Seit er als Plattenladen-Derwisch Barry in dem grandiosen "High Fidelity" sein ersten großen Leinwandauftritt gab, konnte man Teilzeit-Musiker Jack Black (er ist eine Hälfte des "progressiven" Rock-Duos Tenacious D) mit Garantie eine Kinokarriere als Komiker prophezeien. Ein solch vitaler, körperlicher und immer an der Grenze zum Over-Acting balancierender Comedy-Stil ist selten - so selten, dass schnell Vergleiche mit John Belushi oder Chris Farley auftauchen (die sich indes beide tot gekokst haben, was Black hoffentlich erspart bleibt). Jack Black ist zwar nicht attraktiv, aber in seiner einmaligen Eigenart so prägnant, speziell und witzig, dass er sich spielend über jedes körperliche Attribut hinweg setzt, und seine kugelige Figur sogar subtil als komischen Moment einzusetzen weiß. Black ist instinktiv genial komisch, und dies ist schon allein Grund genug dafür, dass Blacks erste Solo-Hauptrolle (nach der Kombination mit einer aufgepusteten Gwyneth Paltrow in "Schwer verliebt") ein einfacher, grandioser Spaß ist.
"School of Rock" gehört zu jenen Filmen, denen es elegant gelingt, aus einer ebenso simplen wie brillanten Grundidee genug Plot zu zimmern, dass es für einen köstlichen und kurzweiligen Filmabend reicht. Hauptperson ist dabei Dewey Finn, ein Rockmusiker mit Leib und Seele, dessen Ambitionen und Bühnenattitüden indes nur bedingt zu seinem mittelmäßigen Talent passen. Als ihn seine ohnehin dürftige Band einstimmig rausschmeißt und die Mietschulden zu drücken beginnen, braucht Dewey dringend einen neuen Job. Bei einem Anruf gibt er sich kurzerhand als sein Mitbewohner Ned aus, ein Aushilfslehrer, und übernimmt daraufhin den Unterricht einer Klasse 10-jähriger in einer elitären Grundschule. Ohne Plan und von purem Instinkt getrieben bringt Dewey den Kindern das einzige bei, von dem er wirklich etwas versteht: Rock'n'Roll.
Was folgt, ist einfache Unterhaltung vom Allerfeinsten: Wie Dewey mit seinem unerschütterbaren Glauben an die heilende Kraft des Rock seine Schüler erst zur Philosophie seiner Musik bekehrt und die Klasse dann in Windeseile in eine straff organisierte, hoch talentierte Band umwandelt, ist höherer Blödsinn der charmantesten Sorte. Da macht es auch nichts, dass der Großteil der Nebencharaktere aus Kindern besteht - Rollen also, für die wirklich überzeugende Darsteller nur schwer zu finden sind, vor allem, wenn man wie hier geschehen die Kids primär wegen ihrem musikalischen Talent besetzt. So charakterisieren sich die Kinder dann auch mehr durch ihre Rollenfunktion als durch ihre Darbietung, was allerdings auch für Sarah Silverman als Neds spießige Freundin Patty gilt: Solch hölzernes, leidenschaftsloses Spiel sollte man sich als Darstellerin auf dem langsamen Weg nach oben nicht leisten.
Gott sei Dank wird dies jedoch alles mehr als kompensiert durch die ungezähmte Energie von Jack Black, dem Independent-Held Richard Linklater auf dem Regiestuhl (mit einem überraschend mainstreamigen Abstecher von seiner sonst eher kopflastigen Filmografie, siehe "Waking Life") wohlweislich freien Lauf lässt, so dass sich sein Star nach Herzenslust austoben kann. Dass man an dieser fulminanten Vorstellung selbst während des Abspanns noch so viel Spaß hat wie in der ersten Minute, das zeichnet die wahrhaft großartige Leistung von Black aus, deshalb kann ihm kein mittelmäßiges Rest-Ensemble den Schwung und die Show nehmen, und genau darum könnte das hier der Anfang einer großen Karriere sein. Wie gesagt, seit "High Fidelity" konnte man es eigentlich schon ahnen.
Unter dieser bravourösen Performance von Black laufen allerdings zwei andere Leute Gefahr zu verschwinden, da ihre Arbeit um einiges subtiler daher kommt, jedoch ähnlich hervorragend ist: Joan Cusack spielt die nervöse, zugeknöpfte Schuldirektorin Rosalie Mullins zur Perfektion, entwirft quasi im Subplot den stärksten und realistischsten Charakter des ganzen Films und liefert mehrere kleine Szenen-Highlights ab, ohne dabei der Show von Jack Black in den Weg zu kommen. Der absolute Traum einer Nebendarstellerin. Dass es indes nicht zur mehr als offensichtlich in der Luft liegenden Beziehung zwischen Dewey und der Direktorin kommt, diese klischeehafte Konvention erspart uns dankenswerterweise Drehbuch-Autor Mike White, der auch als echter Ned eine Nebenrolle spielt, und der zweite heimliche Star von "School of Rock" ist. Seine Sporen verdiente er sich als Autor und Produzent der Teenie-Serie "Dawson's Creek", verfasste mit "Nix wie raus aus Orange County" und "The Good Girl" (ein bisher in Deutschland leider unveröffentlichtes Independent-Juwel mit Jennifer Aniston) zwei der gelungensten Außenseiter-Komödien der letzten Jahre, und hat sich mit der begnadeten Arbeit an "School of Rock" wahrlich die Chance für etwas Großes verdient.
Angesichts des hohen Anteils an tragenden Kinderrollen war "School of Rock" sicherlich eine Herausforderung, doch mit den vereinten, auf Hochtouren laufenden Kräften von Linklater, White, Cusack und vor allem Black gelingt das einfache Story-Rezept hervorragend, und so bekommt das Publikum hier eine kleine, süße, charmante und äußerst kurzweilige Komödie serviert, die garantiert zur besten Unterhaltung gehört, die man dieses Jahr zu sehen bekommt. Rock on!
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