Beasts of the Southern Wild

Originaltitel
Beasts of the Southern Wild
Land
Jahr
2012
Laufzeit
92 min
Genre
Release Date
Bewertung
10
10/10
von Volker Robrahn / 18. Dezember 2012

beasts 1Für das kleine Mädchen namens Hushpuppy (Quvenzhané Wallis) ist  es einfach die Welt, in der sie lebt, und eine andere kann sie sich auch gar nicht vorstellen. Die Bewohner nennen ihre Heimat „Bathtub“, sie leben, sterben und feiern auf dieser kleinen, von Sümpfen und wildem Wasser umgebenen Insel und von der Welt und den Menschen hinter dem großen Damm wollen sie nicht viel wissen und diese auch nicht von ihnen. Doch allen ist klar, dass bald eine große Flut kommen wird, nach der sich vieles, wenn nicht alles ändern könnte. Da ihr Daddy (Dwight Henry) sie zwar liebt, aber nicht mehr ganz gesund und daher nicht immer Herr der Lage ist, muss Hushpuppy für sich selbst sorgen, als der Tag des Umbruchs schließlich kommt. Aber das wird sie schon schaffen, denn sie hat ja gelernt wie der Kreislauf der Welt ist, in der einst die mächtigen Auerochsen herrschten. Wenn das Eis bricht und die gewaltigen Wesen zurückkehren, dann hat Hushpuppy jedenfalls keine Angst.

beasts 2
Es müssen wohl die Bewohner der Bayous in Louisiana, südlich von New Orleans sein, deren Leben und Sterben wir in „Beasts of the Southern Wild“ beobachten, doch so ganz sicher darf man sich da nicht sein. Denn die Welt, die sich vor den Augen des Zuschauers entfaltet, ist eine sehr fremde und geheimnisvolle, geschildert und beschrieben aus der Sicht eines achtjährigen Kindes. Es könnte auch eine schreckliche apokalyptische Endzeitvision sein, aber so erscheint es vermutlich nur den „zivilisierten“ Vernunftmenschen aus den großen Städten. Für die Bewohner ist ihr „Bathtub“ dagegen die selbstverständlichste, natürlichste Umgebung überhaupt, der schmutzige Fluss ihre Lebensader und tatsächlich: Der herben Schönheit und Magie, der von der Kamera eingefangenen visuellen Pracht kann man sich auf Dauer kaum entziehen, wird hier doch das Leben genauso gefeiert wie das unvermeidliche Sterben, wird der nahende Sturm mit einer wilden Party begrüßt, wird danach zwar getrauert, aber weitergemacht und nur Wenige entscheiden sich daraufhin die Gemeinschaft zu verlassen – glücklich sehen sie dabei nicht aus. Wer bleibt, passt sich an, so wie es immer war, und was die plötzlich auftauchenden Menschen in den weißen Anzügen mit ihren merkwürdigen Geräten wollen und für „das Beste“ halten, das spielt nicht wirklich eine Rolle und ist auch keinesfalls akzeptabel. Obwohl hier niemand wirklich im klassischen Sinne "böse" ist, meint man beim Auftauchen und Benehmen der Städter sich selbst im Spiegel zu erkennen - und das ist kein angenehmes Gefühl.

beasts 3Die Bilder sind grandios verfremdet, die Naturgewalten furchteinflößend, doch mittendrin steht diese Mädchen und nimmt uns spielerisch an die Hand. Sie ist keine Schauspielerin bisher, genauso wenig wie der Mann, der ihren Vater darstellt und eigentlich Bäcker ist – aber beide sind ganz großartig (die Originalfassung wird empfohlen).

Wenn sich ein Kollektiv zum Filmemachen zusammentut, sich „Court 13“ nennt und ankündigt Geschichten von „echten“ Menschen, die am Rande stehen auf die Leinwand zu bringen, Filme für das Volk zu machen und dabei ausdrücklich dem gesunden Menschenverstand zu trotzen, dann darf man zunächst durchaus erst einmal skeptisch die Stirn runzeln als abgeklärter Realist, schließlich hat man doch alles schon mal irgendwie gesehen. Nach dem Betrachten von “Beasts of the Southern Wild“ darf man es dann allerdings nicht mehr, sondern nur noch in Staunen und allergrößten Respekt verfallen, denn genau das was angekündigt wurde, wird hier auch geliefert, und aus bescheidenen Mitteln etwas Großes, Berührendes geschaffen. Und das schon beim ersten Versuch, der eher wirkt wie die Essenz einer langen Filmographie, meint man doch sowohl den Irrsinn eines Terry Gilliam oder die Naturbesessenheit eines Terence Malick  zu erkennen – und irgendwo schauen auch bestimmt gleich noch Spike Jonzes „Wilde Kerle“ um die Ecke.

beasts 4
Der große Preis der Jury von Sundance, die goldene Kamera in Cannes und so ziemlich jede andere Festival-Auszeichnung bis hin zum Fantasy-Filmfest legen beeindruckend Zeugnis ab von der Wucht, mit der dieser kleine, aus dem Nichts gekommene Film das Publikum dieses Jahr bereits verblüfft hat. Moment, „Fantasy Filmfest“, also handelt es sich doch um einen Genre-Beitrag? Ja, wenn man die urzeitlichen Monsterwesen berücksichtigt, die sich hier ein Stelldichein geben; Nein, wenn man sie wie all das andere Unwirkliche hier als reine Fantasieausgeburten eines Kindes begreift. Völlig egal aber letztendlich, wenn man erst einmal mittendrin ist in dieser faszinierenden, wenn auch mitunter bitteren und traurigen Ode an das Leben. Oder eben ganz einfach: In einem Film wie noch keiner war.

Bilder: Copyright

10
10/10

absolut großartig!!! tut ein bischen dick den poverty porn auftragen, aber ist unglaublich mitreißend, wozu auch der wunderbare soundtrack einen großen teil beiträgt!

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9
9/10

Mir war das Mädchen stellenweise einen Tick zu altklug. So reden eigentliche Kinder dieses Alters nicht. Dennoch bleibt der Film faszinierend in seiner Schroffheit und doch auch wunderlichen Schönheit. Er wirkt sehr lange nach und lässt einen nicht so schnell los. Die Fantasyelemente sind sparsam und sehr effektvoll gesetzt.

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1
1/10

Wer eine Parabel auf das Leben sehen will, der bleibe besser bei Malick, der kann das viel viel besser!

In diesem Film kann ich schroffen, unbeherrschten, verantwortungslosen Alkoholikern dabei zusehen, wie sie wie Penner/Messies in einem Naturparadies hausen.
Von Erhabenheit, Sinnhaftigkeit, Leben im Einklang mit der Natur oder sonst etwas Berührendem kann ich weiß Gott nichts finden.

Nach all dem Schrott bleibt die Frage, was der Film mir eigentlich sagen will.
Das Einzige, was ich halbwegs akzeptieren kann: "Lebbe gehd weiter" (frei nach Stepanovic).

Auch für mich hier die Frage an den Rezensent: 10 Punkte ???

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10
10/10

Wir waren zu zweit in einem sonst bedauerlicherweise leerem Kino und sind immer noch hin und weg.

Ein visuell und emotionales Meisterwerk, ohne Zweifel. Es ist völlig belanglos und auch unergiebig, den Film mit anderen Filmen in Relation setzen zu wollen (soviel zu Malick, der auch großartige Filme macht, aber die weder in Konkurrenz noch im selben Deutungsrahmen zu finden sind). Genau wie Bathtub liegt der Film als ganzes isoliert wie eine einsame Insel: umgeben von unzähligen Außen-stehenden, deren kurzzeitige Präsenz bereits den Entfremdungsgrad und die Fratze des Banalen zeigt. Wenn ich daran denke, wie unglaublich einfühlsam (ohne sensibel zu sein), wie authentisch (ohne übertrieben realistisch), wie bildmächtig (ohne Effekthascherei) der Film ist, bekomm ich immer noch Gänsehaut.

Ich erspare es mir und vor allem allen anderen, inhaltlich das Gezeigte auszuführen - diesen Epos, der die Bedingungen der Möglichkeit von filmischer Erkenntnis an die Erzählung eines kleinen Kindes koppelt, ohne in wüster Fantasie zu enden, kann man nur ERLEBEN, nicht nach- vollziehen. Ich hoffe, dass der Film abseits des Mainstreams seine gerechte Würdigung findet.

10/10

P.S.: An die Bewertung über mir: ohne Dir zu nahetreten zu wollen - Du verkörperst genau das, was der Film einen lehrt: (1). dass alles Naturwüchsige, "im Einklang mit der Natur stehende" ein Zerrbild der Industrialisierung ist. Einer der Schlüsselsätze des Films lautet: Alles im Universum hängt miteinander zusammen. Die Menschen in Bathtub KÖNNEN nicht wie Einsiedler in der unberührten Natur leben, da qua Staudamm und Industrie auch ihr Leben betroffen ist. Sie können nur soweit die Vorstellung von ihrem leben verwirklichen, wie es noch möglich ist, hierbei von "Messies" oder "Pennern" zu reden zeugt von der intoleranten Gewalttätigkeit der kapitalistischen Postmoderne, die Normativität und Lebensentwurf als deckungsgleich sehen. Die Menschen in Bathtub _leben_, sie trauern und feiern, ohne die fundamentale Wertung des Begriffs Glück zu verlieren, oder diesen gar an die oberflächlichen Äußerlichkeiten in Form von Luxus oder Befriedigung zu koppeln. Sie sind authentisch, da sie ihren Lebensentwurf FÜR SICH verwirklichen wollen, nicht für andere. Das selber ist wiederum diskutabel, auch was Erziehung und Verwirklichung von Potenzialen betrifft. Hier geht es aber nicht um die Bewertung irgendwelcher Lebensentwürfe, sondern um einen Film der versucht, diesen Kampf des Existenziellen zu skizzieren. Keiner ist ob einer Demut vor dem Armen oder Mittellosen gezwungen, das Leben der Bewohner zu teilen oder gut zu finden, sondern man ist in die Lage versetzt, den eigenen Horizont zu verlassen, um sich auf etwas neues EIN-zulassen. Kann man das nicht, findet man sich naheliegenderweise in Vokabular wieder, dass die Abgründe betont, nicht die Liebe. Ein alkoholkranker Vater, der trotzdem seine Tochter auf das Leben vorbereiten will, ist ein Bild das viel zu selten zu finden ist, ganz davon abgesehen, dass die Charakterisierung der Bewohner als Alkoholiker nicht nur zu kurz greift, sondern einfach beschränkt ist. Nichts für Ungut.

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3
3/10

Ließ mich von Anfang bis Ende völlig kalt. 10 Punkte ??? Ich bin etwas verwirrt und kann mir die Höchstwertung, die doch eigentlich nur ganz besonderen Filmen vorbehalten bleiben sollte, beim besten Willen nicht erklären.

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9
9/10

sehr rührend, kraftvoll, poetisch.
ja - manchmal etwas zu dick auftragend, manchmal sind die metaphern tatsächlich flach, manchmal ist die kleine tatsächlich ein wenig unglaubwürdig, manchmal zu romantisch. aber dennoch verkörpert der film so vieles, was in letzter zeit den meisten filmen einfach fehlt: poesie und kunst. der film entwickeln nach kurzer eine derartige magie und wucht, dass ich diejenigen, die das komplett kalt lässt, nicht verstehen kann.
sollte man gesehen haben. vieles, was einem danach im kopf schwirrt, ist schwer zu papier zu bringen. ich meine auch, eine deutliche politische note bemerkt zu haben, vorallem an die ignorante tendenz unserer konsumgesteuerten, kapitalistischen weltansicht gerichtet. die lehrstunde eines kleinen mädchens.

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