Spanglish

Originaltitel
Spanglish
Land
Jahr
2004
Laufzeit
130 min
Genre
Release Date
Bewertung
7
7/10
von Matthias Kastl / 18. März 2011

 

Der spektakulär unspektakuläre Auftritt Adam Sandlers in Paul T. Andersons einfühlsamen "Punch-Drunk Love" verunsicherte vor zwei Jahren die Filmwelt. Würde Sandler, bekanntester Vertreter der Kategorie Fäkalhumor, etwa bald in Jim Carreys Fußstapfen treten und den sicheren Goldesel Comedy zugunsten von ernsthafteren Rollen opfern? "50 erste Dates" schien diese Hoffnung (mancher mag sie auch als Befürchtung empfunden haben) im letzten Jahr zunichte zu machen, doch mit "Spanglish" untermauert Sandler nun erneut erfolgreich seine Ambitionen für das Charakterfach. Zwar bedarf es einiger Anlaufschwierigkeiten, bis "Spanglish" und Sandler den Zuschauer für sich gewinnen können, letztendlich wird man aber für sein Warten mit einem durchaus sehenswerten Mix aus Komödie und Drama belohnt. Und das obwohl Sandler, anders als es der Trailer publikumswirksam vermuten lässt, erst relativ spät wirklich aktiv ins Geschehen eingreift.

Aktiver ist da schon zu Beginn die temperamentvolle Mexikanerin Flor (Paz Vega). Nachdem diese in ihrer Heimat von ihrem Mann verlassen wurde, zieht sie zusammen mit ihrer Tochter Cristina (Shelbie Bruce) nach Los Angeles. Der wahre Kulturschock setzt aber erst einige Jahre später ein, als Flor für einen Job als Haushälterin die vertraute Umgebung ihres mexikanischen Viertels verlassen muss. Ihre neuen Arbeitgeber, der Gourmetkoch Jack Clasky (Adam Sandler) und seine Frau Deborah (Téa Leoni), nehmen sie trotz nicht vorhandener Englischkenntnisse herzlich bei sich auf. Die Sprachbarriere kommt aber schon nach einiger Zeit zum Tragen, denn während die Kinder der Claskys den kulturellen Neugewinn schnell ins Herz schließen, verkompliziert Flors feuriges Temperament die bereits kriselnde Clasky-Ehe. Flor selbst macht derweil auch noch ihr eigener Sprössling schwer zu schaffen.

Gerade einmal fünf Minuten sind vergangen, als in "Spanglish" die erste Person mit dem Kopf gegen eine Glasscheibe prallt. Doch dieser scheinbar klassische Einstieg in einen Adam Sandler-Film voller physischer Komik wird die einzige Parallele zu Werken wie "Waterboy" oder "Happy Gilmore" bleiben. Stattdessen nutzt Regisseur und Autor James L. Brooks (in seinem ersten Film seit dem 1997er Hit "Besser geht's nicht") sein Ensemble dafür, sich mehr als zwei Stunden lang, zwischen leichter Komödie und leisem Drama schwankend, mit einer Vielzahl von familiären Alltagsproblemen auseinander zu setzen. Neben der angeschlagenen Ehe der Claskys bedient sich Brooks dazu auch noch einiger Nebenfiguren, und so wird der Zuschauer unter anderem mit den Figurproblemen eines Teenagers, der Alkoholsucht einer Großmutter und einem gleich dreifachen Mutter-Tochter-Konflikt konfrontiert. Sandlers Figur Jack Clasky agiert dabei, ganz im Gegensatz zu seiner hyperaktiven und aufbrausenden Frau Deborah, als sehr zurückhaltender und in sich gekehrter Vater.
All dies löst zuerst Befremden beim Betrachter aus, der durch den Beginn des Filmes eigentlich auf ein humoristisches Aufeinanderprallen zweier unterschiedlicher Kulturen eingestellt war. Doch auch wenn Flors Einzug bei den Claskys zu manch sympathischen Missverständnissen führt, in erster Linie dient er dazu, die kleinen Eigenheiten und Probleme der jeweiligen Figuren ans Tageslicht zu befördern.

Der Zuschauer muss also seine Erwartungshaltung revidieren, und dieser Vorgang wird ihm leider in der ersten Stunde nicht gerade leicht gemacht. Die vielen unterschiedlichen Kriegsschauplätze lassen lediglich eine relativ oberflächliche Auseinandersetzung mit den Figuren zu, deren meist banale Probleme den Zuschauer nicht wirklich fesseln können. Auch die eher spärlich verteilten humorvollen Einschübe können einen nur kurzzeitig bei Laune halten. Ein Kurzauftritt des neuen Hollywood-Darlings Thomas Haden Church ("Sideways") ist zwar folgenreich, kaschiert aber ebenso wenig die Schwächen dieses zähen Anfangs. Außer Flor schafft es nämlich keine der Figuren eine wirkliche Bindung mit dem Zuschauer einzugehen. Téa Leonis Darstellung einer ständig unter Stress stehenden Ehefrau strapaziert eher das Nervenkostüm als das Zwerchfell, und Adam Sandler taucht nicht nur sehr spät, sondern vorerst auch nur sehr vereinzelt auf. So ist es hauptsächlich dem Charme und der Energie der famos aufspielenden Paz Vega zu verdanken, dass der Zuschauer die erste Stunde nicht vollkommen distanziert an sich vorüberziehen lässt.

Dann aber beginnt sich Brooks glücklicherweise stärker dem Dreiecksverhältnis zwischen Flor, Jack und Deborah zu widmen, womit "Spanglish" endlich den so schmerzlich vermissten roten Faden erhält und prompt Fahrt aufnimmt. Damit kommen auch die Stärken von Brooks ruhiger und einfühlsamer Erzählweise zum Tragen, und der Genussfaktor fürs Publikum steigt stetig. Die Figuren gewinnen deutlicher an Kontur und Sandlers zunehmende Leinwandpräsenz hinterlässt, vor allem im Zusammenspiel mit Paz Vega, einige erinnerungswürdige Szenen. Dabei kann Sandlers schauspielerische Leistung gar nicht hoch genug bewertet werden, schafft er es trotz seiner sehr zurückhaltenden und ruhigen Spielweise doch gleich gegen zwei starke Frauenrollen zu bestehen. Denn auch Téa Leoni kann sich von der Last der ersten Hälfte befreien und nun Sympathien für ihre nicht gerade umgängliche Figur wecken. So greift ein Rad ins andere und selbst Nebenrollen bekommen nun die nötige Zeit und Möglichkeit zu glänzen. Shelbie Bruce liefert dabei mit ihrem grandiosen Auftritt als Dolmetscherin das humoristische Highlight des Films ab.

Diese Szene sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Film in der zweiten Hälfte zunehmend in Richtung Drama abdriftet. Für den Zuschauer ein Segen, denn Brooks versteht es geschickt mit den Begriffen Ehe, Vertrauen und Verantwortung zu jonglieren. Nachdenklichere Momente gewinnen die Oberhand und finden schließlich ihren Höhepunkt in einer wundervoll geschriebenen und einfühlsam gespielten Liebesszene in Jacks Restaurant. So erreicht der Film letztendlich doch noch, was man zur Hälfte für kaum möglich gehalten hätte: Die Figuren sind einem ans Herz gewachsen und das konsequente Ende macht es umso schwerer sich von ihnen zu trennen.

Auch wenn sein Motor für lange Zeit nicht so wirklich anspringen will, einmal in Fahrt gekommen läuft "Spanglish" richtig rund und man ist gerne mit dabei. Ein gefühlvoll inszenierter Film, der letztendlich vor allem durch seine melancholischeren Momente beim Zuschauer wieder einiges an Boden gutmachen kann. So wird Sandlers Filmographie nach "Punch-Drunk Love" ein weiteres interessantes Mosaikstück hinzugefügt. Man darf gespannt sein, welche noch folgen werden.

Bilder: Copyright

9
9/10

Klasse Film, unbedingt sehenswert!
Mit einem halben Happyend.

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7
7/10

Wenn man solche Probleme wie die Integration von Migranten, die die Sprache der einheimischen US Bürger nicht können und deren möglichen sozialen Aufstieg durch Bildung in eine Komödie packt und heraus kommt amüsante Unterhaltung ist das schon erstaunlich. Dies gelingt dank hervorragender Schauspieler, allen voran Paz Vega, als mexikanisches Dienstmädchen, eine permanente Augenweide oder die durchgeknallte Ehefrau, Téa Leoni, die fast an Annette Bening in American Beauty heranreicht. Die sprachlichen, kulturellen und pädagogischen Diskrepanzen werden von der kleinen Tochter als Dolmetscherin komödiantisch überbrückt. Durch die latente Zuneigung zwischen dem Hausherrn (Adam Sandler) und der Hausangestellten – wobei der Zuschauer ständig auf ein Happy End hofft – ist die Handlung mit viel Gefühl unter einen zusätzlichen Spannungsbogen gelegt. Das Ende zieht sich etwas in die Länge, weil uns anscheinend die hintergründigen Absichten nochmals deutlich erklärt werden sollen, und jede Figur ihr abschließendes Say bekommen muss. Eigentlich unnötig, trotzdem sehenswert.

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1
1/10

Ich habe zweimal versucht mich mit dem Film anzufreunden und bin beide Male daran gescheitert. Das liegt im wesentlichen an der Rolle von Tea Leoni, die einerseits so überzogen und eindimensional ist, dass man sich anderthalb Stunden in jeder Szene mit ihr an den Kopf fassen will, und die andererseits eben noch nicht so angedreht ist, dass sie - wie die in der Kritik erwähnte Annett Bening in American Beauty - als Karikatur ihrer selbst durchgehen könnte. Der Film kann sich nicht entscheiden, ob er ein Drama oder eine Komödie sein will, und wie viele Filme, die zwei Dinge zugleich sein wollen, ist er am Ende keines von beidem. Und dass man heute die DVD mit dem Film für wenig mehr als den Materialwert kaufen kann, spricht Bände.

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