Wenn man denn erstmal eine erfolgreiche Marke etabliert hat, verspricht kaum ein Genre solch verlässlich konstante Kassenerfolge wie der Animationsbereich. Wenig verwunderlich also, dass Universal Pictures nach dem Ende ihrer Kooperation mit Dreamworks Animation ("Shrek", "Madagascar") trotzdem noch etwas von diesem Kuchen abhaben wollte und sich ergo anschickte, eine neue Hit-Animations-Franchise ins Leben zu rufen. Dafür warb man "Ice Age"-Schöpfer Chris Meledandri bei 20th Century Fox ab und ließ ihn als Produzent eine neue Animationsschmiede aufbauen, und Meledandri lieferte denn auch gleich wie gewünscht: "Ich - Einfach unverbesserlich" erwies sich vor drei Jahren als der erhoffte Superhit und verdiente sich in der Tat einige Punkte auf der Originalitätsskala. Denn einen (zumindest anfänglich) charakterlich ziemlich widerwärtigen Bösewicht zum "Helden" der Geschichte zu machen, war ein erfrischender Ansatz, und die parodistische Zuspitzung von Superschurken-Klischees, wie man sie aus Agenten-Filmen der 60er Jahre kennt, mit irrwitzigen Super-Verbrechensplänen (Stichwort: "Ich stehle den Mond!") und noch irrwitzigeren Superwaffen war ein großer Spaß. Ein fast noch größerer Spaß waren die kongenial kreierten Sidekicks von Protagonist Gru, die leicht anarchischen und leicht bescheuerten kleinen gelben Helferlein namens "Minions".
Tja, und jetzt kommt eben das, was kommen muss, wenn ein Filmstudio solch einen clever zusammengesetzten Hit gelandet hat: Das Konzept wird zur Franchise ausgebaut und gemolken, solange es geht. Kommendes Jahr soll ein eigener "Minions"-Film kommen, vorher gibt es jetzt erstmal das unvermeidliche Sequel. Und das zeigt leider auf, dass das Grundkonzept von "Ich - Einfach unverbesserlich" für nicht mehr als einen Film trägt. Denn es war natürlich unerlässlich, dass der Anfangs-noch-Kinderhassende-Bösewicht Gru im Laufe des ersten Teils seine weiche Seite entdeckt und sein Herz für die drei süßen kleinen Mädchen, die er eigentlich nur als ahnungslose Marionetten für seinen Superschurken-Plan adoptiert hat. Von daher trifft der Filmtitel beim zweiten Teil schon nicht mehr zu, denn "verabscheuungswürdig", wie es der Originaltitel ausdrückt, ist an Gru jetzt schon gar nichts mehr. Wo er in den Eröffnungsminuten des ersten Teils kleinen Kindern noch mit Wonne ihr Eis geklaut hat und sich an ihrem Geschrei ergötzte, schmeißt Gru zu Beginn des zweiten Teils nun einen Kindergeburtstag für eine seiner Adoptivtöchter und ist sich letztlich auch nicht zu schade, zur Freude der Kleinen in ein höchst albernes Feenkostüm zu schlüpfen. Derart weichgespült kann sich diese Figur eigentlich jetzt schon nirgendwohin mehr entwickeln. Und das ist denn auch das zentrale Problem dieser Fortsetzung.
Denn nach einer guten Idee sucht man hier lange und vergebens. Der ganze Plot wirkt reichlich bemüht, sowohl das oberflächliche Handlungskonstrukt - der für die Jagd auf Superschurken zuständige Geheimdienst engagiert Gru als Quasi-Insider, um ihnen bei der Jagd nach einem neuen, mysteriösen Superschurken zu helfen - als auch der emotionale Nebenschauplatz: Grus Adoptivtöchter befinden, dass ihr Papa eine Frau an seiner Seite braucht und wollen ihn verkuppeln. Dass Gru am Ende eine geliebte Frau an seiner Seite haben und wer die Glückliche sein wird, ist denn auch so schnell offensichtlich, dass der Verlauf dieses Nebenstranges ähnlich ideenlos und ermüdend daherkommt wie die Bespielung von Grus Nöten in seiner Vaterrolle, als er nämlich nicht mit ansehen kann, dass die älteste seiner Töchter ins Flirt-fähige Alter kommt und anfängt sich für Jungs zu interessieren.
Das alles ist so altbacken, brav und im Mittelteil richtiggehend öde, dass man für jedes kleine Zwischenspiel mit den "Minions" dankbar ist. Die beweisen hier überdeutlich, dass sie die eigentlichen Stars dieser Franchise sind, und reißen die Gag-Trefferquote immer wieder ruckartig nach oben, wenn man im Kinosessel schon gelangweilt wegzudösen droht. Dass man sich derart an den Pausenclowns festhalten muss, um hier überhaupt noch Spaß zu finden, ist indes ein ziemliches Armutszeugnis für diesen Film und unterstreicht die verschenkten Möglichkeiten. Denn das Grundszenario, in dem Gru in einer Shopping Mall mit allerlei eigenwilligen Ladenbesitzern das geheime Versteck des unbekannten Superschurken finden muss, hätte eigentlich viel Potenzial für ein buntes und lustiges Sammelsurium an schrägen Gestalten parat gehalten. Doch leider macht der Film daraus fast gar nichts und konzentriert sich viel zu sehr auf den grässlich vorhersehbaren "Die Töchter wünschen sich eine Mama"-Strang. Apropos Mama: Grus Mutter, im ersten Teil immerhin noch von zentraler Bedeutung für Grus Ansporn, die Welt (und damit auch seine Mama) zu beeindrucken, ist hier urplötzlich komplett von der Bildfläche verschwunden. Nur ein weiteres Indiz dafür, wie fahrlässig hier mit dem eigenen Material umgegangen wird.
Am Kassenerfolg dieses Sequels wird das alles vermutlich wieder mal nichts ändern. Andere Animations-Franchises, die nach dem gelungenen ersten Teil stark nachgelassen haben (von "Madagascar" bis "Ice Age") haben gezeigt, wie berechenbar diese Erfolgsformel trotzdem aufgeht. Dennoch bleibt es bedauerlich festzustellen, dass "Ich - Einfach unverbesserlich" sich mit seinem zweiten Teil eben genau in diese Kompanie einreiht und jetzt schon abgehakt werden kann als Animations-Franchise, von der nichts mehr zu erwarten ist als müde Sequels. Da Chris Meledandri den Universal Studios damit aber genau das gegeben hat, was sie haben wollten, wird zumindest die Geschäftsführung mit diesem Film rundum zufrieden sein. Und Meledandri kann eigentlich wieder weiterziehen.
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