Es ruckelt und stottert nach wie vor mächtig beim Versuch die DC-Superhelden als Marke mit fortlaufenden Filmen im Kino zu etablieren. Der Film, mit dem der große Grundstein gelegt werden sollte, war zwar kommerziell definitiv kein Flop, stürzte nach einem sehr guten Startwochenende aber an den Kinokassen rapide ab, was darauf hindeutet, dass eben nicht nur die Kritiker so ihre Probleme mit der Machart von „Batman V Superman“ hatten. Die pompöse, bitterernste Inszenierung und vor allem die darin vorgenommene Charakterisierung der Hauptfiguren sorgten dafür, dass der Name „Zack Snyder“ für nicht wenige endgültig zum roten Tuch und zum Synonym dafür geworden ist, dass ein Filmemacher mit dem ihm anvertrauten Material nicht umzugehen weiß bzw. dessen Kern einfach nicht verstanden hat. So gesehen ist es sicher ganz gut, dass man nun – bevor es mit den im erwähnten Film bereits etablierten oder angedeuteten Figuren weitergeht – erst mal eine Art Seitenstraße betritt und dabei bewusst ausschert aus dem Reigen der im Kino anscheinend so schwer zu adaptierenden DC-Helden. Stattdessen steht bei „Suicide Squad“ eine Gruppe von Außenseitern im Mittelpunkt, die prinzipiell zu den „Bösen“ zählen und die nur unter Zwang und mittels Drohungen überhaupt dazu zu bringen sind, auch mal für die gute Sache einzutreten und statt der üblichen Strahlemänner die Welt zu retten.
Mit ihrer Idee, eine Bande von mit besonderen Fähigkeiten ausgestatteten Schwerverbrechern für höchst gefährliche Missionen zu rekrutieren, rennt Amanda Walker (Viola Davis) bei ihren Vorgesetzten nicht gerade offene Türen ein. Doch die resolute Regierungsbeamte setzt dennoch einen Test mit den unzuverlässigen Subjekten durch, bei dem sich Inhaftierte wie der Auftragskiller Deadshot (Will Smith), die irre Ex-Psychiaterin Harley Quinn (Margot Robbie) oder der sich in einen lebenden Feuerteufel verwandelnde Diablo (Jay Hernandez) zusammenraufen und gegen die von einer uralten Hexe besessenen Archäologin June Moore (Cara Delevingne) in die Schlacht ziehen. Unter der Führung des erfahrenen Kämpfers Rick Flag (Joel Kinnaman), der praktisch als verlängerter Arm von Agentin Waller dient, offenbart das dreckige halbe Dutzend dabei schließlich ganz unerwartete Fähigkeiten.
Denn so richtig neu ist sie halt doch nicht, die Idee eine Handvoll Schwerverbrecher mit der Aussicht auf Vergünstigungen oder Begnadigung ins Gefecht für die hehre Sache zu schicken. Wo im Kriegsfilm-Klassiker "Das dreckige Dutzend" von Robert Aldrich jedoch realistischerweise der Großteil der Auserwählten bei so einer Mission ins Gras beißt, darf das einer modernen Version natürlich nicht passieren – Stichwort Franchise, Fortsetzung usw. Aber genau so eine Fortsetzung wäre im Fall der „Suicide Squad“ in der Tat wünschenswert, denn die Möglichkeiten die diese fast durchweg interessanten Figuren bieten, schöpft man bei ihrem ersten Auftritt bei weitem nicht aus. Was nicht nur an deren Anzahl liegt, denn insgesamt haben wir es hier tatsächlich mit einem runden Dutzend Charaktere zu tun, die sämtlichst zu ihrem Recht kommen wollen. Es liegt in erster Linie an der ziemlich faden und einfallslosen Story, die auf ein sehr unterhaltsames erstes Drittel folgt.
Wobei man auch dem Auftakt anmerkt wie unrund die Produktion verlief, denn die massiv vorgenommenen Nachdrehs führten dazu, dass die im Fokus der Geschichte stehenden Deadshot und Harley Quinn (Margot Robbie liefert eine wilde und extrem unterhaltsame Vorstellung) nun quasi eine doppelte Einführung bekommen, denn der Vorstellung im Rahmen der von Amanda Waller vorgetragenen Dossiers hat man jetzt noch zwei Szenen vorangestellt, in denen genau diese Beiden inmitten ihrer aktuellen Gefängnisumgebung vorgestellt werden. Das ist etwas seltsam, aber nicht weiter schlimm, denn das dabei entstandene Material ist durchaus als gelungen zu bewerten. Es wird aber nicht nur hier erzählerisch immer wieder mal holperig, denn warum stellt man zunächst eine klar umrissene Gruppe vor und zusammen, nur um diese dann mit Beginn ihres ersten Einsatzes doch noch schnell um zwei weitere aus dem storytechnischen Limbo auftauchende Personen (Katana & Slipknot) zu ergänzen?
Es ist jedoch nicht zu leugnen, dass man sich ein paar wirklich interessante Gestalten aus dem großen DC-Universum ausgesucht hat. Das gilt zwar nicht für Cara Delevingne, die als Hexe albern herumturnt, aber dafür bekommen auch die in der zweiten Reihe stehenden Diablo oder Killer Croc (Adewale Akinnuoye-Agbaje) ihre starken Momente, und selbst die ohne irgendwelche Superkräfte auskommenden Rick Flag und Amanda Waller besitzen allemal Charisma – vor allem Viola Davis versprüht in ihrer Rolle eine bemerkenswerte Kälte und Konsequenz. Die dem Rest dafür aber leider fehlt, denn man hat sich letztlich doch wieder nicht getraut uns hier eine Auswahl an Persönlichkeiten zu zeigen, die tatsächlich tief in ihre seelischen Abgründe blicken lässt und wirklich „Böse“ ist. Stattdessen offenbart sich bei den vermeintlich so üblen Gestalten viel zu schnell der gute Kern und noch dazu schweißt man sich auch erstaunlich fix zu einem verschworenen Team zusammen. Dafür genügen wenige Filmminuten und eine (allerdings wirklich gelungene) Zwischenszene in einer Bar, bei der sich dann tatsächlich mal ein paar persönlichere Facetten der Charaktere offenbaren. Vor allem bei „Deadshot“ drängt sich der Verdacht auf, dass dessen Darsteller Will Smith das seinem persönlichen Naturell entsprechende tränenreiche Familiendrama um die von Daddy allein gelassene kleine Tochter wohl zur Bedingung für seine Mitwirkung gemacht hat.
Mit David Ayers gibt ein Mann die Regieanweisungen, der zwar ziemlich neu im Superheldengeschäft, andererseits aber bestimmt keine schlechte Wahl ist, wenn es darum geht ein paar kaputte kriminelle Charaktere im düsteren Moloch der Großstadt zu inszenieren. Und so findet der Autor von „Training Day“ und Regisseur von „End of Watch“ dann auch ein paar schöne und überzeugende Bilder, die zu diesem Umfeld passen und die vor allem dann Wirkung erzielen, wenn zu ihnen der halbe Katalog der größten Rock-Klassiker als musikalische Untermalung herangezogen wird. Und falls sich wer wundert, dass wir den (von einem ab und zu durchs Bild huschenden „Batman“ mal abgesehen) prominentesten Namen unter den Mitwirkenden bisher nicht erwähnt haben, dann liegt das daran, dass der neue, nun von Jared Leto verkörperte „Joker“ nach seinen etwas willkürlich gesetzten Auftritten hier noch kein Urteil über die Qualität dieser Interpretation erlaubt. Denn für die eigentliche Handlung des Films ist der noch nicht gar so psychopathisch wirkende Clown des Verbrechens vollkommen irrelevant (dem Vernehmen nach endete der Großteil von Letos Szenen auf dem Boden des Schneideraums).
Irgendwie nichts Halbes und nichts Ganzes also, was sowohl für den Joker als auch für den Film an sich gilt. Aber hey, man ist in Sachen DC-Filmuniversum inzwischen bescheiden und so gesehen stellt die „Suicide Squad“ immerhin einen Fortschritt dar. Es könnte langsam in die richtige Richtung gehen, Potential ist definitiv vorhanden, wird aber leider noch nicht wirklich ausgereizt. Etwas weniger Familienfreundlichkeit und dafür ein wenig mehr Mut sowie ein paar echte Abgründe und man könnte tatsächlich einen eigenen Ansatz finden, um sich von den populären Marvel-Filmen auf eine interessante Art abzusetzen. Aber stattdessen wird ja als nächstes erstmal der Mann aus Stahl von den Toten auferstehen und die ruhmreiche „Justice League“ gegründet, wobei ein gewisser Mr. Snyder dann wieder eine größere Rolle spielt. Und alle so: „Yeah!“
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