Der Anfang ist absolut klasse: Wir befinden uns im Großbritannien von Danny Boyles "28 Days Later", und das bedeutet: Massen vom mit dem Wut-Virus infizierten, kaum noch menschlichen Wesen durchstreifen das Land auf der Suche nach etwas Essbarem, vorzugsweise in Form noch nicht angesteckter Überlebender. In einem Haus auf dem Land hat sich eine Gruppe verbarrikadiert, der es bisher gelang unentdeckt zu bleiben. Als man sich jedoch entschließt einen Fremden herein zulassen, bricht sogleich eine Horde "Rager" mit ein und das Versteck in sich zusammen. Nur Don (Robert Carlyle) kann in einer furios gefilmten Flucht entkommen, lässt dabei aber seine Frau zurück.
Was dann folgt, ist interessant: 28 Wochen später sind die Infizierten einfach verhungert und das Land wird für "virusfrei" erklärt. Die Einwohner kehren langsam zurück und erneut bekommen wir eindrucksvolle Bilder eines fast menschenleeren Londons gezeigt, diesmal sogar noch etwas ausschweifender. Don und seine Kinder Andy und Tammy (mit beeindruckender Ausstrahlung: Imogen Poots aus "V wie Vendetta") gehören zu den ersten Heimkehrern, doch das Gefühl wirklich wieder zu Hause zu sein mag sich nicht so recht einstellen, zu fremd wirkt die kalte Stadt und zu kurz liegen die traumatischen Ereignisse zurück. Um nicht als Feigling dazustehen hat Don den Beiden das Schicksal der Mutter etwas anders geschildert als tatsächlich geschehen. Umso größer ist die Überraschung, als die beiden Teenager bei einem Besuch im Elternhaus auf eben diese Mutter treffen - und zwar lebend. Obwohl Alice (Catherine McCormack) ganz eindeutig mit dem Virus infiziert ist, verhält sie sich nicht entsprechend und zeigt nicht die üblichen Symptome. Dank des Kunstgriffs eines bemerkenswert unaufmerksamen Wachdienstes gelingt es Don, seine Frau in der Quarantänestation aufzusuchen, er bittet sie um Verzeihung und küsst sie.
Von diesem Moment an bricht die Hölle los, die fein aufgebaute Atmosphäre in sich zusammen und die Handlung ist praktisch beendet, auch wenn noch nicht einmal die Hälfte der Laufzeit vorbei ist. Was jetzt noch kommt ist im Grunde eine einzige Actionsequenz, denn von hier an begleiten wir die Flucht der beiden Kinder und ihrer beiden Beschützer, einer Militärärztin und einem Scharfschützen. Auch der Beginn dieses Teils ist noch furios, gelingt es doch das ausbrechende Chaos und Durcheinander mit starken Bildern einzufangen und dabei sehr schön die Hilflosigkeit der Ordnungskräfte zu demonstrieren, die den Durchblick sehr schnell verlieren und schon bald keinerlei Rücksicht mehr auf Zivilisten nehmen. Wer möchte, darf diese Schilderung eines inkompetenten und überforderten Militärapparats sicher gern auch als Kritik an aktuellen Ereignissen verstehen.
Der Rest ist Genrefutter für Fans. Gerenne und Geballer, Attacken der Neu-Infizierten und die Flucht durch dunkle Tunnel hin zu einem angeblich sicheren Hort. Man kredenzt den einen oder anderen Splatter-Effekt, als Höhepunkt den beeindruckenden Einsatz der Rotorblätter eines Militärhubschraubers gegen gleich mehrere Dutzend der "Fast-Zombies". Ein Fest für jeden der so was mag, und eine ziemliche Zumutung für den Rest, so sich denn davon jemand in diesen Film verirrt. Der für diese Art Horrorfilm obligatorische Schlussgag fehlt auch nicht, kommt aber sehr vorhersehbar daher und widerspricht zudem noch den im Vorgänger gemachten Aussagen über die Zustände im Rest des alten Europas.
Danny Boyle selbst hatte erwartungsgemäß kein Interesse, die Fortsetzung seines Überraschungserfolgs selbst zu inszenieren und wendete sich mit "Sunshine" stattdessen lieber wieder einem neuen Genre zu. Bei "28 Weeks Later" fungiert er nun immerhin noch als ausführender Produzent und gab also somit sein Okay für einen Film, der die interessanten Gedankenspiele der Originalgeschichte nur zu Beginn aufgreift und sich danach als härteres, aber auch flacheres Sequel entpuppt. Der junge Regisseur Juan Carlos Fresnadillo zeigt dabei, dass er handwerklich Einiges drauf hat und qualifiziert sich somit für weitere, voraussichtlich aber wohl sehr ähnliche Aufgaben.
Denn dies ist zwar ein akzeptabler Film, aber auch einer der seine erzählerischen Möglichkeiten leichtfertig zu Gunsten eines rasant inszenierten Schlachtfestes verschenkt. Da waren wir in Teil Eins schon mal weiter und deshalb nennt man das Rückschritt.
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