Nordwand

Jahr
2008
Laufzeit
121 min
Genre
Release Date
Bewertung
7
7/10
von Volker Robrahn / 31. Mai 2010

Der Sommer 1936 steht nicht nur im Zeichen der von den Nationalsozialisten für ihre Zwecke instrumentalisierten olympischen Spiele von Berlin. Denn passend zu diesem Großereignis wünscht sich die politische Führung genauso wie die auf Linie getrimmten Zeitungen kaum etwas sehnlicher, als endlich auch das letzte große "Problem der Alpen" und damit die Natur selbst zu bezwingen: Für die Besteigung der Eiger Nordwand winkt den (natürlich möglichst deutschen) Helden neben Ruhm und Ehre sogar eine speziell dafür ausgerufene Goldmedaille. Am Fuße des Respekt einflößenden Berges findet sich daraufhin eine bunte Schar Wagemutiger zusammen, wohl wissend, dass diese Wand schon einige Todesopfer gefordert hat.
Unter Ihnen auch das zunächst nur schwer von dem Unternehmen zu überzeugende bayerische Kletter-Ass Toni Kurz (Benno Fürmann) mit seinem Partner und Freund Andi Hinterstoisser (Florian Lukas). Von der sicheren Warte des malerisch am Fuße des Berges gelegenen Grand Hotels beobachten derweil die angereisten Journalisten die Vorbereitungen. Unter Ihnen auch Luise (Johanna Wokalek), die ehrgeizige Ex-Freundin von Toni, für die diese Reportage den entscheidenden Sprung nach oben bedeuten könnte, so es ihr denn gelingt den Vorgesetzten Arau (Ulrich Tukur) von ihren Fähigkeiten zu überzeugen. Doch als sich im Laufe des Aufstiegs erste Schwierigkeiten einstellen, schwankt Luise bald zwischen den Anforderungen ihres Jobs und den eigenen persönlichen Gefühlen zu einem der Männer in der Wand.

Es bedarf keines besonderen Spoiler-Hinweises um zu erwähnen, dass der Expedition kein Erfolg beschieden sein wird. Dass der Plan der Nazis sich zumindest im dafür vorgesehenen Jahr 1936 noch nicht erfüllen sollte und erst zwei Jahre später u.a. dem berühmten Heinrich Harrer ("Sieben Jahre in Tibet") die Erstbesteigung gelang, ist schließlich eine historische Tatsache. Der Spannung tut dieses Wissen aber keinen Abbruch, denn wer von diesem Abenteuer überhaupt und auf welche Weise zurückkehrte, wird an dieser Stelle natürlich nicht weiter ausgeführt werden und ist das eigentliche Spannungselement des Films.
Grundsätzlich gilt es aber den Verantwortlichen schon einmal Respekt zu zollen, für ihren Mut ausgerechnet diese Geschichte zum Thema von "Nordwand" zu machen. Denn welcher amerikanische Film würde es zum Beispiel überhaupt wagen, nicht vom ersten Bezwinger und Helden einer als unmöglich angesehenen Aufgabe zu berichten, sondern stattdessen vom Scheitern der Vorgänger? Eine kommerziell allemal gewagte Entscheidung, die zumindest den Erwartungen des ohne Vorwissen auf diesen Film stoßenden Publikums etwas zuwider laufen dürfte. Doch es sei versichert: An Spannung und Dramatik mangelt es hier trotzdem nicht und die Meisten dürften das Kino am Ende recht beeindruckt und bedrückt verlassen.

Das zweite Kompliment geht an die Abteilungen Ausstattung und Design, denn denen ist es ganz vorzüglich gelungen, die Welt der 30er Jahre einzufangen. Sei es die rumpelnde Bergbahn, das feudale Hotel oder die gesamte Ausstattung im Bereich Kostüme und sonstiger Utensilien. Das alles sieht nach deutlich mehr aus als es tatsächlich gekostet hat und man wähnt sich wahrhaftig mitten im zeitgenössischen Geschehen. Inklusive der irritierenden Atmosphäre, die ihren Reiz aus der Gegenüberstellung der Freiheit jugendlichen Abenteuertums auf der einen und linientreuen Parteisoldaten auf der anderen Seite bezieht. Zwar bleibt die politische Situation weitestgehend Hintergrund für das menschliche Drama, wird aber überzeugend personifiziert in der Figur des schleimigen, genauso menschenverachtend wie als gewandter Weltbürger auftretenden Chefreporters Henry Arau, verkörpert von einem blendend aufgelegten Ulrich Tukur in einer bemerkenswerten Nebenrolle. Dessen gemeinsame Szenen mit der langsam ihre Position und Einstellung überdenkenden Luise bilden fraglos die darstellerischen Highlights des Films. Und erneut begeistert auch wieder Johanna Wokalek, die sich nur kurz nach ihrem Auftritt im "Baader Meinhof Komplex" ein weiteres Sonderlob verdient.
Gegen diese beiden Vollblutschauspieler wirkt das Duo der eigentlichen Hauptfiguren im Vergleich leider etwas blass, und das ist nicht nur auf die eisigen Temperaturen zurückzuführen, von denen sie die meiste Zeit umgeben sind. Benno Fürmann spielt nicht mehr als routiniert und Florian Lukas bleibt nur wenig Raum zur Entfaltung. Da zeigen die beiden österreichischen Kollegen, mit denen sich die beiden Bajuwaren im Verlauf des Aufstiegs schließlich mehr oder weniger freiwillig zusammentun müssen, schon deutlich mehr Charakter. Ein wenig fragwürdig auch der Kunstgriff, unsere Sympathieträger mittels einiger weniger Alibi-Sätze zu Beginn des Films als kleine Rebellen zu charakterisieren, die natürlich von den Nazis nicht allzu viel halten, sich sozusagen im von der Realpolitik jener Zeit praktisch losgelösten, luftleeren Raum bewegen und halt nur "ihr Ding" durchziehen wollen.

Da darf man doch mal skeptisch nachhaken, ohne sich allerdings auf Dauer dem packenden Geschehen auf der Leinwand entziehen zu können. Vor allem dem im Berg, denn der ausgezeichnet gefilmte Überlebenskampf in der Eiger Nordwand ist es schließlich, der dann die zweite Filmhälfte beherrscht.
Ein kompetent inszeniertes, starkes Stück deutsches Kino haben wir hier vor uns, welches zwar eine historische deutsche Geschichte erzählt, dabei aber durchaus internationales Format beweist.

Bilder: Copyright

6
6/10

Nanunana. Sogar ich, als jahrzehntelanger, leidenschaftlicher und nach wie vor überzeugter Verächter des deutschen Film (darf ich sagen: Hab' lange in der Branche gearbeitet) muss zugeben: Sieht im Trailer nicht übel aus. Wirklich nicht. Paar Momente erinnern mich von der Optik her an Filme von Arnold Fanck oder Luis Trenker, was positiv zu sehen ist, allerdings nur das Handwerk betreffend.
Story kann ich nicht beurteilen; ob wahr oder nicht, ist mir wurscht, solang' es gut erzählt wird. Aber da will ich mir nix vormachen: Hab' das böse "D"-Wort (Degeto) im Pressetext gefunden. Ohje, ohje ...

Permalink

7
7/10

Also ich hab am Samstag den Film gesehen und mal nur auf die Bilder bezogen muss ich sagen der Film war echt super! Nur was mich wirklich sehr erstaunt und auch verärgert hat: Die Österreicher reden österreichisch, die Schweizer schweizerisch, und die 2 Hauptakteure aus Berchtesgaden (im tiefsten Bayern!!!) reden Hochdeutsch! Und da muss ich wirklich sagen, bei sowas kommt mir die Galle hoch! Entweder ganz oder gar nicht! Ich sehe es ja ein das nicht jeder bayrisch versteht (Schuh des Manitu haben zwar auch fast alle verstanden...) aber wie soll jemand der kein bayrisch versteht, österreichisch oder gar schweizerisch verstehen!? Und selbst wenn ich Schauspieler will oder habe die nicht bayrisch können (verlangt ja auch niemand) aber es gibt genügend Synchronsprecher die dem bayrischen mächtig sind!

Ansonsten, wie gesagt, ist der Film echt gut anzuschauen! Tolle Bergaufnahmen, usw.

Permalink

7
7/10

Vorweg die positive Nachricht. Ja, der Film ist wirklich spannend und ja, auch dramatisch. Das ganze sogar ohne kitschig oder gar überzogen zu wirken. Auf "Cliffhanger"(Film)-Action verzichtet man hier und schafft dadurch eine dichte glaubwürdige Atmosphäre.
Leider gilt dies nur für die Szenen an/in der Wand. Der Nebenplot wirkt fast über die gesammte Distanz aufgesetzt. Besonders in Bezug auf die "Romanze". Es bleibt einfach das Gefühl auf diese Szenen komplett verzichten zu können. Ebenso Aufgesetzt wirkt auch die Moral, welche durch die Tischgespräche zwischen Arau und dem Hotelgast (Name ist mir entfallen) recht plump transportiert wird. Durch Straffung der Nebenhandlung wäre man wohl gar nicht in Verlegenheit gekommen einen derart plumpen Moralfinger platzieren zu müssen (wohlgemerkt geht es mir um die Präsentation, nicht um die Aussage an sich!). Die Einführung der Hauptfiguren, wenn auch aus Identifikationsgründen romantisiert war zumindest in meinen Augen gelungen und ausreichend um dem Film im entscheidenden Moment zu tragen.
Hervorheben möchte ich noch die technische Seite des Films, sowohl Kameraeinstellungen, als auch besonders die Soundkulisse verfehlen ihren Zweck nicht. Wenn gewünscht wird entweder das Gefühl von Weite und Bedeutungslosigkeit in Bezug auf die Natur oder auch die fast bedrückende Enge -auf einem sicheren Felsvorsprung- hervorragend vermittelt.
Als Fazit bleibt für mich ein sehenswerter deutscher Film, der viele Schauwerte und Spannung bietet, aber leider im Nebenplot kränkelt, wodurch streckenweise das Bedürfnis aufkommt auf die interessante Haupthandlung zurückschalten zu wollen.

PS: @Basti: Einen deutschsprachigen Film zu synchronisieren und dann auch noch in einen Dialekt der nur von einem Teil des Zielpublikums gesprochen wird wäre wohl finanzieller Selbstmord. Da kann ich auch das "ganz oder gar nicht" Argument nicht gelten lassen. Zugegeben für mich als alpenferner Bundesbürger war es schon teilweise schwer die Schweitzer zu verstehen, aber in den kleinen Nebenrollen gaukelt es mir mehr Autentizität vor als komplettes Hochdeutsch. Ein Film der Jedoch komplett auf Bayrisch vertont wäre, würde bei mir links liegen bleiben (was nicht am bayrischen liegt, hessisch, sächsisch oder was weiß ich hätte den selben Effekt). Die Nach-Synchro vermindert das Filmvergnügen immer um einen gewissen Faktor, daher sehe ich keine Alternative zur gewählten Form, sofern man einen Film für die breite Masse produzieren will.

Permalink

7
7/10

Ich fand den Film ganz gut. Die Bergaufnahmen waren klasse und konnten ein wirklich gutes Bild dieser Wand darstellen. Außerdem fand ich Klasse dass sie so real wie möglich die Geschichte dieser 4 Bergsteiger erzählt. Wobei mich hier gewaltigst diese Journalisten-Fotographen-was-weiß-ich-Praktikantin gewaltigst auf den Zeiger ging.

Die war im Tal gut aufgehoben und ich versteh beim besten willen nicht dass sie die Filmemacher auf den Berg geschickt hat. Beim echten Unglück war weit und breit keine Frau und ich finde es wäre für den Film besser gewesen, wenn man sich hier an die Tatsachen hält. Der Film wird dadurch ziemlich unrealistisch wie die in der Mordwand rumstöckelt! Außerdem kann ich mich meinem Vorredner Basti anschließen! Die Schauspieler hatten immer wieder mal versuche gestartet ins Bayerische zu kommen, 2 Minuten später wieder bestes Hochdeutsch. Hier hätt ich mir gewünscht entweder, oder! Nur Hochdeutsch oder gepflegtes Bayerisch, dass auch der nördlichste Preuße noch versteht (ja meine Herren, sowas gibts auch)

Permalink

9
9/10

Als Eiger-Nordwand-"Fan" (ich glaube, ich koennte Heinrich Harrers "Die Weisse Spinne" mittlerweile aus dem Gedaechtnis nachschreiben)hatte ich natuerlich einige Erwartungen an diesen Film, die sich zu 100% auf Historizitaet und zu 0% auf irgendwelche erfundenen (weil dem gewoehnlichen Zuschauer zugedachten) Liebesgeschichten und zu -100% dem Nazi-Drumherum gruendeten. Mir ging es einzig und allein um die Geschichte von Hinterstoisser und Kurz, und da geht ein grosses Lob an den Film. Ich kann mir jetzt bildlich vorstellen, wie der "Hinterstoisser-Quergang" entstanden sein koennte, auch die tragisch gescheiterte Besteigung durch Mehringen & Co wurde nicht vergessen, und es kam durchaus rueber, wie man sich in dieser Wand fuehlen mag. Natuerlich war die Geschichte um Luise in der Wand spazierend absolut laecherlich, aber wie gesagt, der gemeine Kinobesucher, der noch nie etwas vom Buegeleisen gehoert hat, muss halt auch bedient werden. Das war schon bei "Titanic" so, und ist hier ebenso gut, weil unauffaellig und den Gesamtzusammenhang nicht wirklich stoerend, gelungen.

Grosses Lob an die Crew!

Permalink

8
8/10

Ein herausragender Film mit höchst spannenden und mitreißenden Bergszenen. Sehr gut gespielt und gefilmt.

Permalink

5
5/10

Hm, mich hat der Film vor allem... verwundert.

Zunächst mal: Ja, die Szenen im Berg sind visuell beeindruckend. Ja, Szenenbild und Kostüme haben die 30er Jahre gut wiedergegeben. Die schauspielerischen Leistungen waren im Großen und Ganzen okay (Benno Führmann ist merwürdigerweise toll, solange er den Mund hält; aber gib ihm Dialog, und er vermasselt es). Die Regie schien soweit in Ordnung, auch wenn ich mich frage, ob es nicht vielleicht doch einen zweiten Winkel gegeben hätte, aus dem man die Kleine Scheidegg hätte filmen können, ohne die 30er-Jahre-Illusion zu zerstören.

Aber... die Handlung...? Worum geht es in dem Film überhaupt? Heldenverehrung? Freundschaft? Soziale Unterschiede? Ich GLAUBE, am Ende sollte es um Ehrgeiz gehen, aber es ist echt schwer zu sagen. Der Rest wirkt, als sei er aus früheren Drehbuchentwürfen übrig geblieben (es werden im Abspann ja nicht weniger als sechs Autoren oder Dramaturgen genannt).

Langer Rede kurzer Sinn: Wenn man einen Film nach einer wahren Begebenheit macht und jede Menge Kram ändert und eine ganze B-Story einfügt... wäre es dann nicht schön, wenn man wenigstens wüsste, warum?

Permalink

Grandioser Film...Horrido Yo ho...nur die Österreicher haben es mal wieder vermasselt. ;-)

Permalink

8
8/10

Die Schweizer im Film sprechen nicht Schweizerdeutsch, sondern eine Art Hochdeutsch mit schweizerischem Akzent. So bleibt es möglich teils zu verstehen. Die, die den Film gemacht haben, hätten es auch so tun können mit denen aus Bayern. Gab es nicht Kommissare aus Bayern bei Tatort, die vom breiten deutschen Publikum mehr oder weniger verstanden wurden? Das Akzent-Problem hat mich auch gestört, und ich bin Ausländerin. Aber das hat den Film für mich nicht verdorbt.

Die Liebegeschichte war wichtig einen Kontrast zu zeigen, zwischen die Welt der Faschisten, wo es ist eine glorreiche Sache für die Heimat zu sterben (wenn man nicht ziegen kann) und eine Welt, wo Liebe eine Platz hat und man sagen kann, "ich will nicht sterben", wie der Toni sagt am Ende.

Permalink

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Klartext

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Website- und E-Mail-Adressen werden automatisch in Links umgewandelt.
CAPTCHA
Diese Aufgabe prüft, ob du menschlich bist um Bots zu verhindern.