Lange Zeit genießt die von Klaus Störtebeker (Roland Zehrfeld) und Gödeke Michels (Matthias Schweighöfer) angeführte Piratenbande nicht nur einige Beliebtheit beim einfachen Volk, sondern auch ihr abenteuerliches Leben in vollen Zügen, mit reichlich Spaß, Krawall und gelegentlichen Besuchen im heimatlichen Dorf. Doch das beginnt sich zu ändern, als Klaus bei einem Enterversuch schwer verletzt wird und nur um Haaresbreite dem Tod entrinnt. Als er sich kurz darauf auch noch ernsthaft verliebt, wird aus dem charismatischen Anführer plötzlich ein zweifelnder und zögernder Mensch, was dem Rest der Mannschaft nicht lange verborgen bleibt. Zwar bringt der Einsatz einer frisch erbeuteten neuen "Wunderwaffe" in Form einer Kanone den Freibeutern kurzfristig wieder Erfolge, aber selbst die können bald nicht mehr darüber hinwegtäuschen, dass die enge Freundschaft von Störtebeker und Michels auf eine ernsthafte Probe gestellt wird.
"Männerfreundschaft" ist in der Tat das Stichwort bei dieser neuen Version der Legende um den Piraten Klaus Störtebeker, die in nahezu jeder Hinsicht einen ganz anderen Ansatz verfolgt als der vor wenigen Jahren für das Fernsehen entstandene Zweiteiler, welcher sich eher als bunter Kostümschinken verstand, der Störtebekers Biographie mehr oder weniger historisch genau abhandelte. Dass wir es beim Kinofilm von Sven Taddecken nun mit einer rau-realistischen Schilderung der Geschehnisse und einigen eher grüblerischen Protagonisten zu tun haben, kommt aber nicht überraschend, sondern entspricht sogar den Erwartungen, die man an den Regisseur des Publikumserfolgs "Emmas Glück" durchaus stellen durfte.
Mit den Piraten-Spektakeln der Marke Hollywood kann "12 Meter ohne Kopf" dabei natürlich nicht mithalten und abgesehen von ein paar Enteraktionen und etwas Kanonendonner ist der Actionquotient nicht allzu hoch. Dafür hat man dann aber sichtbar auf dem offenen Meer gefilmt, was den realistischen Anstrich genauso verstärkt wie die Verwendung von originalgetreuen Nachbauten der alten Hanse-Koggen, mittelalterlichen Kostümen und der überzeugenden Kulisse des Zufluchtsorts Marienhafen.
Im krassen Widerspruch dazu steht dann aber die betont moderne und freche Sprache, die hier verwendet wird und die den Film offensichtlich davor bewahren soll, aufgrund der sonstigen Akkuratesse staubtrocken daher zu kommen. Gleichzeitig ist sie natürlich auch ein Fingerzeig auf die zeitlose und allgemein gültige Frage, was man mit seinem Leben anfangen möchte und welchen Weg man wählt. Denn während sich der Volksheld Störtebeker plötzlich danach sehnt, sesshaft zu werden und eine Familie zu gründen, will Kumpel Michels davon nichts wissen und pocht weiter auf die Werte "Freiheit" und "Abenteuer". Die Besetzung des sanften Riesen Roland Zehrfeld ("Der rote Kakadu") als Störtebeker und des hyperaktiven Wirbelwinds Matthias Schweighöfer als heimliche Hauptfigur Gödeke Michels überrascht dabei nur im ersten Moment. Denn beiden Schauspielern kommt offensichtlich das Temperament ihrer jeweiligen Figur sehr entgegen und beide können daher überzeugen, der eine mit zurückhaltendem und der andere mit aggressivem Spiel.
Für den größten Spaß und die besten Witze sorgen allerdings die zauberhaften Nebenfiguren, die man sich zur Erheiterung hat einfallen lassen (auch wenn es selbst für die meist reale historische Vorbilder gibt). Ob nun der feiste Gegenspieler Simon von Utrecht, die beiden schrägen Kopfgeldjäger Lange und Schocke oder der von Detlev Buck unnachahmlich gespielte Waffenhändler - all diese Figuren sorgen für gelungene kleine Kabinettstücke in einem Film, der ansonsten nicht durchgehend spannend oder lustig ist, sondern sich gelegentlich etwas zu sehr in seiner Nachdenklichkeit und Reflexion verliert, bis dann endlich wieder jemand "Fick die Hanse!" ruft. Interessant ist Taddeckens Ansatz aber allemal, schön anzuschauen und gut gespielt ist er außerdem.
Wer allerdings nach dem sehr konventionell auf Massentauglichkeit geschnittenen Trailer eine rasante Parodie im Stil der Bully-Filme oder einen reinen Klamauk wie bei Til Schweigers "1 1/2 Ritter" erwartet, ist hier definitiv auf der falschen Fährte und wird auch auf die legendäre Szene, in der Klaus Störtebeker nach seiner Enthauptung noch 12 Meter ohne Kopf an seinen Männern vorbei lief, vergeblich warten. Er könnte demnach entweder ein wenig enttäuscht oder auch angenehm überrascht werden. Für den Rezensenten gilt das Letztere.
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