2029: Unter der Führung von John Connor (Jason Clarke) starten die menschlichen Widerständler ihre letzte große Attacke, um das die Welt kontrollierende Compuetrnetzwerk Skynet mit seinen tödlichen Terminator-Drohnen endgültig in die Knie zu zwingen. Skynet jedoch gelingt es, einen Terminator zurück in die Zeit zu schicken. Johns rechte Hand Kyle Reese (Jai Courtney) meldet sich freiwillig, dem Terminator sofort ins Jahr 1984 zu folgen, um dort Johns zukünftige Mutter Sarah (Emilia Clarke) zu beschützen. Als sowohl er als auch der Terminator im Jahre 1984 auftauchen, merken wir Zuschauer ziemlich bald: Irgend etwas stimmt hier nicht. Denn sowohl der brandneue T-101 als auch Reese stehen bald Feinden gegenüber, die sie so nicht vorhergesehen haben... und im Falle von Reese auch unvorhersehbaren Allierten im Kampf gegen Skynet...
Die „Terminatorˮ-Filmreihe – einst die glorioseste Science Fiction/Action-Saga ihrer Zeit – sieht mittlerweile nach zwei mehr oder weniger (aber eher weniger) gelungenen nachgeschobenen Sequels so ein bisschen aus wie die Titelfigur am Ende des ersten Films: Das Fleisch ist ab, es bleibt das pure Metalskelett, und selbst das ist dann irgendwann zerfetzt und arg ramponiert. Über den Wert von „Terminator: Rebellion der Maschinenˮ und „Terminator: Die Erlösungˮ wurde auch in den Reihen der Filmszene durchaus kontrovers diskutiert: waren dies nun für sich genommen durchaus sehenswerte, annehmbare Erweiterungen des „Terminatorˮ-Universums oder nicht doch eher zynische und mäßig erfolgreiche Versuche, aus einer einst glorreichen Franchise irgendwie noch etwas rauszuschlagen? Egal, wie man zu diesen beiden Filmen nun steht, eins ist dabei sicherlich unumstößlich: So richtig zwingend oder irgendwie narrativ notwendig waren beide Filme nicht, und dieses größte Manko versucht nun der weitere Franchise-Neustart-Versuch „Terminator: Genisysˮ zu beheben.
Das zumindest ist ihm gelungen, denn der neue Film fühlt sich auf der einen Seite wie das erste dieser späten Sequels an, das für die Reihe wichtig ist, sabotiert aber gleichzeitig diesen Status sofort wieder. Und ob es zu einem Neuanfang als geplantes Standbein einer neuen Trilogie in den kommenden Jahren kommt, steht angesichts des katastrophalen Starts von „Terminator: Genisysˮ in den USA noch in den Sternen. Denn zum US-Startwochenenende erlebte der Film seinen eigenen Tag des jüngsten Gerichts – mit ganz klarem Ergebnis: Zu den größtenteils bösen Verrissen der Presse gesellte sich ein für einen Möchtegern-Sommer-Blockbuster katastrophales Einspiel, das gerade mal etwas mehr als die Hälfte der schon nach unten korrigierten Mindesterwartung des produzierenden Studios einspielte. Kurzum: „Terminator: Genisysˮ ist bei Kritik und Publikum zumindest in den USA ganz böse gefloppt. Ein Desaster mit Ansage.
Nach den letzten beiden Sequels wurde der neue Film eh schon argwöhnisch begutachtet, sein Titel wurde im Internet bereits ausreichend verlacht, erste Bilder und der erste Trailer schafften es nicht, irgendeinen Hype für den Film auszulösen und in ihrer Panik verfiel die Marketingabteilung dann darauf, massive Plottwists des Films bereits in Trailern und Postern vorwegzunehmen. Womit man dann nicht nur verzweifelt erscheint, sondern auch ziemlich dümmlich. Denn einen zentralen Plottwist, der im Film nach fast einer Stunde kommt, bereits auf dem offiziellen Poster zu verraten, spottet schlichtweg jeder Beschreibung. Der Rezensent hat diesen Film unter idealen Bedingungen gesehen, nämlich vollkommen spoilerfrei. Und so kann man vor allem in den ersten 20 Minuten Spaß haben mit den Versuchen, die Anfangsszenen des Ursprungsfilms nachzuahmen, diese jedoch mit Plottwists zu versehen. Die obige Inhaltsangabe wurde bewusst vage gehalten, sollten ein paar glückliche Zuschauer in derselben Situation wie der Rezensent sein, auch wenn alle Marketingaktionen sowohl den ersten Clou der Geschichte – die Zeitlinie von 1984 wurde bereits durch andere Zeitreisen verändert – als auch weitere Details schon vorweggenommen haben.
Auch wenn dies schon fast nicht mehr als Spoiler gelten kann, wenn die Filmmacher bereits selbst ein ganzes Pack Katzen aus dem Sack gelassen haben, sollten Nicht-Gespoilte nun zum übernächsten Absatz springen. Dass in der neuen veränderten Zeitlinie 1984 ein junger (digitaler) und ein alter Arnold aus Fleisch und Blut gegeneinander antreten ist ein nettes Gimmick. Ebenso wenn Kyle Reese wie im Original einen Polizisten fragt: „Welches Datum haben wir heute? Welches Jahr?ˮ und dieses Mal eine ganz andere Antwort bekommt. Und mit der Idee, dass Sarah Connor bereits seit jüngster Kindheit um Terminators, Skynet und ihre Rolle weiß und daher schon als junge Frau eine abgehärtete Kämpferin ist, kann man ja auch durchaus etwas anfangen, wenn, ja wenn denn all diese Veränderungen 1.) irgendwie logisch herbeigeführt sind und 2.) zu einem irgendwie imposanten neuen Ziel, einer neuen Aufgabe für die Reihe und ihre Helden führen. Dem ist traurigerweise in beiden Fällen nicht so. Die Idee, dass Sarah in einer veränderten Zeitlinie als Neunjährige von einem Terminator eliminiert werden sollte und ihrerseits von einem umprogrammierten T-800 gerettet wurde, der ihr nun als Vaterfigur gilt und dementsprechend von ihr nur „Popsˮ gerufen wird, ist ja gar nicht schlecht, wird aber zu keinem Moment irgendwie begründet oder erklärt. Wer hat diesen Terminator wann zurück geschickt? Auf diese Frage kann es eigentlich keine befriedigende Lösung geben, daher wird sie auch vom Drehbuch geflissentlich ignoriert.
Logikfragen kamen ja neben dem üblichen Zeitreisenparadoxen (die der erste Teil so geschickt für sich nutzte) schon in allen Sequels auf, aber bei einem modernen Klassiker wie „Terminator 2 – Tag der Abrechnungˮ legte man als Zuschauer diese bewusst beiseite, weil einem die imposante und packende Inszenierung gar keine Zeit für oder Lust auf allzu unbequeme Nachfragen gab. Darunter krankten allerdings alle weiteren Sequels und nun auch „Terminator: Genisysˮ: Da die Actionszenen und T-1000-Mutationen, die bei „T2ˮ noch für offene Münder sorgten, hier nun reine Routine sind und der Plot zudem ausgesprochen geschwätzig, ohne jemals wirklich Tiefgründiges zu sagen, hat man eben genug Zeit, über solcherlei Dinge nachzudenken und festzustellen, dass selbst mit dem hier nun präsentierten, Verschiedene-Zeitlinien-Modell große Teile des Films nicht sonderlich viel Sinn machen bzw. nur aufgrund des Willens des Drehbuchteams (von dem Frau Kalogridis bisher nur mit „Shutter Islandˮ positiv auffiel und Herr Lussier gar nicht) funktionieren, nicht jedoch aus sich selbst heraus. Und was den zweiten Anspruch betrifft: Hier ist es, wo „Terminator:Genisysˮ dann wirklich kläglich versagt, denn was wollen Sarah, Kyle und „Popsˮ dann im Verlaufe des Films? Na klar, Skynets Heimat bei Cyberdyne Systems in die Lust jagen, um so Skynet zu eliminieren, bevor es die Macht übernimmt. Gähn. Leider hatten wir dies schon bei „Terminator 2ˮ. Und bei „Terminator 3ˮ. Abgesehen davon, dass die Idee, dass Skynet, welches zu dem Zeitpunkt bereits künstliche Intelligenz erreicht hat, irgendwie davon abhängig ist, in die „Cloudˮ geladen zu werden, um sich zu verbreiten und an die Macht zu kommen, reichlich absurd ist. Diese Idee existiert nur, damit unser ungleiches Trio mit sechs Fäusten einen richtig schönen Countdown hat, den es zu schlagen gilt. So ein bisschen wie in alten Cartoons, wo die große Bombe auch immer schön ein Schild mit Aufschrift „Bombeˮ hatte.
Trotz der vollmundigen Ankündigung, dass mit der veränderten Zeitlinie alles anders wird, wird hier eben nichts wirklich anders, und schon gar nicht genug um „Terminator: Genisysˮ zu wünschen, dass dieser Film jetzt bitte eine neue Trilogie begründen soll (ähnliches war ja auch bei „Terminator: Salvationˮ geplant, was dann aber ganz schnell wieder vergessen wurde). Es gibt Variationen mit Szenen, die wir nun wirklich nicht mehr sehen wollen (das Doppelgänger-ˮWelches ist der/die echte XYZ?ˮ, die mittlerweile völlig sinnlosen und schlecht benutzten Catchphrases „Come with me if you want to liveˮ und „I'll Be Backˮ), und die üblichen Verfolgungsjagden per Auto und Hubschrauber, die von Alan Taylor („Thor – The Dark Kingdomˮ) zwar professionell, aber ohne rechten Schwung oder gar echte Inspiration inszeniert werden. Wo die ersten beiden Teile der Franchise uns verblüfften und uns in Erstaunen versetzten, hält es „Terminator: Genisysˮ wie „Terminator 3 – Rebellion der Maschinenˮ und mit Abstrichen „Terminator: Die Erlösungˮ mit einer bloßen Nummernrevue an Momenten, die wir schon vorher und in besser gesehen haben. Dies ist die andere Crux dieses Films: Für einen Film, der als Mischung aus Sequel und Reboot einen Neuanfang wagen will, ist dieser Film mit seinen Referenzen und Parodien aus Szenen der Vorgänger viel zu sehr davon abhängig, dass sein Publikum sich mit diesen Filmen auskennt. Auch so lässt sich der kolossale Misserfolg in den USA erklären, denn ein Großteil des Zielpublikums wurde erst geboren lange nachdem die ersten beiden Teile auf Kinoleinwänden liefen.
Das letzte Problem ist dann das Casting für diesen Film. Ähnlich wie sein alter Rivale Sylvester Stallone kann Schwarzenegger nicht loslassen und seine berühmteste Leinwandfigur in Frieden lassen. Anders als Stallone etwa in „Rocky Balboaˮ gelingt es Schwarzenegger jedoch nicht, mit dieser Figur etwas Wirkungsvolles zu schaffen oder dieser auch im Alter noch Würde und Relevanz zu geben. Was angesichts der Tatsache, dass er einen emotionslosen Cyborg spielt, ja auch kaum verwundert. Man muss es ihm allerdings lassen: Hier zieht Arnie sich noch mit am Besten aus der Affäre, denn sein „Popsˮ ist eine Variante des Terminators, die man aufgrund der Dynamik so noch nicht gesehen hat: im Grunde ist dies hier der Terminator als Sitcom-Dad, der argwöhnisch den neuen Kumpan seiner Ziehtochter begutachtet und mit ihm konkurriert und seiner Tochter so hilfreich wie tollpatschig („Habt ihr euch schon gepaart?ˮ) beiseite steht. Der Spaß, den man in diesem Film haben kann, geht aufs Konto von Arnie sowie das von J.K. Simmons, der in einer kleinen Nebenrolle fast komplett verbraten wird, aber immer mal wieder für ein paar Lebenszeichen in diesem ansonsten scheintoten Spektakel sorgt.
Das zentrale Paar ist dagegen ein fataler Fehlschlag: Emilia Clarke, die Drachenmutter und Khaleesi in „Game of Thronesˮ muss sich ja dort schon immer der Kritik erwehren, sie sei eines der schwächsten Glieder im Ensemble des Serienhits und eine mäßige Schauspielerin. Mit dieser Leistung hier wird sie Niemanden vom Gegenteil überzeugen können, auch wenn die hölzernen Dialoge und die flache Charakterisierung ihrer Figur da sicherlich keine große Hilfe sind. Noch schlimmer ist nur die Besetzung von Jai Courtney als Kyle Reese. Ähnlich wie sein australischer Vorgänger in „Terminator: Die Erlösungˮ, Sam Worthington, soll Courtney wohl mit aller Macht als Hollywoodstar etabliert werden trotz eines bisher deutlich konstatierbaren Mangels an Charisma. Kyle Reese war im Original gerade deswegen glaubwürdig als Soldat des Widerstands, weil er ein so normal, fast hager aussehender Kerl war, was angesichts der Lebensbedingungen des menschlichen Widerstands in Höhlen und Tunneln ohne ausreichend Nahrung und Tageslicht völlig verständlich war. Jai Courtney sieht dagegen aus wie ein Quarterback, der gerade von Sonnenbank und aus der Muckibude kommt. Seine Darstellung ist so völlig ohne Charisma oder Erinnerungswürdigkeit, dass es einer Verschandlung dieser Figur gleichkommt. Jason Clarke muss mit einer letzlich undankbaren Rolle mehr schlecht als recht kämpfen und der Auftritt vom ehemaligen „Dr. Whoˮ Matt Smith ist letztlich nicht mehr als ein Cameo.
„Terminator: Genisysˮ hat den Nachteil, im selben Jahrgang wie zwei andere Sequel-Reboot-Hybriden anzutreten und dabei den mit Abstand schlechtesten Eindruck zu landen. Dabei hätte es nicht unbedingt ein modernes Genremeisterwerk wie „Mad Max: Fury Roadˮ sein müssen, „Terminator: Genisysˮ orientiert sich qualitativ und im Gestus sicherlich mehr an „Jurassic Worldˮ. Immerhin hat man es mit dem gleichen Trick versucht wie vor ein paar Wochen der Dinofilm, nämlich mit ordentlich Nostalgie einen Sequel-Reboot-Mix an den Mann (und die Frau) zu bringen, der die wenig geliebten und schwächeren Sequels der jeweiligen Reihen geflissentlich ignoriert. Wo aber die „Jurassic Worldˮ zu Recht Kritiker für sich eingenommen und Leinwände weltweit niedergetrampelt hat wie eine Horde von T-Rex, damit der am schnellsten eine Milliarde Dollar einnehmende Film aller Zeiten ist und munter in den Top 5 der erfolgreichsten Filme aller Zeiten voranschnellt wie ein Raptor, wird die Terminator-Reihe mit „Terminator: Genisysˮ nun wohl endgültig zum Auslaufmodell degradiert. „Alt, aber nicht veraltetˮ ist das Credo von „Popsˮ, das er im Verlauf dieses Films, wenn sich die mechanischen Fehlfunktionen häufen, mehrfach wiederholt. Auf die Terminator-Reihe trifft das Motto allerdings so nicht zu. Wie schon die letzten beiden Filme der Serie ist „Terminator: Genisysˮ kein Desaster, aber ein überflüssiger und hoffentlich nun letzter Beitrag zum Thema: Alte Ideen, veraltet dargestellt. Brauchen wir daher in Zukunft bitte nicht mehr. In dieser und jeder anderen Zukunft.
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