Whiskey Tango Foxtrot

Originaltitel
Whiskey Tango Foxtrot
Land
Jahr
2016
Laufzeit
112 min
Genre
Release Date
Bewertung
5
5/10
von Frank-Michael Helmke / 21. Mai 2016

Whiskey Tango Foxtrot

Tina Fey ist, abgesehen von Melissa McCarthy, die derzeit wohl erfolgreichste Komödiantin der USA. Wie so viele berühmte amerikanische Komiker wurde sie groß in der legendären Sketch-Comedy-Show „Saturday Night Live“, stieg mit ihrer eigenen Serie „30 Rock“ zum veritablen, gefeierten Fernsehstar auf, gilt gemeinhin als so ziemlich klügste und gewitzteste Frau im Showbusiness und kann sich mittlerweile neue Kinofilm-Projekte auf den Leib schneidern lassen.

Es scheint nun zum typischen Karriereverlauf eines jeden großen Komödianten zu gehören, dass er bzw. sie nach ausgiebigem Erfolg im Herkunftsgenre das Bedürfnis nach Anerkennung auch im Charakterfach packt. Der/die KünstlerIn strebt danach, auch als dramatischer Schauspieler ernst genommen zu werden, und an diesem Karrierepunkt scheint nun auch Tina Fey angekommen zu sein. Ihr neuester Film „Whiskey Tango Foxtrot“ ist jedenfalls eindeutig ein Testlauf im Charakterfach, ein vorsichtiges Eintauchen mit dem großen Zeh ins kalte Wasser des großen Dramas. Ein Film, der über weite Teile immer noch als Komödie durchgeht, aber eben auch genug ernsthafte Töne anschlägt, um andere Facetten seiner Hauptdarstellerin zu zeigen. Dieses halbgare Sowohl-als-auch ist indes auch die große Schwäche des Films.

Whiskey Tango Foxtrot„Whiskey Tango Foxtrot“ ist mal wieder ein Film „basierend auf einer wahren Geschichte“, die Verfilmung des autobiografischen Sachbuchs der Journalistin Kim Barker, die darin über ihre Erlebnisse als Kriegsreporterin in Afghanistan berichtete. Der trockene Humor und Barkers Schilderungen der Absurditäten des Krieges weckten Feys Interesse, die sich früh die Filmrechte sicherte und hiermit ganz offensichtlich ein persönliches Wunschprojekt verwirklichte.

So sehen wir sie hier also als irgendwie unglückliche, über belanglosen Hochglanz-Mist berichtende Großstadt-Journalistin anno 2003, der urplötzlich ein Einsatz als Kriegsreporterin nahegelegt wird, als die USA in den Irak einfallen und es also Vor-Ort-Ersatz für die erste Krisenjournalisten-Garde braucht, die nun aus Afghanistan abgezogen und in den nahen Osten verlegt wird. Auf der diffusen Suche nach einem Abenteuer nimmt Kim den Job an und wird als klassischer „Fish out of water“ in eine fremde und oft bizarre Welt geworfen, in der sie sich erst einmal zurechtfinden muss.

Man kann sich so einem Stoff auf verschiedene Weise nähern. Eben als „Fish out of water“-Komödie, in der die Heldin lernt, sich in ihrer ungewohnten neuen Umgebung zurechtzufinden. Oder als Kriegsgroteske zum Beispiel, die mit realsatirischem Blick und schwarzem Humor die Absurditäten aufs Korn nimmt, die die permanente Ausnahmesituation Krieg für alle Beteiligten so mit sich bringt. Oder als komplexes Psychogramm eines Adrenalin-Junkies, die Art von Person, die sich ohne jede Vorerfahrung in einen Krisenherd stürzt und überhaupt nicht daran denkt, ihn zeitnah wieder zu verlassen. Whiskey Tango FoxtrotOder als tragisches Drama über Journalisten als Finder und Verkünder der Wahrheit, die daran verzweifeln, dass sie aufgerieben werden in einem vergessenen Krieg, von dem Zuhause niemand mehr etwas wissen will. Das Problem ist, dass „Whisky Tango Foxtrot“ das alles gleichzeitig sein will, sich für keinen Weg so richtig entscheiden kann und darum auch keine Linie wirklich überzeugend durchzieht.

Der Film ist ein wildes Potpourri verschiedener Ansätze und überlädt sich selbst mit weiteren zahlreichen Subplots, wie Kims Freundschaft/Konkurrenzsituation zu ihrem Idol Tanya Vanderpoel (Margot Robbie), die sich langsam entwickelnde Beziehung zu dem vermeintlichen Arschloch-Kollegen Iain (Martin Freeman) oder ihr Kontakt zu einem so einflussreichen wie offenbar dauergeilen lokalen Politiker (Alfred Molina). Diese motivische Überfülle mag auch eine Strategie gegen das Grunddilemma des Films sein. Nämlich dass er im Prinzip eine Geschichte ohne klares Ziel erzählt. Die sich über mehrere Jahre erstreckende Handlung ist ihrer Vorlage entsprechend rein anekdotisch, zahlreiche kleine Episoden verbinden sich nur notdürftig zu so etwas wie übergeordneten Entwicklungsbögen.

Whiskey Tango FoxtrotDas führt zwangsläufig dazu, dass es eben auch an einem erkennbaren Spannungsbogen mangelt und der Film bis zu einer etwas konstruiert wirkenden, hochdramatischen Zuspitzung am Ende eher so vor sich hinplätschert, fleißig zwischen seinen Tonalitäten wechselnd und eben nie so richtig Fahrt aufnehmend. Auch nicht als Kriegsgroteske/Komödie, auch wenn er in dieser Beziehung noch seine besten Momente hat.

Tina Fey bleibt dabei den Beweis schuldig, auch im hohen Drama überzeugende Arbeit leisten zu können. Es ist fast ein wenig befremdlich, wie der Film die Momente, in denen es für ihren Charakter wirklich ans Eingemachte geht, erstaunlich schnell weg- und überspielt, so als hätte man fast etwas Angst, hier zu sehr in die Tiefe zu gehen.

So bleibt „Whiskey Tango Foxtrot“ am Ende ein Film, der vieles will, sich aber nichts so richtig traut, eine zahnlose Kriegskomödie ohne echten Biss und ein harmloses Dramödchen, das aus seinem Szenario viel zu wenig rausholt. Vielleicht beim nächsten Mal, Tina. 

Bilder: Copyright

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