Tom Stall (Viggo Mortensen) führt das Leben eines guten und einfachen Mannes. In einer typischen amerikanischen Kleinstadt besitzt er ein Café, während seine Frau als Anwältin arbeitet. Die Nachbarn schätzen ihn als freundlichen und hilfsbereiten Menschen. Und eines Tages geschieht etwas, das sein Ansehen noch deutlich steigert: Als zwei brutale Killer das Café aufsuchen und das Leben von Tom und seinen Gästen bedrohen, erledigt dieser die Schurken in einem gekonnten Handstreich, als hätte er nie etwas Anderes getan. In den Zeitungen ist Tom der große Held, doch ihm selbst scheint der neue Ruhm mehr als nur unangenehm zu sein. Bald zeigt sich auch warum: Einige zwielichtige Gestalten tauchen im Ort auf und wollen mit Tom über alte Zeiten und offene Rechnungen sprechen. Dessen Beteuerungen, er kenne diese Leute nicht, wirken auf Familie und Freunde zunehmend unglaubwürdiger.
Mit "A History of Violence" liefert David Cronenberg zweifellos seinen zugänglichsten Film seit langem ab. Dem Publikum wird diesmal weder anstrengende Kopfarbeit á la "Spider", noch die sonst bei ihm fast obligatorische Mutation menschlichen Fleisches zugemutet. Wobei der Altmeister seinem Thema "Verstümmelung des Körpers" trotzdem irgendwie treu bleibt, nur diesmal halt auf die altmodische Weise in der klassischen Auseinandersetzung Mann gegen Mann. Genau einmal überrascht er uns dabei mit den unerwarteten Fähigkeiten des Tom Stall, während dessen folgende Anwendungen seiner Kampfkunst zwar erneut wie Showeffekte inszeniert werden, dabei aber fast schon den Erwartungen entsprechen.
Und die Formulierung "den Erwartungen entsprechen" führt auch direkt zum großen Manko des Films, denn diese Beschreibung lässt sich auf zahlreiche Szenen anwenden, im Grunde genommen sogar auf alle, die nach dem ersten Gewaltausbruch noch folgen. Ob man als Betrachter nun denkt "jetzt wird er mit seiner Frau darüber sprechen" oder "jetzt wird auch sein Sohn anfangen sich gegen Andere zu wehren" - genau so kommt es, und es ist schon irgendwo bemerkenswert, wie konsequent sich Cronenberg diesmal mit einem klassischen und sehr gradlinigen Handlungsverlauf begnügt. Der mag zwar im Konzept begründet sein, denn wie es der Titel des Films schon suggeriert, wird der Verlauf der gewalttätigen Auseinandersetzungen hier als nahezu unausweichlich und schicksalhaft dargestellt. So ganz zufrieden stellend ist das aber leider nicht, denn ein Film, den man sich selbst zu Ende schreiben könnte (und dabei dann auch tatsächlich zum gleichen Ergebnis kommt) ist nun mal nicht gerade das aufregendste Erlebnis.
So richtig interessant sind da dann nur noch die kleinen Nuancen, in denen der Regisseur von seiner Vorlage abweicht. Bei der handelt es sich nämlich um einen abgeschlossenen Comic-Roman im Stil von "Road to Perdition", und genau wie dort sind die für die Verfilmung vorgenommenen Änderungen durchaus sinnvoll. So verzichtet Cronenberg völlig auf die ausführlichen Rückblenden in Toms Vergangenheit (alles geradlinig hier, wie gesagt) und macht den zunehmenden Einbruch der Gewalt ins Leben der Familie Stall auch mit Hilfe der immer aggressiver ausgelebten Sexualität zwischen Tom und seiner Frau deutlich. Zweifellos einer von Cronenbergs besten Einfällen, zudem Viggo Mortensen und Maria Bello ihre Figuren genau richtig und durchaus glaubwürdig anlegen, auch wenn man Mortensen den zunächst so braven und schwächlichen Tom nicht so hundertprozentig abnimmt.
Seiner Wirkung beraubt sich der Film dann aber letztendlich durch einen völlig unpassend eingesetzten Humor. Während nämlich der von Ed Harris gekonnt verkörperte Charakter des Gangsters Carl noch ziemlich cool rüberkommt, überzieht William Hurt seine Darstellung des Oberbosses gnadenlos und macht den großen Showdown so zur eher unfreiwilligen Witznummer statt zum dramatischen Höhepunkt.
Vielleicht soll dieser Höhepunkt ja aber auch eher das finale Hohelied auf Heim und Familie sein. Nun, zumindest damit hätte der sonst so gern die menschlichen Abgründe auslotende David Croneneberg uns dann irgendwie doch noch überrascht.
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