2006 ist endgültig das Jahr, in dem die Flut an komplett computeranimierten Trickfilmen über uns hereinbricht. Erlaubten der hohe Aufwand und die noch mangelnde Erfahrung bis vor kurzem den wenigen involvierten Studios höchstens eine Produktion pro Jahr, so purzeln diese Filme nun nahezu im Monatsabstand in die Kinos. Etwas ganz Besonderes sind sie dadurch nicht mehr, jedenfalls nicht grundsätzlich. Und auch nicht mehr jeder Genrebeitrag wird automatisch zum Riesenhit, wie z.B. Disney kürzlich mit seinem Flop "Tierisch Wild" erfahren musste. "Ab durch die Hecke" dagegen darf bereits jetzt als Erfolg verbucht werden, spielte die neue Dreamworks-Produktion doch allein in den USA bereits rund 150 Millionen Dollar ein.
Waschbär Richie (Stimme: Götz Otto) hat Hunger. Und da er auf die Schnelle nichts Essbares organisieren kann, fasst er den Entschluss, sich an den Vorräten des Bären Vincent (Ben Becker) zu vergreifen, der gerade Winterschlaf hält. Leider wacht Vincent bei dem Versuch auf und auch dessen Junk-Food-Vorräte gehen über den Jordan. Vincent lässt Richie eine Woche Zeit, um die gleiche Menge und gleichen Artikel wiederzubeschaffen, oder er wird gefressen. Um die Aufgabe zu erfüllen, verschlägt es Richie in die Wohnanlage "El Rancho Camelot", in deren Grünanlage gerade eine Bande aus Waldtieren unter Leitung der Schildkröte Verne (Bernhard Hoëcker) aus dem Winterschlaf erwacht. Überrascht müssen diese feststellen, dass der Wald verschwunden ist und nun eine Hecke ihr Zuhause von neuen Herbergen der Menschen trennt. Richie bietet eigennützig an, ihnen zu zeigen, wie man sich in der neuen Umgebung Futter beschafft, um so das nötige Junk-Food zu bekommen.
Der letzte Animationsfilm aus dem Hause Dreamworks konnte nur bedingt überzeugen: In "Madagascar" mangelte es einfach an guten Lachern. Allein die Pinguine konnten mit genialen One-Linern überzeugen. Entsprechend kann man hier sozusagen die Rückkehr der Pinguine feststellen, nur handelt es sich in "Ab durch die Hecke" statt eines Pinguins um das hyperaktive Eichhörnchen Hammy, das allen und immer die Show stiehlt. Immer wenn Hammy in das Geschehen eingreift, wird es brüllend komisch (was zuletzt auch an der passenden Synchronisation durch Ralf Schmitz liegt, dem diese Rolle auf den Leib geschrieben scheint). Die anderen Charaktere können nicht wirklich überzeugen oder komisches Potential entfalten. Weder der "Kampf" um die Führung der kleinen Gruppe zwischen Schildkröte Verne und Waschbär Richie, noch die Opossumfamilie oder Stinktier Stella regen die Lachmuskeln besonders an. Allein die Igelkinder können bei geringer Präsenz noch gute Lacher verbuchen. Mit ihnen versucht "Ab durch die Hecke" die negativen Folgen von zuviel Cola und Videospielen für Kinder zu verarbeiten und Satire anklingen zulassen.
Die Kritik am menschlichen Konsumverhalten oder am Junk-Food fällt allerdings sehr gering aus. Bleibt einem zunächst bei Richies Beschreibungen des menschlichen Alltags das Lachen ein wenig im Hals stecken angesichts der bedenklich wahren Worte, wird das Thema im Folgenden immer unwichtiger, schließlich will man den nach Unterhaltung suchenden Zuschauer nicht allzu sehr mit ernsten "Botschaften" behelligen. Diese hintergründige Komik wird darum zu Gunsten des Klamauks und der Albernheit aufgegeben, was aber im Falle des Eichhörnchens Hammy immerhin sehr gut funktioniert. Aber es hätte ruhig ein bisschen mehr sein dürfen.
Zudem versteht es der Film nicht mehr so gut wie "Shrek 2", seine verschiedenen Zielgruppen gleichwertig zu bedienen. Die gelungene Mixtur aus kinderfreundlichem Zeichentrick-Spaß und Erwachsenen-kompatiblen Anspielungen und Zitaten wird in "Ab durch die Hecke" fast vollkommen aufgegeben. Lediglich ein dürftiges "Endstation Sehnsucht"-Zitat und der mieseste (!) "Citizen Kane"-Witz der Filmgeschichte tauchen in der Bilanz auf. Das ist nicht unbedingt weiter schlimm, aber wenn man in den letzten Jahren mit überwiegend großartigen Animationsfilmen verwöhnt wurde, fallen diese Minuspunkte schon ins Auge.
Womit aber nicht die Leistung der Animationskünstler bei "Ab durch die Hecke" geschmälert werden sollte. Diese ist mal wieder "state of the art", wie man es aber auch schon seit Jahren von jedem neuen Animationsfilm gewöhnt ist. So kann man "Ab durch die Hecke" guten Gewissens auf das Urteil "Ein Film mit einem genial beknackten Eichhörnchen" reduzieren. Und von Dreamworks für die nächsten Filme neben mehr Substanz nur eines fordern: Entweder mehr Eichhörnchen oder mehr Pinguine.
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