Wickie auf großer Fahrt

Jahr
2011
Laufzeit
96 min
Release Date
Bewertung
7
7/10
von Frank-Michael Helmke / 18. August 2011

Es war ein vorprogrammierter Hit: Als sich Deutschlands führender Comedy-Hit-Schmied Michael "Bully" Herbig vor zwei Jahren den Kinder-Klassiker "Wickie und die starken Männer" für eine Kino-Adaption vornahm und schon im Vorfeld mit einer clever aufgebauten TV-Castingshow auf der Suche nach den "starken Männern" die Werbetrommel rührte, war das Ergebnis so vorhersehbar wie ordentlich: Gut fünf Millionen Zuschauer stürmten die Kinosäle und bescherten der wirklich liebevoll umgesetzten Produktion eine satte Rendite. Na, wenn das mal keine Steilvorlage für eine äußerst ergiebige neue Franchise ist….
Von daher wundert man sich auch überhaupt nicht, dass zwei Jahre später der nächste Wickie-Film in den Startlöchern steht und man sich auch hier wieder einige Mühe gegeben hat, ein (für deutsche Verhältnisse) großes Stück Kino abzuliefern. Immerhin kommt "Wickie auf großer Fahrt" als der offiziell erste deutsche Realfilm in 3D daher, und das ist nicht mal werbewirksamer Etikettenschwindel von der Sorte "Nachträglich konvertierte Mogelpackung", wie er uns von Hollywood leider allzu häufig in den Monaten seit "Avatar" vorgesetzt wurde. Optisch macht dieser Film wirklich was her und weiß die 3D-Technologie mit ihrem Plus an räumlicher Tiefe und Textur sehr gut zu nutzen.
Über eine Sache wundert man sich bei "Wickie auf großer Fahrt" aber dann doch. Nämlich die komplette Abwesenheit des Namen "Bully" Herbig. Der taucht hier nicht mal mit einem Alibi-Credit als Co-Produzent auf und hat die von ihm angeschobene Wickie-Franchise also schon mit dem zweiten Teil in fremde Hände gegeben. Man mag es ihm nachsehen, dass er nicht wirklich Zeit hatte, um auch diesen Nachfolger als Autor und Regisseur zu verantworten: Herbig spielt jeweils die Hauptrolle in den neuen Filmen von Leander Haußmann und Helmut Dietl, die dieses bzw. nächstes Jahr in die Kinos kommen werden, und hatte dementsprechend ausreichend gut zu tun in den letzten Monaten.
Der Qualität des Unterfangens tut Herbigs Abwesenheit jedenfalls keinen Abbruch, denn mit Christian Ditter hat man durchaus adäquaten Ersatz gefunden. Der gerade mal 34-jährige Regisseur hat schon beachtliche Erfahrungswerte vorzuweisen, u.a. inszenierte er mehrere Episoden von "Türkisch für Anfänger" und "Doctor's Diary", den besten deutschen TV-Comedyserien des letzten Jahrzehnts, und war als Regisseur und Autor verantwortlich für die Kino-Neuauflage des Kinder-Klassikers "Die Vorstadtkrokodile" sowie dessen Fortsetzung. In Sachen liebevoller Umsetzung und Kino-gerechter Inszenierung fällt "Wickie auf großer Fahrt" also nicht hinter seinem Vorgänger zurück. Den man übrigens nicht gesehen haben muss, um mit diesem Film etwas anfangen zu können, denn die Geschichte des zweiten Films funktioniert völlig unabhängig vom ersten Teil. Die Ausgangssituation ist ja auch im Prinzip wieder dieselbe:

Wickie (Jonas Hämmerle) ist der kleine, ziemlich kluge Sohn des Wikinger-Häuptlings Halvar (Waldemar Kobus) und leidet darunter, dass ihn sein Vater nicht so richtig für voll nimmt. Denn für ein kluges Köpfchen auf einem schmächtigen Körper gibt es im Wikinger-Alltag nicht allzu viel Verwendung, und Halvar hadert ständig damit, dass es seinem Sohnemann an Schmackes und Mut fehlt. Doch Wickie bekommt die Chance, sich zu beweisen, als er mit seinem Vater und dessen Truppe, den "starken Männern", über ein mysteriöses Buch stolpert, das den Weg zum sagenumwobenen "Schatz der Götter" weisen könnte. Für dieses Buch interessiert sich allerdings auch das listige Mädchen Svenja (Valeria Eisenbart), die erstmal von Halvar als Sklavin gefangen genommen wird, dann aber Wickie auf seine große Fahrt begleitet, als Halvar von seinem Erzfeind, dem schrecklichen Sven (Günther Kaufmann) gekidnappt wird. Denn in Abwesenheit des entführten Wikinger-Häuptlings übernimmt automatisch dessen Sohn das Kommando. Und so muss Wickie nun höchstpersönlich die "starken Männer" auf die Rettungsmission und die einhergehende Schatzsuche führen.

Dass der Film nach ziemlich starker und vielversprechend komisch-kurzweiliger Einführung ausgerechnet an dieser Stelle, als es richtig los gehen sollte, zu schwächeln anfängt, ist bedauerlich. Im Mittelteil büßt "Wickie auf großer Fahrt" spürbar an Tempo ein und verliert sich etwas ins Episodenhafte, beispielhaft mit einem kurzen Ausflug zur Insel der Walküren. Der bietet zwar die Gelegenheit einen ganz Haufen hübscher Frauen (angeführt von Star-Model Eva Padberg) ins Bild zu rücken, ist aber ansonsten ein umständlich eingewobener und ziemlich überflüssiger Abstecher auf der Route zur Rettung Halvars.
Generell tut sich "Wickie auf großer Fahrt" nicht durch Originalität hervor und verlässt sich bei seinen Gags auf wohlerprobte Comedy-Standards, die allerdings allesamt fachgerecht und effektiv ausgeführt werden. Den Kleinen wird der Film von daher definitiv gefallen, und auch die Großen werden sich zumindest nicht langweilen und ab und an auch mal herzlich mitlachen. Und wenn der etwas holprige Mittelteil überstanden ist, wird's gegen Ende auch wieder richtig gut. Denn hier serviert Ditter einen wirklich toll gelungenen und exzellent umgesetzten Showdown, der gar nicht erst zu kaschieren versucht, dass der Regisseur und Autor als junger Bursche "Indiana Jones und der letzte Kreuzzug" mindestens so oft und gerne geguckt haben muss wie der Verfasser dieser Zeilen. Eine kleine, feine Hommage, die dem Cineasten-Herz echte Freude macht.

"Wickie auf großer Fahrt" ist von vorne bis hinten routiniert und gefällig umgesetztes Unterhaltungskino für die ganze Familie. Das bedeutet bei deutschen Filmen zwar einen Hauptfokus aufs Kinderpublikum, infantil geht es hier deswegen aber nicht zu und die Umsetzung befindet sich auf spürbar hohem cineastischen Niveau, das man als Erwachsener durchaus zu goutieren weiß. Auch wenn hier und da die Beschränkungen eines "Wir sind halt nicht Hollywood"-Budgets noch deutlich zu sehen sind (vor allem, als die große CGI-Action losgeht, sieht der Film für ein paar Szenen doch arg zweitklassig aus) - das Gesamtergebnis aus stilsicherer Inszenierung, liebevoller Ausstattung, hervorragender Besetzung und wirklich gut aussehender 3D-Optik beweist, dass man das Handwerk einer erfolgreichen Blockbuster-Fortsetzung auch in Deutschland durchaus ordentlich beherrscht. Von daher: Der dritte Film kommt bestimmt. Wir sehen uns dann 2013.

Bilder: Copyright

"..."Türkisch für Anfänger" und "Doctor's Diary", den besten deutschen TV-Comedyserien des letzten Jahrzehnts..."

bitte herr helmke, dass kann doch nicht ihr ernst sein?! doctor`s diary ist ja wirlich zum brüllen komisch, da kann beispielsweise ein gewisser herr stromberg einpacken gegen..

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