
Niemand kennt seinen Namen, nur ab und zu taucht sein Gesicht auf unscharfen Fotos auf, die ihn zusammen mit einigen der gefährlichsten Verbrecher der Welt zeigen, für die er offenbar eine spezielle Arbeit erledigt. „Wer kann solche Auftraggeber überleben?“ fragt Steuerfahnder Ray King (J.K. Simmons) sowohl sich, als auch seine Mitarbeiterin Marybeth Medina (Cynthia Addai-Robinson), die er auf den mysteriösen Fall ansetzt. Derjenige, den sie suchen ist Christian Wolff (Ben Affleck), der einerseits autistisch veranlagt ist, dafür aber ein besonderes Talent im Umgang mit Zahlen besitzt.
So genial er mit Hilfe der Mathematik die Bücher seiner Klienten frisiert und so deren Geld wäscht, so schwer tut sich Wolff jedoch im Umgang mit seinen Mitmenschen, weshalb er meist zurückgezogen in seinem karg eingerichteten Haus sitzt. Auch der Buchhalterin Dana (Anna Kendrick) erscheint er zunächst etwas merkwürdig, doch hilft er ihr dabei die Unstimmigkeiten in der Bilanz einer großen Firma für Robotik aufzuklären. Denn zur Abwechslung und zum Selbstschutz hat der Accountant diesmal einen völlig legalen Job angenommen - so scheint es zumindest.
Tatsächlich entpuppt sich ausgerechnet dieser Auftrag jedoch als der brisanteste und gefährlichste in der gesamten Karriere dieses neuen Superhelden namens Christian Wolff. Wie bitte, Superheld? Ja genau, so muss man ihm im Grunde bezeichnen, denn was sich Drehbuchautor Bill Dubuque („Der Richter“) hier ausgedacht hat und was zunächst einige Jahre auf der „Black List“ der als unverfilmbar geltenden Skripte verbrachte, ist zumindest mal etwas Neues, denn einen Autisten, der gleichzeitig eine tödliche Kampf- und Killermaschine ist, das hatten wir bisher noch nicht. Da der Herr Papa des kleinen Christian ein erfahrener Army-Kämpfer war und schon früh damit begann seinen „problematischen“ Sohn zwecks besserer Lebenschancen im Nahkampf zu unterrichten, haben wir es hier nun also mit einer kuriosen Kombination zu tun, auf die man auch erst mal kommen muss.
Allzu glaubwürdig und realistisch kommt die freilich nicht daher, was nicht nur an der gewagten Charakterisierung an sich sondern auch am Spiel von Ben Affleck liegt, der zwar zunächst durchgehend mit apathisch-gleichgültigem Blick durchs Bild läuft und dabei ähnlich roboterhaft spricht wie es zu den Produkten seines aktuellen Auftraggebers passt. Wenn mit fortschreitender Handlung jedoch auch die andere, physische Seites seines Charakters in den Vordergrund tritt, sind auf einmal aber doch relativ „normale“ Gespräche mit ihm möglich.
Was allerdings nur dann von größerer Bedeutung wäre, wenn sich Film und Geschichte selbst zu ernst nehmen würden, dass ist jedoch (ebenfalls mit fortschreitender Handlung) zusehends weniger der Fall. Man ist sich offenbar der Absurdität dieser wilden Räuberpistole absolut bewusst und sorgt daher lieber für so viel rasante und amüsante Unterhaltung, dass die Fragen nach einem realistisch-glaubwürdigen Ansatz irgendwann eh obsolet werden. Dazu tragen dann auch noch gleich mehrere Story-Twists bei, mit denen die Motivationen der einen oder anderen Figur nochmal ordentlich durchgeschüttelt bzw. komplett auf den Kopf gestellt werden. So kommt praktisch kein Leerlauf auf und Spaß macht diese merkwürdige Variante eines Buchhalters zweifellos schon, ehrlich gesagt sogar eine ganze Menge.
Denn das Skript ist zwar ziemlich unrealistisch, aber halt nicht doof, sondern im Gegenteil äußerst clever zusammengesetzt, hier gilt im Grunde auch insgesamt die bereits gemachte Aussage „haben wir so noch nicht gesehen“. Wobei die männlichen Darsteller eindeutig die interessanteren Figuren abbekommen haben, denn während für Anna Kendrick als bedrohte Gefährtin sowie Cynthia Addai-Robinson als manipulierte Ermittlerin nicht allzu viel rauszuholen ist, dürfen J.K. Simmons als altgedienter Fahnder und vor allem Jon Bernthal („The Walking Dead“) als brutaler, aber stilvoller Auftragskiller deutlich vielschichtigere Gesichter zeigen - und mit der Hauptfigur des „Accountant“ ist eventuell auch eine neue potentielle Serienfigur geboren. Alles zusammen ergibt dann ein höchst kurzweiliges Vergnügen, dass dermaßen verrückt angelegt ist , dass man es immerhin nicht komplett voraussehen kann.
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