Viel hängt von diesem Film ab. Mit „Iron Man 3“ läutet Marvel die zweite Phase ihres Filmuniversums ein, nachdem im letzten Jahr die „Avengers“ die kommerzielle und künstlerische Krönung der ersten Phase war. Und auch als eigenständige Filmreihe brauchte „Iron Man“ dringend eine Neubelebung nach dem langweiligen und pflichtschuldigen „Iron Man 2“. Das merkte man wohl auch bei Marvel und ersetzte das doch relativ schnell schal gewordene Kreativteam. Jon Favreau ist ja quasi der Inbegriff des guten aber biederen Handwerkers auf dem Regiestuhl und wurde nun ersetzt. Aber: kein böses Blut. Favreau ist sowohl als ausführender Produzent als auch wieder als Tony Starks Sicherheitschef Happy Hogan mit dabei.
Statt Favreau nun kreativ zuständig: Shane Black, der andere verlorene Wunderknabe, der Downey jr. nach Jahren in der Drogen- Und Alkoholwildnis mit „Kiss Kiss Bang Bang“ erst seine zweite Chance im Hollywood-Mainstream ermöglichte. Und so wie sich Downey jr. und Black gegenseitig das große Comeback schenkten, hatte Downey jr. sicherlich auch etwas zu sagen, als es um die neue Triebfeder seiner Franchise ging. Und um es vorwegzunehmen: Einen besseren Mann als Black hätte man nicht finden können, ein besserer Start in die zweite Phase des Marvelverse ist schwer vorstellbar und die „Iron Man“-Reihe feiert nach dem flauen zweiten Teil hier nun ihre kreative Rehabilitation.
Tony Stark alias Iron Man schläft in letzter Zeit schlecht. Seit er mit den "Avengers" New York vor einer Armee von Außerirdischen retten musste, kommt er nicht zur Ruhe und verbringt seine Nächte damit, neue Iron Man-Rüstungen zu kreieren, sehr zum Unwillen von Partnerin Pepper (Gwyneth Paltrow), die sich logischerweise etwas vernachlässigt fühlt. Zudem muss sie sich um eine alte Bekanntschaft kümmern, den Wissenschaftler Killian Aldrich (Guy Pearce), der Stark Enterprises in sein Projekt involvieren möchte, das Heilung für auch massive Verletzungen verspricht. Eine alte Liebschaft Tonys, die Forscherin Maya Hansen (Rebecca Hall) taucht ebenfalls auf, aber Tony hat dringenderes Business zu regeln. Ein Terroristenanführer, der sich „der Mandarin“ nennt (Ben Kingsley) übernimmt per kruden Videobotschaften die Verantwortung für mehrere Bombenattentate und droht offen der amerikanischen Regierung. Diese verlässt sich auf Tonys alten Kumpel James "Rhody" Rhodes (Don Cheadle) alias Warmachine alias – neuerdings – Iron Patriot. Aber nachdem es persönlich wird, fordert Tony den Mandarin heraus...
Shane Blacks Fingerabdrücke sind überall auf diesem Projekt, genau so wie Joss Whedon die „Avengers“ zu seinem eigenen Film machte. Das heißt: mehr Buddy Movie-Momente, mehr Metareflektion, mehr schwarzer Humor, mehr schnelle und clevere Dialoge. Interessanterweise scheint auch „Iron Man 3“ mit Tonys posttraumatischem Stresssyndrom zunächst eine ähnlich düstere Richtung einzuschlagen wie der misslungene zweite Teil, dem ist aber letztendlich und Gott sei dank nicht so. Black gibt Tony zwar eine wohltuend ernste Note, ohne dafür aber dessen sardonisches Mundwerk oder seine schnelle Zunge zu opfern. Ganz im Gegenteil: Black, König der Oneliner in Actionkomödien wie den ersten beiden „Lethal Weapon“-Filmen oder dem unterbewerteten Miniklassiker „The Last Boyscout“, macht hier das, was man von ihm erwarten kann, so dass Starks Sprüche nicht so bemüht wie im zweiten Teil daherkommen, sondern meist richtig witzig sind. Besonders einige Dialoge mit Handlangern des Bösewichts („Hey, Ponytail Express“,„Warte, ich hasse es, hier zu arbeiten. Die sind alle so merkwürdig hier.“) sind echte Knaller. Und da endet der Spaß noch bei Weitem nicht. Auch ein Plottwist nach etwa 2/3 des Films macht enorm Laune, zumindest wenn man kein Hardcore-Comicfan des „Eisernen“ ist und somit nicht auf hundertprozentiger Übereinstimmung mit den Comics besteht. Die Debatten zu diesem Thema werden jedenfalls schon ausgiebig anderweitig und kontrovers geführt, aber ich kann nur sagen: So machen eine zentrale Besetzung und ein Monolog am Anfang („Glückskekse“) überhaupt erst Sinn.
Wichtig war es nach dem verkorksten zweiten Teil auch, die Figuren richtig hinzubekommen, und zwar auch die, die nicht Tony Stark heißen und nicht nur von Robert Downey Jr.'s unvermeidlichem Charme getragen werden. So werden sowohl Pepper als auch Cody Rhodes deutlich besser in den Film integriert als noch in Teil 2 und haben eigene kleine Handlungsbögen. Don Cheadle als Rhodes kommt auch viel sympathischer herüber als in seinem ersten Anlauf, wo er mit der Rolle spürbar fremdelte; und als Rhodes und Tony sich später notgedrungen in zivil zusammentun, hat Black etwas von der old school buddy movie-Magie seiner größten Erfolge.
Ben Kingsleys Mandarin bleibt anfangs mutwillig etwas nebulös, die Figur wird dann aber im Mittelteil sehr viel interessanter und man kann sehen, warum Sir Ben Kingsley hierfür an Bord kam und dass der geadelte Altmeister hier richtig viel Spaß hat. Dazu dann noch Rebecca Hall als eventuelle femme fatale und der immer zuverlässig gute Guy Pearce und man hat hier auch ohne Frage das beste Ensemble eines Films der „Iron Man“-Saga zusammengetragen. Und über allem thront natürlich Robert Downey Jr. in seiner Paraderolle, die hier genau die richtige Balance zwischen respektlosem Großmaul und introspektiven Einschüben findet.
Schwachpunkte sind wenige auszumachen und letztlich dieselben wie in der gesamten Serie: Einige der wieder über zwei Stunden langen Spielzeit geschuldeten kleine Hänger sowie ein Finale, das bei aller Action eben doch nicht so ein richtig erinnerungswürdig ist. Da hatte eine Sequenz in und um ein Flugzeug kurz vorher doch deutlich mehr Drive. Aber das ist natürlich immer die Krux der Superheldencomics und ihrer Verfilmungen: Am Ende läuft halt doch alles auf eine große Klopperei hinaus. Und bei der gibt es eben nur so und soviele Möglichkeiten, das Ganze aufregend in Szene zu setzen. Dafür ist ein Hubschrauberangriff am Ende des ersten Drittels nicht weniger als absolut beeindruckend in Szene gesetzt, und um zu zeigen, dass er diverse Stimmungen und Motive bearbeiten kann, gibt es direkt im Anschluss einen Abstecher in die amerikanische Provinz, der Black in manchen Szenen erstaunliches Pathos abringt, um ein Zuviel davon dann selbstironisch zu vermeiden („Weil wir... miteinander verbunden sind“).
Ein besonderes Lob muss übrigens nochmal an die 3D-Abteilung ausgesprochen werden, was bei uns bei der Filmszene ja auch eher selten passiert. Das Meiste 3D ist überflüssig, mittelmäßig und reine Geldmacherei. Und auch Marvel ist in dieser Hinsicht nicht unschuldig: Die 3D-Ausgaben von „Thor“ und „Captain America“ waren bestenfalls Mittelmaß und hatten in manchen Momenten Fälle von „sieht aus wie ausgeschnitten“. Und während das 3D in den „Avengers“ ziemlich gut war, war es auch nicht zwangsläufig grandios. Das 3D in „Iron Man 3“ sieht ausgesprochen gut aus, die Trennungen zwischen Hinter- und Vordergrund sind sauber und klar, auch in den Actionszenen und das 3D wird fast immer atmosphärisch statt effektheischerisch eingesetzt, so wie es sein sollte. Statt einer Warnung hier also tatsächlich die Empfehlung, sich das Ganze in 3D anzuschauen.
„Iron Man 3“ knüpft in Sachen Qualität an den Original-“Iron Man“ an und eröffnet wie dieser die Blockbustersaison mit einem Paukenschlag. Dies ist smartes, fabulös unterhaltsames Mainstreamkino, wie es sein sollte. Der „Iron Man“-Reihe geht es wieder gut, dem Marvelverse auf der Leinwand ebenso und man darf gespannt sein, ob die Kollegen Thor und Captain America dann im Verlauf des folgenden Jahres diese Qualität werden halten können. Zu wünschen wäre dies allemal.
PS: In klassischer Tradition gibt es auch hier wieder eine kleine Bonusszene nach dem Abspann. Dies ist zwar in diesem Falle wirklich nur ein Schmankerl ohne große zukünftige Relevanz, aber der geneigte Fan muss natürlich bis zum Ende sitzen bleiben.
Neuen Kommentar hinzufügen