Vor ziemlich genau zehn Jahren sah Vin Diesel aus wie der nächste große Weltstar des Action-Kinos: Mit seiner bodenlos coolen Performance als Über-Krieger Riddick im SciFi-Überraschungshit "Pitch Black" hatte er die Aufmerksamkeit auf sich gezogen und anschließend als erneut obercooler Ganove und Autorenn-Ass Dominic Toretto den Eigentlich-nur-B-Film "The Fast & the Furious" zu einem veritablen Kassenknüller gemacht, um dann in "xXx - Triple X" als Xander Cage zum legitimen Nachfolger von James Bond als Superagent für ein neues Jahrtausend aufgebaut zu werden. Auf einmal hatte Diesel drei potentielle Film-Franchises in der Hand - und setzte dann leider aufs völlig falsche Pferd: Die Fortsetzung von "xXx" musste ohne ihn auskommen, womit die vermeintliche Serie bereits mit dem zweiten Teil elendig verreckte. Mit der "Fast & Furious"-Fortsetzung wollte er auch nichts mehr zu tun haben. Stattdessen konzentrierte er sich auf "Riddick - Chroniken eines Kriegers", und ließ sich damit in einem grotesk aufgeblasenen und spektakulär dämlichen Möchtegern-SciFi-Epos verheizen, das zurecht floppte und damit seine eigentlich geplanten Fortsetzungen verspielte.
Was eine grandiose Karriere hätte werden können, kehrt nun mit später Einsicht an die Anfänge zurück: "xXx - The Return of Xander Cage" befindet sich bereits in Produktion (auch wenn Diesels Figur in Teil Zwei eigentlich unzeremoniell für tot erklärt worden war), und in die ohne ihn fortgesetzte "Fast & Furious"-Reihe war Diesel bereits vor zwei Jahren in Teil Vier zurückgekehrt. Die dort unter dem passenden Untertitel "Neues Modell. Originalteile." eingeleitete Wiedervereinigung der Originalbesetzung (neben Diesel kehrte auch Jordanna Brewster an die Seite von Paul Walker zurück) findet in Teil Fünf nun ihre Fortsetzung mit der Zusammenführung von Versatzstücken aus allen bisherigen Filmen der Reihe.
In einer halsbrecherisch rasanten Eröffnung wird der am Ende von Teil Vier zurück ins Gefängnis verfrachtete Dominic Toretto (Vin Diesel) von seiner Schwester Mia (Jordanna Brewster) und seinem besten Kumpel, dem Inzwischen-Ex-Undercover-Cop-jetzt-auch-Ganove Brian O'Conner (Paul Walker) befreit. Zusammen setzen sich die drei nach Brasilien ab und feiern ein Wiedersehen mit Dominics altem Weggefährten Vince (Matt Schulze) aus Teil Eins, der auch schon einen Job für sie hat. Dadurch ergibt sich die Gelegenheit für einen gigantischen Coup, der darin besteht dem Obergangster von Rio de Janeiro seine gesamten Bargeldvorräte zu rauben. Hierfür versammeln Dom und Brian einen bunten Trupp an Spezialisten: Roman (Tyrese Gibson) und Tej (Ludacris) aus Teil Zwei, den Japaner Han (Sung Kang) aus Teil Drei, die gazellenhafte Gisele (Gal Gadot) aus Teil Vier und die sich ständig streitenden Hispanos Leo und Santos (Tego Calderon und Don Omar, die bisher nur auf dem Soundtrack von Teil Vier in Erscheinung getreten waren). Die ganze Chose wird aber bedeutend erschwert durch das Auftauchen eines FBI-Agenten, der einzig zu dem Zweck nach Rio kommt, um Dom, Mia und Brian wieder dingfest zu machen: Die knallharte Kampfmaschine Hobbs, dargestellt von keinem Geringeren als Dwayne "The Rock" Johnson.
Diese Konstellation ist es, die schon vom ersten Teaser-Plakat an die Erwartungshaltung für diesen fünften Teil mächtig in die Höhe schraubte: Ein Face-Off zwischen Vin Diesel und Dwayne Johnson? Das erste Aufeinandertreffen der beiden größten Action-Ikonen der 2000er Jahre? Es ist so etwas wie "Schwarzenegger vs. Stallone" in der Light-Version. Aber selbst als kalorienarme Variante entpuppt sich dieses Duell hier als ziemliche Enttäuschung. Die wenigen Szenen, in denen die beiden sich direkt gegenüber stehen, sind stinknormale "Jäger und Gejagter werfen sich Sprüche an den Kopf"-Momente, denen der Hauch des Besonderen völlig abgeht. Hier wie in vielen anderen Momenten zeigt sich, dass hier ein letztlich nur auf Action spezialisierter Autor am Werk war, der mit den intimeren dramatischen Momenten seiner Geschichte nicht wirklich umzugehen weiß. So bleibt das Interessanteste an Johnsons gesamtem Auftritt die Frage, warum er in fast jeder seiner Szenen schwitzt wie ein Schwein: Von seinem kahl rasierten Schädel tropft und fließt es nur so herunter, während allen anderen die brasilianische Hitze nichts auszumachen scheint.
Die Erwartungshaltung an die Konstellation Diesel/Johnson muss man hier also sehr schnell nach unten korrigieren, und das gilt leider auch für den Film an sich. Der legt zunächst mit einem mördermäßigen Tempo los und eröffnet mit zwei Action-Sequenzen, die von vornherein klar stellen, dass man es hier mit dem Realismus nicht so genau nimmt: Die Befreiung Dominics aus einem Gefangenentransport erfolgt auf eine Art und Weise, bei der es wesentlich wahrscheinlicher wirkt, dass Dominic und alle anderen Insassen dabei draufgehen, anstatt gerettet zu werden. Bei dem anschließenden Raubüberfall auf einen fahrenden Zug werden die Gesetze der Physik gleich reihenweise ad absurdum geführt. Nichtsdestotrotz macht das beim Zuschauen eine Mörderlaune und stimmt (vor allem mit einem grandiosen Schluss-Stunt) auf einen Film ein, der so furios weitermacht, wie er angefangen hat. Tut er nur leider nicht.
Nach der ersten halben Stunde verfällt "Fast & Furious Five" über seinen gesamten Mittelteil in ein Tempo, das trotz schneller Schnitte bestenfalls als gemächlich bezeichnet werden kann, bedingt durch einen massiven Mangel an relevanter Handlung. Bei der Rekrutierung des vielköpfigen Teams für den großen Bruch wähnt man sich unweigerlich in einer schamlosen Kopie von "Ocean's Eleven" (vor allem angesichts der sich ständig streitenden Brüder), der es jedoch völlig am cleveren Witz der Vorlage mangelt. Auch nicht sonderlich clever sind die Tricks und Finten, mit denen böse Gangster, gute Gangster und die Cops sich hier gegenseitig auszutricksen versuchen - genau genommen sind sie so flach und offensichtlich, dass der jeweilige Gelackmeierte ziemlich dämlich dabei wirkt, dass er überhaupt drauf reingefallen ist.
So mäandert der Mittelteil ziemlich ziellos vor sich hin und kann den deutlichen Eindruck nicht verhindern, dass hier eine simple Story absolut unnötig aufgeblasen wurde, resultierend in einer Spielzeit von knapp über zwei Stunden, welche dem Film jedwede Knackigkeit nimmt. Hier wirkt alles ein bisschen zu gewollt groß und ausgewalzt, ohne dass es dafür eine Rechtfertigung gäbe, wenn es nicht sogar schlichtweg dümmlich wirkt.
Bestes Beispiel: Als Teil des waghalsigen Einbruchplans muss es einem von Dominics Gefährten gelingen, eine kurvige Tiefgaragen-Passage in unter zehn Sekunden zu durchfahren, um so haarscharf den Augen der schwenkenden Sicherheitskameras zu entgehen. Dieser Highspeed-Slalom wird nun ausgiebig und mit verschiedenen, besonders wendigen Sportwagen geübt - nur damit Dominic & Co. am Ende einsehen, dass es so einfach nicht funktioniert und man die ganze Sache anders angehen muss. Dafür hat man gerade zehn Minuten sinnlose Filmhandlung produziert. Aber immerhin hatte man dadurch die Möglichkeit, im Auto-armen Mittelteil noch ein paar heiße Karren unterzubringen.
So quält sich der Film und mit ihm sein Publikum über eine ziemlich zähe Stunde hinweg, bis es endlich mit dem großen Showdown losgehen kann. Und gegen den gibt es dann wiederum wirklich nichts einzuwenden: Ein großes Asphalt-Action-Spektakel, basierend auf einer Idee, die als Kern für eine Action-Sequenz nicht weniger als brillant ist. Das versöhnt zum Ende dann doch wieder ein wenig, kann den schalen Gesamteindruck aber nur noch minimal anheben.
Auch mit Teil Fünf bietet die Reihe jedenfalls ausreichend Schauwerte und hält sich auch noch stabil genug am oberen Rand des Mittelmaßes, als dass man ruhig weiter planen kann. Was offensichtlich auch schon geschehen ist: Wer die ersten zwei Minuten des Abspanns ausharrt bekommt noch eine Nachklapp-Szene serviert, die überdeutlich einen sechsten Teil einläutet, in dem das "Fast & Furious"-Klassentreffen dann fröhlich weitergeht (und das womöglich sogar in Deutschland, Heimat der Autobahnen und dem Motto "Freie Fahrt für freie Bürger!").
So scheint es also, als würden es sich die zwei einstmals größten Action-Helden des neuen Jahrtausends gemeinsam gemütlich machen in einer Eigentlich-B-Film-Franchise, deren wahre Stars die Autos sind. Irgendwie auch ein Zeichen der Zeit….
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