David Twohys "Pitch Black"
war vor fünf Jahren noch ein klassischer B-Film aus dem SciFi-Genre:
Kein großes Budget, keine großen Stars, dafür aber
ein mächtig cleverer Aufhänger. Der unerwartete Überraschungserfolg
des Films war nicht zuletzt dem Charisma seines Protagonisten, dem
ebenso morallosen wie übermenschlichen Schwerverbrecher und
Mörder Riddick, zu verdanken. Der erwies sich als so populär,
dass
die Rolle nicht nur Darsteller Vin Diesel auf den Weg zum neuen
Action-Superstar brachte, sondern auch David Twohy den Zugang zum
großen Produzenten-Geld öffnete. Und weil Trilogien momentan
ja tierisch angesagt sind, sind auch die "Chronicles of Riddick"
quasi nur ein halber Film - eine weitere Fortsetzung folgt. Dass
der nun vorliegende "zweite Teil" bis auf den Hauptcharakter
im Prinzip gar nichts mit seinem Vorgänger zu tun hat, unterstreicht
indes, dass Trilogien auch nicht mehr sind, was sie mal waren ...
Fünf Jahre sind seit den Ereignissen von "Pitch Black"
vergangen und Anti-Held Riddick (Vin Diesel) ist auf einmal heiß
umschwärmter denn je. Nicht nur, dass er sich dem Kopfgeldjäger
Toombs (Nick Chinlund) und dessen Truppe erwehren muss, auch sein
alter Freund Imam (aus dem ersten Film) bittet um Hilfe, denn eine
faschistische Rasse, die Necromonger, unterwerfen unter Führung
des Lord Marshall (Colm Feore) nach und nach jeden Planeten des
Systems. Die einzige Rasse, die sich traditionell den Necromongern
in den Weg stellt, sind die fast ausgerotteten Furyons. Und siehe
da: Unser aller liebster Brummbär mit blinkenden Pupillen ist
der letzte Furyon und damit quasi der Auserwählte, der sich
dem
Unterwerfungsfeldzug der Necromonger entgegenstellen muss. Allerdings
macht er sich vorher noch auf den Weg, "Jack" (das sich
als Junge ausgebende kleine Mädchen aus "Pitck Black",
erstaunlich schnell zu einer properen jungen Dame herangereift)
zu suchen, die sich mittlerweile Kyra (Alexa Davalos) nennt und
auf die schiefe Bahn geraten ist. Der Lord Marshall hat neben einem
angefressenen Riddick aber noch ein weiteres Problem. Sein bester
Offizier Vaako (Karl Urban) plant unter Anstachelung seiner Frau
(Thandie Newton), selbst Lord Marshall zu werden. Und so werden
alle Seiten - die Kopfgeldjäger, die Necromonger und der unwillige,
unwirsche Riddick -in den epischen Kampf um das Überleben des
Universums verwickelt.
Fangen wir doch gleich mal beim Grundsätzlichen an, der Namensgebung
etwa. Die ist nämlich ein absoluter Knaller, denn bei den Namen,
die hier vergeben werden, sind bei Regisseur und Drehbuchautor Twohy
wohl sämtliche Synapsen durchgeknallt. Die wütende Kriegerrasse
heißt Furyon, da gibt's Planeten namens Helion (wo sehr viel
die Sonne scheint) und Crematoria (wo die Sonne so sehr scheint,
dass sie alles einäschert), die albern benannten Necromonger
leben natürlich in Necropolis und suchen tut man das mystische
Underverse - danach sucht man dann wohl noch das Oververse und Middle
Earth...äh...Middleverse. Heilige Einfalt!
Wenig
einfallsreicher oder intelligenter wird es bei den doof betitelten
Bösewichtern selbst. Die Necromonger kommen herüber wie
ein Mixtape aus Science-Fiction-Bösewichtern - als wilde Mischung
aus Mini-Darth Vaders (man erwartet fast den "Imperial March"
als der Lord Marshall das erste Mal auftritt), Harkonnen (die merkwürdigen
Outfits), den "Star Trek"-Borg (deren Assimilationsvorhaben
wurde 1:1 geklaut) und militanten Zeugen Jehovas aus den Weiten
des Weltalls (der ganze pseudoreligiöse Nonsens). Überhaupt
sind in vielen Szenen Fremdanleihen zu erkennen, erstaunlich ist
aber die größte Leihquelle: Der erklärende Anfangsmonolog
aus dem Off, die außerirdischen Seher-Kreaturen, der Schlusskampf
in der großen Halle und besonders die religiöse Verbrämtheit
des Ganzen lassen darauf schließen, dass Twohy mehr als einmal
David Lynchs "Dune" gesehen hat. Ob dieser Film - als
sagen wir mal: halber Erfolg - jetzt die beste Referenz ist, sei
mal offengelassen.
Auf jeden Fall sind auch die Riddick-Chroniken selbst so eine Art
Mixtape aus mehr oder minder bekannten Sci-Fi-Momenten, was aber
wenig verwunderlich ist, denn das haben B-Filme nun mal an sich.
Und bei aller hochgezüchteten A-Klasse-Computertechnik ist
"Riddick" trotzdem "nur" ein B-Film - nicht
mehr, nicht weniger. Leider sorgt dies auch für manche Albernheit.
Wenn sich Twohy etwa begeistert sagt "Reicht unser CGI-Budget
auch noch für ein paar Monsterhunde?," nur um diese Viecher
sinnentleert in einer für den Film komplett irrelevanten Sequenz
durch die Gegend laufen zu lassen, nimmt der "Wouldn't
it be cool..."-Fan in ihm Überhand und verdrängt
den Profi, der solchen Unsinn herauslässt. Abgesehen davon,
dass die Erkenntnis, die einem schon beim Ansehen des "Hulk"
kam, jetzt endgültig bestätigt wird: Mutierte Monsterhunde
sind definitiv nicht cool. Werden es auch nie werden. Also Schluss
damit.
Auch dank solcher Mätzchen ist dies nicht die Art von Film,
bei dem man Fragen stellen sollte, die mit einem Warum' beginnen.
Genau genommen ist dies ein Film, bei dem man am besten gar nix
hinterfragt. Allerdings macht es "Riddick" einem schwer.
Merke: Wenn du dich einen Dreck um Logik kümmerst, nenne deinem
Publikum nicht ständig irgendwelche Fakten oder Daten, welche
dieses dir dann ob offensichtlicher Lächerlichkeit um die Ohren
haut. Immerhin kann man aufgrund der kompletten Absenz von Logik
oder Kohärenz tolle Gesellschaftsspiele machen, etwa "Wer
baut die längste zusammenhängende Kette von strunzdummen
Logikfehlern"? Das könnte dann etwa so aussehen: Sonnen,
die circa alle Viertelstunde aufgehen - Menschen, die vor einem
Sonnenaufgang weglaufen - dabei über glühende Lava springen,
ohne groß zu schwitzen - da sie mehrere hundert Grad Celsius
warme Hitze im Ernstfall überstehen, indem sie sich ein bisschen
Wasser über den Kopf gießen - während die Atemluft
dabei offenbar kein Stück aufgeheizt wird.
Bei all dem Gemecker darf man aber ein paar andere Sachen nicht
außer Acht lassen: Bei Riddick gibt es nicht nur aufs Maul
(für dessen Gegner), sondern auch und vor allem auf die Augen
(für die Zuschauer), denn eyecandy gibt's hier massig zu bewundern.
Die CGI, die hier im Science-Fiction-Genre bei immer noch deutlich
artifiziellem Touch wesentlich besser passt als in weitestgehend
im Realismus verankerten Filmen, ist über weite Strecken beeindruckend
und gut gelungen. Die New Mecca-Sequenz ist gar so bombastisch inszeniert,
dass man da fast von visuellem Overkill sprechen kann. Dazu wird
bei allem gewaltig aufgetischt: Ständig kracht und zischt es
irgendwo,
kontinuierlich schweben Raumschiffe, wenn nicht grad irgendwo gerannt
oder gekloppt wird. Das ist alles schön anzusehen, wird auf
Dauer aber doch ein wenig ermüdend (auch bekannt als der Matrix
Reloaded-Faktor').
Immerhin gibt's zwischendrin bei allem Brimborium und so manchem
Blödsinn genug Crowdpleaser-Momente, zu denen auch der ein
oder andere One-Liner von Mr. Cool Vin Diesel gehört. Der beherrscht
mit seiner puren physischen Präsenz und seinem Charisma diesen
Film so sehr wie sein Charakter die Umgebung. Man kann ja von Diesels
minimalistischer Schauspielkunst halten, was man will, aber für
einen Film dieser Art reicht das vollkommen. Und Diesels raspelige
Stimme kann halt markige One-Liner ganz unvergleichlich rüberbringen,
obwohl man es auch mit denen etwas übertreibt, so dass die
Erfolgsquote etwa auf Gimli-Level liegt. Neben ihm gibt Thandie
Newton ("Mission Impossible 2")
einen halbwegs guten Lady Macbeth-Abklatsch, Karl Urban (Eomer aus
dem "Herrn der Ringe") darf hauptsächlich martialisch
gucken und die ehrwürdige Judi Dench ("Shakespeare in
Love") gibt in einer eigentlich komplett absurden Rolle ihr
Debüt in diesem Genre, das für die renommierte britische
Mimin wahrscheinlich auch eine sehr abgefahrene Erfahrung war.
"Riddick"
wird von vornherein als Epos aufgezogen, mit zwiespältigem
Ergebnis. Wo der Vorgängerfilm "Pitch Black" in allen
Bereichen sehr konzentriert war (Ort, Personen, Story), wird hier
dem Trend "Im Sequel muss es mehr von allem geben" gefolgt,
so dass es tatsächlich auch mehr von allem gibt, was dem Ganzen
nicht immer zugänglich ist. Denn wie auch in Twohys offensichtlichem
Vorbild "Dune" ist das Ganze zu verworren und es wird
zuviel nur angedeutet, als dass man wirklich nachvollziehen könnte,
warum wer gerade was tut. Wie gesagt, die Sache mit dem Keine-Fragen-stellen.
Offensichtlich ist dagegen das von Twohy schon verkündete Vorhaben,
rund um "Riddick" eine Trilogie aufzubauen, denn der Film
endet mit einem Cliffhanger vom Allerfeinsten. Man will da nicht
zuviel verraten, aber dieser Schluss ist tatsächlich überraschend
und interessant, so dass man vorsichtig auf einen Erfolg dieses
Films hoffen darf, um zu sehen, wie die Geschichte Riddicks weitergeht;
gleichzeitig hoffend, dass Twohy dann die Fehler dieses Auftaktes
nicht wiederholt. Dann wird man vielleicht auch erfahren, was so
manche Sachen sollen, die hier nur angesprochen, aber nicht wirklich
ausgeführt werden (der ganze Underverse-Unsinn etwa).
"Riddick - Chroniken eines Kriegers" ist die Art Film,
die dabei herauskommt, wenn man einem Geek ein 100-Millionen-Dollar-Budget
in die Hand drückt und relativ freie Hand lässt. Der sagt
sich da freudig "Ich mach George Lucas, nur in viel düsterer",
und so liefert Twohy einen großen, hochdigitalisierten, knalligen
aber auch sehr dummen Film ab. So wie Herr Lucas eben. Aber wesentlich
schlechter als dessen "Episode
2" ist "Riddick - Chroniken eines Krieges" auch
nicht, und für wen relative Sinnlosigkeit kein besonderes Wertargument
darstellt, der wird bei diesem Date mit Riddick sogar richtig Spaß
haben. Sagen wir das mal so: Hirnlosen Bombast hat man auch schon
wesentlich schlechter gesehen.
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