fällt dann nämlich doch eine Spur zu nett und oberflächlich aus, so dass hier dann doch das erste Mal so richtig deutlich wird, wie wichtig es dem Film ist alle Parteien (insbesondere Nike) möglichst toll dastehen zu lassen. Der Film verliert gerade auf dem eigentlichen Höhepunkt, dem großen Meeting zwischen Nike und Familie Jordan, auch deutlich an Momentum. Man hat nämlich die (nachvollziehbare) Entscheidung getroffen, das Gesicht von Michael Jordan bzw. seines Darstellers nie so wirklich oder wenn nur ganz kurz im Anschnitt zu zeigen (und ihm auch genau null Dialog zu geben) – wohl aus Angst, dass kein Schauspieler der Welt dem Vergleich mit dem Original standhalten würde. Das raubt aber Sonnys großer Rede, mit der er Jordan schlussendlich überzeugen will zu Nike zu kommen, am Schluss einiges an Wirkungskraft, weil man schlicht nie die Reaktion seines entscheidenden Gegenübers sieht.

So klingen Sonnys Worte dann deutlich hohler und berechenbarer und auf einmal wird einem dann doch bewusst, dass die gute Stimmung und die tollen Darsteller davor doch ganz gut kaschiert haben, dass hier am Ende ein paar wohlsituierte Menschen einfach nur knallharte Businessdeals aushandeln. Und so bleibt zumindest ein kleiner Nachgeschmack in einem ansonsten aber über weite Strecken wirklich sehr unterhaltsamen Film. Und vielleicht entscheiden sich die Kumpels Damon und Affleck das nächste Mal ja wieder für eine echte Underdog-Story.

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