Captain Phillips

Originaltitel
Captain Phillips
Land
Jahr
2013
Laufzeit
133 min
Release Date
Bewertung
9
9/10
von Volker Robrahn / 13. November 2013

phillips 1Die Bedrohung von westlichen Frachtschiffen durch Piraten vor der Küste des afrikanischen Staates Somalia existiert schon seit mehreren Jahren und der ein oder andere besonders spektakuläre Überfall schafft es auch hierzulande dann gelegentlich in die Schlagzeilen, insbesondere natürlich wenn dabei deutsche Schiffe betroffen sind. Meist, aber nicht immer, gehen diese Kaperungen gegen Zahlung eines Lösegeldes verhältnismäßig glimpflich aus. Eine Aktion die jedoch völlig aus dem Ruder lief und mit ihrem dramatischen Verlauf für Aufsehen sorgte, war die Entführung der "Maersk Alabama" und vor allem die folgende Geiselhaft ihres Kapitäns Richard Phillips. Fürs Kino hat sich mit Regisseur Paul Greengrass nun der Mann der Geschichte angenommen, der es wohl wie kein anderer versteht, seine Filme in einem beklemmend realistischen Doku-Stil zu inszenieren.

Im April 2009 sticht das Container-Frachtschiff "Maersk Alabama" unter amerikanischer Flagge zu einer weiteren Fahrt in See. Das Kommando führt der erfahrene Captain Richard Phillips (Tom Hanks), die Besatzung für das riesige Schiff besteht aus gerade mal 20 Mann. Zwar gibt es offizielle Warnungen vor Piratenüberfällen, doch diese gehören fast zum Alltag, auch wenn Phillips gemäß dem Prozedere eine Notfallübung ausführen lässt. Doch es sind tatsächlich somalische Piraten mit Kurs auf sein Schiff unterwegs, und dem kleinen Boot von Muse (Barkhad Abdi) und seinen drei Mitstreitern gelingt es nach mehreren Versuchen, an Bord des Frachters zu gelangen. Die unbewaffnete Mannschaft hat keine Chance sich zu wehren und versteckt sich auf Anweisung ihres Kapitäns überwiegend im Maschinenraum, während Phillips auf der Brücke bleibt um zu verhandeln. Die Situation verschärft sich, als die Piraten feststellen, dass nur wenig Bargeld an Bord ist und auch sonst nur wenig nach ihren Vorstellungen abläuft. Ihr Raubzug droht zu scheitern, doch einen letzten Trumpf haben sie noch: Die Geisel Richard Phillips.
 

Jphillips 2eweils eine kurze Einführungsszene gewährt der Film den Protagonisten beider Seiten, danach gibt es dann praktisch keine Atempause mehr. Und obwohl es keinesfalls so ist und sich die Handlung über mehrere Tage hinzieht, wirkt „Captain Phillips“ wie eine Erzählung in Echtzeit. Dass aber von Anfang an beide Seiten gezeigt werden ist bereits ein erstes Qualitätsmerkmal, denn so wird deutlich, dass die Piraten zwar eindeutig verbrecherisch handeln, dies aber kaum aus eigenem Antrieb tun sondern auf Druck der örtlichen Warlords, die von den eigentlichen Fischern stets neue Beute fordern. „Ich habe Dir doch letzte Woche ein Schiff gebracht – Ja, aber das war letzte Woche“. Und so geht es wieder hinaus, mit Männern, die vorwiegend nach körperlichen Attributen ausgewählt werden und auf Booten, die kaum seetüchtig, aber doch schnell genug sind um die Ozeanriesen mühelos einzuholen.

Wie es solch zunächst kaum als Bedrohung wirkenden, ausgemergelten Gestalten aber trotzdem gelingen kann einen gewaltigen Frachter zu entern, zeigt der Film auf faszinierende (und erhellende) Weise. Die Spannungskurve zieht bereits mit dem ersten, zunächst noch abgewehrten Angriff enorm an und bleibt von diesem Moment an durchgehend am Anschlag. Ja, der realistisch-dokumentarische Charakter wird beim ehemaligen „Bourne“-Macher auch hier wieder durch reichlich Einsatz der Handkamera erzeugt, er ergibt sich aber zu mindestens gleichen Teilen auch aus dem rasanten Schnitt und der bedrohlichen Musik. Wie schon bei seiner 9/11-Aufarbeitung „Flug 93“  erzeugt Meister Greengrass auch dieses Mal wieder eine beklemmende, fast hypnotische Atmosphäre, die „Captain Phillips“ zwar zu keinem besonders angenehmen, aber dafür eben äußerst intensiven Filmerlebnis macht.

phillips 3Dazu trägt auch maßgeblich Tom Hanks bei, der hier seine stärkste und fordernste Rolle seit langem zu absolvieren hat und dabei zu großer Form aufläuft. Dies zunächst mit bewusster Zurückhaltung, denn sein Richard Phillips ist kein Idealist oder See-Romantiker, sondern einfach ein nüchterner und sachlicher Arbeiter, vom Schinden seiner Leute genauso weit entfernt wie von einer kumpelhaften Verbrüderung. Kein Mann also, der als typischer Held taugt und so wird er deshalb auch nicht in Szene gesetzt. Zwar gelingt es Phillips sich auch unter höchstem Druck zusammenzureißen oder gar über sich hinauszuwachsen, doch erreicht er unweigerlich irgendwann auch den Zeitpunkt des kompletten emotionalen Zusammenbruchs. Dass man dem bekannten Gesicht von Hanks diesen „Normalbürger“ in einer Extremsituation jederzeit abkauft ist dann zweifellos das Verdienst des Mimen.

Sein Gegenspieler auf Piratenseite wird von keinem derart großen Namen verkörpert, sondern von dem bisher im Kino unbekannten Barkhad Abdi, doch der liefert ebenfalls eine starke Leistung ab. Denn auch der zunächst unscheinbare, von seinen Konkurrenten nur „Hagere“ genannte Muse ist eine getriebene Figur, in der aber mehr steckt als die Meisten ihm zutrauen. Schade allerdings, dass er auch der einzige der vier zentralen Piraten bleibt, der eine echte Charakterisierung erhält. Wenn sich unter seinen Helfern dann noch ein naiver Jungspund und ein zu unkontrollierter Gewalt neigender Brutalo hervortun, dann wirkt das doch ein wenig wie in die Klischee-Schublade gegriffen.

phillips 4Davon abgesehen gibt es jedoch nichts zu mäkeln, denn es gibt wohl keinen anderen Inszenierungsstil bei dem eine Geschichte wie diese die gleiche intensive Wirkung entfalten würde. Sie zu verfolgen ist dann in der letzten halben Stunde auch für den Zuschauer harte Arbeit und entwickelt sich zu einem emotionalen Tour De Force-Ritt.  Auch die im Vergleich zum Geschehen auf einem kleinen Rettungsboot geradezu nüchternen Szenen auf den imponierenden Kriegsschiffen der US-Marine tragen keinesfalls zur Entspannung bei, eher sorgen die kühle Präzision und das rituelle, fast maschinenhaft wirkende Vorgehen der „Seals“ für noch mehr Unwohlsein. Kein „schöner“ oder wirklich zu genießender Film also, wie bereits festgestellt. Aber dafür ein verdammt starker.

Bilder: Copyright

8
8/10

Gut gemachter Film - spannende Geschichte.
Ob das alles so der Wahrheit entspricht - können ja wohl nur die Beteiligten sagen.

Die Story an sich regt zum Nachdenken an. (Großfischerei im Ozean und so)

Hätt mir nur gewünscht, dass die Marine nicht so rumgeeiert hätte.
Aber die Realität oder Nichtrealität ist halt nicht: Hollywood.

Permalink

5
5/10

Bis zu der Szene, wo Tom Hanks ins Rettungsboot steigt, ist der Film gar nicht mal so übel. Es wird geschickt Spannung aufgebaut, die Schauspieler, allen voran die Somali, machen insgesamt einen guten Job. Dann kommt wiegesagt das Rettungsboot ins Spiel. Von da an ist die Zahl der Locations doch sehr übersichtlich. Entweder im Rettungsboot oder im Ami-Schiff, das alles mit verwackelter Kamera und fast nur im Dunkeln, gähn. Was haben sich die Macher dabei gedacht, den Film so stark abfallen zu lassen? Keine Ahnung, jedenfalls wird's dann in der 2. Hälfte der Oberschnarcher und das ist bei über 2 Stunden Laufzeit schon sehr anstrengend. Wie man hier auf eine 9-Augen-Wertung kommt ist mir echt schleierhaft :/ !

Permalink

9
9/10

Eine spannender Film. Der somalische Muse war ein interessanter Charakter. Tom Hanks hat auch gut gespielt, aber ein unbekannteres Gesicht hätte dem Capitano besser gestanden.

Permalink

9
9/10

Also für mich nach Road to Perdition seit einigen Jahren, mal wieder ein wirklich überzeugender Film mit Tom Hanks. Es war für mich eine spannende, brutal nüchterne und eben sehr positive Überraschung.

Permalink

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Klartext

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Website- und E-Mail-Adressen werden automatisch in Links umgewandelt.
CAPTCHA
Diese Aufgabe prüft, ob du menschlich bist um Bots zu verhindern.