Der U-Bahnzug, der um 1.23 Uhr in Pelham startet und der im Übrigen ein fiktiver ist, wurde bereits in den 70ern einmal entführt. Damals lieferten sich ein granteliger Walter Matthau als Bahnbeamter und Robert Shaw als Gangster ein feines Duell, das mit einer der wohl cleversten Schlussszenen der Filmgeschichte endete und das sich ein Quentin Tarantino offensichtlich auch sehr genau angeschaut hat, tragen darin doch die einzelnen Mitglieder der kriminellen Bande so illustre Namen wie Mr. Black, Mr. Brown , Mr. Green und Mr. Grey. Hierzulande läuft der Film regelmäßig im Fernsehen, erreichte aber keine allzu große Bekanntheit und auch sicher keinen Kultstatus, wozu auch der leicht trashige deutsche Titel "Stoppt die Todesfahrt der U-Bahn 1-2-3" beigetragen haben dürfte. Nun also das Remake oder vielmehr eine "Neuinterpretation", wie uns das produzierende Studio schmackhaft machen möchte. Die wird in Szene gesetzt von Tony Scott und so darf man ein bisschen mehr Action statt Krimi und vor allem deutlich mehr Tempo erwarten. Exakt das wird auch geliefert, dennoch hinterlässt der neue "Pelham" am Ende aber weniger Eindruck als das Original.
Zusammen mit einer Handvoll Komplizen entführt der brutale Gangster Ryder (John Travolta) am helllichten Tag den New Yorker U-Bahnzug mit der Bezeichnung "Pelham 123". Seine Forderung: Zehn Millionen Dollar innerhalb von nur einer Stunde oder er beginnt mit der Erschießung seiner rund zwei Dutzend Geiseln. Am anderen Ende der Leitung, die den Zug mit der Verkehrsleitzentrale verbindet, sitzt der diensthabende Beamte Walter Garber (Denzel Washington), den sich der Erpresser als Verbindungsmann aussucht. Auch als der zuständige FBI-Spezialist (John Turturro) schließlich auftaucht, besteht Ryder darauf weiterhin nur mit Garber zu verhandeln und verleiht dieser Forderung mit der Erschießung einer Geisel überzeugend Nachdruck. Walter Garber sieht sich einer Situation ausgesetzt, die ihn im Grunde deutlich überfordert und die er sich auch nicht selbst ausgesucht hat. Dass das Verhältnis zu den Kollegen zudem aufgrund einer Bestechungsaffäre aktuell äußerst angespannt ist, macht die Situation nicht leichter und so sehen sich die Beteiligten, zu denen schließlich auch noch der Bürgermeister (James Gandolfini) stößt, einem gewaltigen Druck ausgesetzt.
Mit Namen wie Denzel Washington und John Travolta auf dem Plakat besitzt dieser Thriller von vornherein schon mal ein paar gute Verkaufsargumente und ist auch ein Stück prominenter besetzt als das Original. Vor allem Washington überrascht in einer sehr zurückhaltend angelegten Rolle als "kleiner Mann", der schon fast schüchtern wirkt. Allerdings stellt sich schnell heraus, dass es sich da nicht ganz so verhält wie es zunächst den Anschein hat. Es gibt Gründe für dieses fast schon unterwürfige Verhalten, denn Walter Garber hat offensichtlich ein wenig Dreck am Stecken, der auch dafür verantwortlich ist, dass er an genau dem Arbeitsplatz gelandet ist, der ihn nun in so eine unangenehme Situation bringt.
Derartige Details kitzelt der im Gegensatz zu seinem bulligen und prolligen Äußeren in Wahrheit sehr clevere Ryder Stück für Stück aus seinem Gesprächspartner heraus und das Duell der zwei Schauspielgrößen am Mikrophon ist somit auch der eigentliche Höhepunkt und Hauptgenuss dieser Neuauflage. Wobei Travolta aber ansonsten nur wenig Gelegenheit zu glänzen bekommt, denn das Psychogramm des ehemaligen Wall Street-Bankers mit etwas wirrer Rachemotivation ist leider nicht sehr überzeugend gestrickt. Da gibt die Figur Walter Garber doch wesentlich mehr her und Denzel Washington verkörpert überzeugend den zwischen Verantwortungsgefühl und Egoismus hin und her gezogenen Mann, ohne dass ihm diese Rolle nun allzu viel abverlangen würde. Dafür setzt der Mann hinter der Kamera erwartungsgemäß doch zu sehr auf Tempo und Bewegung, so dass die gelungenen Dialoge und Charaktermomente eher wie schmückendes Beiwerk erscheinen.
Dass Tony Scott sein Handwerk beherrscht kann nicht überraschen, allerdings kommen einige der eingestreuten Knalleffekte schon recht gezwungen wenn nicht gar unpassend daher, als auffälligstes Beispiel sei hier ein völlig unglaubwürdiger und unnötiger Autounfall beim Transport des Lösegeldes genannt, der die Spannungsschraube eigentlich noch ein wenig mehr anziehen soll, im Endeffekt aber nur für Kopfschütteln sorgen kann. Ganz anders sieht das dann wieder beim führerlos dahin rasenden Zugteil aus, da beweist der Mann, der uns u.a. "Top Gun" und den "Staatsfeind Nr.1" bescherte, dass ihm bei der Umsetzung solch rasanter Actionsequenzen nach wie vor nur sehr wenige das Wasser reichen können.
Nichts zu spüren ist allerdings von dem lakonischen und trockenen Humor, der noch die Walter Matthau-Version durchzog, und während Joseph Sargent damals in seinem Film fast nebenbei noch einen starken Eindruck vom rauen und rüden New York seiner Zeit vermittelte, wirken die hier gelegentlich eingeschobenen Seitenhiebe auf den modernen Kapitalismus und dessen Finanz- und Mediengebaren mehr wie eine lieblose Pflichterfüllung. Da kann es dann selbst ein James Gandolfini ("Die Sopranos") in seiner Nebenrolle als Bürgermeister nur mit Mühe vermeiden, als allzu große Klischeefigur daherzukommen. Ach ja, und der Film als Ganzes so? Der ist spannend und unterhaltsam, gut gemacht und gut gespielt. Und aus den genannten Gründen am Ende trotzdem nicht mehr als guter Durchschnitt.
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